kjz-Sprechstunde

«Die Corona-Zeit war Kräfte raubend. Wie komme ich wieder zu Energie?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz, wir sind Eltern von zwei Jungs. Als Voll­zeit­mami habe ich mich während Corona vor allem um die Kids geküm­mert. Es war so streng! Inzwi­schen gehen sie wieder mehr­mals die Woche in die Schule. Nach der Hektik der ersten Wochen merke ich jetzt langsam, dass bei mir die Luft einfach draus­sen ist. Ich habe Angst, dass meine Kinder das merken und darun­ter leiden. Was kann ich tun, um wieder mehr Energie zu haben? Was mache ich, wenn ich wirk­lich nicht mehr mag?
E. F. aus Thalwil

Liebe Frau F.

Die Corona-Pande­mie ist gerade für Eltern eine grosse Heraus­for­de­rung. Den Kindern fehlte es an Abwechs­lung, gere­gel­ten Struk­tu­ren und Bewe­gung, weswe­gen sie wiederum mehr Aufmerk­sam­keit von den Eltern einfor­der­ten. Durch diese Wech­sel­wir­kung kann leicht eine Nega­tiv­spi­rale entste­hen. Aus lauter Anstren­gung und Orga­ni­sa­ti­ons­auf­ga­ben haben Sie es in den ersten Wochen des Lock­downs viel­leicht gar nicht gemerkt. Erst jetzt, wo Sie erst­mals wieder etwas verschnau­fen können, spüren Sie, wieviel Energie das alles gekos­tet hat.

Wichtig ist meines Erach­tens, dass Sie Zeiten von Nähe und Distanz nun wieder klarer defi­nie­ren und kommu­ni­zie­ren. Dies wird möglich, wenn Sie sich in der Kinder­be­treu­ung wieder klarer auftei­len. Beispiels­weise kann der Vater die Kinder für einen klar defi­nier­ten Zeit­raum betreuen, während dem Sie ganz bei sich sein können. In dieser Zeit können Sie viel­leicht einen Wald­spa­zier­gang unter­neh­men, ein Buch lesen, oder gar nichts tun – am besten nicht in Reich- und Hörweite der Kinder, damit Sie ganz bewusst loslas­sen und sich erholen können.

Diese klare Auftei­lung der Zeiten mit und ohne Kinder sollte, wenn immer möglich, regel­mäs­sig statt­fin­den. So gelingt es Ihnen besser, wieder mehr Distanz zu gewin­nen und sich Erho­lung zu verschaf­fen.

Aber auch wenn Sie mit Ihren Söhnen zusam­men sind, schauen Sie zu sich. Unter­neh­men Sie Sachen, die auch Ihnen Spass machen. Sie müssen nicht ständig die Allein­un­ter­hal­te­rin spielen. Spre­chen Sie Ihre Bedürf­nisse aus, wählen Sie gemein­sam Spiele aus oder teilen Sie Alltags­auf­ga­ben auf. Es ist wichtig, dass Ihre Kinder merken, dass Sie nicht immer verfüg­bar sind.

Achten Sie dabei darauf, dass Sie sich selber gegen­über nicht allzu streng sind und zu hohe Erwar­tun­gen an sich stellen. Es ist auch in Ordnung, dass man gerade in dieser Zeit nicht gleich viel Energie hat und etwas dünn­häu­ti­ger ist und gereiz­ter reagiert als sonst.

Sollten Sie sich trotz­dem sehr ausge­laugt und mit der Kinder­be­treu­ung über­for­dert fühlen, zögern Sie nicht, auch fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt verschie­dene frei­wil­lige Helfer in der Coro­na­krise und Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen, die Ihre Kinder auf einen Spiel­platz oder in den Wald beglei­ten könnten. Viel­leicht können Sie Ihre Kinder auch für ein, zwei Tage pro Woche in einen Hort anmel­den. Sollten Sie ausser­or­dent­lich und anhal­tend erschöpft sein, bietet auch der Entlas­tungs­dienst des Schwei­ze­ri­schen Roten Kreuzes Unter­stüt­zung in der Kinder­be­treu­ung.

Und last but not least, schauen Sie nach vorne. Diese Krise ist eine Ausnah­me­si­tua­tion, und Locke­run­gen sind schon im Gange. Dadurch kann sich auch eine punk­tu­ell über­las­tete Fami­li­en­si­tua­tion wieder zuneh­mend entspan­nen und norma­li­sie­ren.

Ich wünsche Ihnen auf Ihrem Weg Alles Gute.

Erica Rusch (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».