kjz-Sprechstunde

«Nach über einem Monat Corona bin ich am Ende meiner Kräfte»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz, nach über einem Monat Corona bin ich körper­lich, aber vor allem auch mental am Ende meiner Kräfte. Eine Rück­kehr zum Alltag ist für mich trotz Präsenz­un­ter­richt nicht in Sicht und ich frage mich: Was kann ich und was können wir als Familie tun, damit wir durch eine Krise kommen, ohne ständig am Anschlag zu sein und uns fast täglich zu strei­ten?
A. R., Mutter aus Zürich

Liebe Frau R.

Es ist verständ­lich, dass Sie nach wochen­lan­gem Ausnah­me­zu­stand müde und ausge­zehrt sind. Die Situa­tion bleibt für Fami­lien eine grosse Heraus­for­de­rung (Lesen Sie dazu Corona kann krank machen auch ohne Infek­tion). Doch wenn Sie zurück­schauen, haben Sie als Familie bestimmt eine grosse Anpas­sungs­leis­tung voll­bracht, auf die Sie stolz sein können. Nun kehrt trotz andau­ern­dem Ausnah­me­zu­stand eine Art Alltag ein und die Aufre­gung vom Anfang hat sich gelegt. Dieser neue Alltag braucht aber sicher weiter­hin viel Kraft, Geduld und Rück­sicht­nahme unter­ein­an­der. Beden­ken Sie, dass Krisen­si­tua­tio­nen nicht nur für Sie, sondern alle Fami­li­en­mit­glie­der belas­tend sind.

Es ist ein guter Zeit­punkt, um als Familie zusam­men­zu­sit­zen, zurück­zu­schauen und eine Corona-Zwischen­bi­lanz zu ziehen. Stellen sie sich als Familie doch einmal diese Fragen: Was ist gut gelau­fen? Welche Verän­de­run­gen haben Sie gut gemeis­tert? Was zehrt an Ihren Kräften? Was könnte man noch verbes­sern? Und vor allem: was können Sie weglas­sen, um Ihre Kräfte zu schonen? Versu­chen Sie so ehrlich mit sich selber und unter­ein­an­der zu sein, wie möglich. Alles darf gesagt werden, ohne dass man darauf sofort reagie­ren muss. Es soll erst einmal nur darum gehen, wie sich jeder fühlt, was ihn oder sie stört, was sich jeder für die kommende Zeit wünscht.

Wenn schon die Entwick­lung der Corona-Krise nicht kontrol­lier­bar ist, dann geben Sie dafür Ihrem Alltag eine gute Struk­tur. Die Antwor­ten auf die Fragen oben können Ihnen helfen, diese Struk­tur zu verbes­sern, damit es allen Fami­li­en­mit­glie­dern so gut wie möglich geht. Bauen Sie in Ihre Wochen­pläne unbe­dingt Zeit für Fami­li­en­ak­ti­vi­tä­ten ein, aber auch Zeiten, wo jeder sich zurück­zie­hen und für sich sein kann. Selbst­für­sorge ist gerade jetzt beson­ders wichtig (Lesen Sie dazu Den Kindern und sich selber Sorge tragen). Bespre­chen Sie das alles mit Ihren Kindern und fragen Sie sie auch nach Vorschlä­gen. Wenn Kinder und Jugend­li­che mitre­den und mitbe­stim­men dürfen, werden sie auch mehr Verant­wor­tung über­neh­men. Sie fühlen sich wert­ge­schätzt und haben selbst Inter­esse daran, dass ihre Ideen Erfolg haben.

Es ist eine Zeit des Akzep­tie­rens und des Auspro­bie­rens. Die Kräfte schwin­den, wenn es uns nur ums Durch­hal­ten geht. Richten Sie sich für den nächs­ten Monat also gut ein. Und seien Sie dabei gross­zü­gig und liebe­voll zu sich selbst und zu Ihrer Familie.

Maria Raquel Joris (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».