Bewegungsraum für Babys

Babys und Kleinkinder brauchen Raum für Entwicklung – eine Herausforderung für Eltern

Sobald Kinder mobil werden, wollen sie die Welt entde­cken. Den nötigen Raum dafür müssen die Eltern ihnen gewäh­ren. Das ist aber nicht immer ganz einfach, schliess­lich lauern überall klei­nere und grös­sere Gefah­ren. Im kjz-Kurs «Bewe­gungs­raum für Babys» können die Kinder auf Entde­ckungs­reise gehen und die Eltern lernen, sich zwischen Über­vor­sicht, nötiger Sicher­heit und gesun­der Aufmerk­sam­keit zu bewegen.

Babys möchten ihre Umwelt entde­cken, sind neugie­rig und haben einen natür­li­chen Bewe­gungs­drang. Eltern sind jedoch um die Sicher­heit ihres Kindes besorgt und sehen viele Gefah­ren. Wie kann Eltern die Heraus­for­de­rung gelin­gen, sowohl die Sicher­heit und Gesund­heit des Babys im Blick haben, aber trotz­dem Frei­räume zu gewäh­ren und Entwick­lungs­raum zu bieten?

Hier setzt das neue Angebot «Bewe­gungs­raum für Babys» an, den die Mütter- und Väter­be­ra­te­rin Beatrice Avduli in der Region Horgen ins Leben gerufen hat. Der Bewe­gungs­raum ist dabei nicht (nur) wort­wört­lich zu verste­hen, wie sie erklärt: «Es geht nicht nur um körper­li­che Bewe­gung für die Babys, sondern darum, dass Kinder in einem geschütz­ten Rahmen Erfah­run­gen sammeln und sich auf Entde­ckungs­reise begeben können. Die Kinder erhal­ten Gele­gen­heit, alle Sinne zu nutzen und durchs Spielen lernen können. Im Austausch mit den anderen Kindern können sie soziale Erfah­run­gen machen.» Entschei­dend dabei sei, dass man die Kinder einfach machen lässt und dass Eltern ihre Kinder üben lassen, ohne sofort helfend einzu­schrei­ten. «Die Kinder können im geschütz­ten Rahmen erfah­ren, dass es Durch­hal­te­ver­mö­gen und Ausdauer braucht, bis man etwas beherrscht. Und die Eltern lernen, Enttäu­schun­gen ihrer Kinder auszu­hal­ten , erfreuen sich am Stolz des Kindes, wenn etwas gelun­gen ist, üben sich in Geduld und verste­hen, dass man Kinder nicht einfach dazu pushen kann, schnel­ler zu lernen.» Die Vorstel­lung, wenn man nur weiss wie, könne man einem Kind schon alles beibrin­gen, sei weit verbrei­tet. «So ist es aber nicht, und das müssen Eltern zu akzep­tie­ren lernen.» Entschei­dend sei aber eben, dass man den Kindern die Möglich­keit, oder anders gesagt, den Raum gibt, um zu üben, zu entde­cken, zu lernen.

Ein weite­rer wich­ti­ger Punkt beim Thema, seinem Kind Raum zu gewäh­ren, ist es dabei inter­es­siert und aufmerk­sam dabei zu sein, erklärt Beatrice Avduli. «Es reicht nicht, dem Kind ganz viele Spiel­sa­chen zu Verfü­gung zu stellen und es «einfach machen zu lassen», während man selbst aber völlig abge­lenkt ist.» Es brauche immer beides: dem Kind Raum zu geben ohne ständig einzu­schrei­ten, dabei aber seine Aufmerk­sam­keit ganz dem Kind zu schen­ken und es zu beglei­ten auf seinen Entde­ckungs­rei­sen. «Auch das können Eltern in dem Kurs erfah­ren und üben.»

Was aber können Eltern unter­neh­men, um ihren Kindern auch zuhause im Alltag möglichst oft einen möglichst guten Bewe­gungs­raum anzu­bie­ten?

Beatrice Avduli betont zunächst, dass man alle offen­sicht­li­chen Gefah­ren­herde besei­ti­gen soll, weil sonst der Stress, sein Kind immer ganz genau im Auge haben zu müssen zu gross sei. Dazu gehört es etwa, Gegen­stände, die so klein sind, dass sie ein Kind ganz in den Mund nehmen könnte, ausser Reich­weite des Kindes zu verstauen. Ebenso sollten alle Flüs­sig­kei­ten für Kinder uner­reich­bar sein. «Alles was gefähr­lich sein kann, gehört in die Höhe oder einge­schlos­sen, so dass das Kind nicht rankommt.»

Sinn­voll sei es auch, Schrank­tü­ren – z. B. in der Küche – mit Kinder­si­che­run­gen zu verschlies­sen, Steck­do­sen zu sichern und wenn es Treppen in der Wohnung gibt, diese mit einem Gitter­tör­chen zu verschlies­sen. Nicht zu verges­sen Zimmer­pflan­zen, die giftig sein könnten oder z. B. mit Kiesel­stei­nen oder Hydro­kul­tu­ren (Tonkü­gel­chen) versetzt sein können. Dazu kann man sich über­le­gen, Tisch­ecken zu pols­tern, sobald die Kinder sich hoch­zie­hen und zu laufen begin­nen. «Es gibt Eltern eine grosse Sicher­heit, wenn sie wissen, alles was ihr Kind in der Wohnung machen kann, darf es auch und es besteht keine unmit­tel­bare Gefahr.»

Was kann man mit seinem Kind machen, wenn man zuhause mit Haus­halts­ar­bei­ten beschäf­tigt ist?

Im Baby- und Klein­kind­al­ter spielen die Kinder am liebs­ten dort, wo sich auch die Eltern aufhal­ten . «Dass das Kind allein im Kinder­zim­mer spielt, ist in dem Alter noch kein Thema», sagt Beatrice Avduli, «es braucht die Nähe der Eltern und ihre Aufmerk­sam­keit.» Es komme aber sehr darauf an, was man als Eltern gerade erle­di­gen müsse, wie man am besten mit dem Kind umgehe. «Je nachdem kann es gefähr­lich sein fürs Kind, zum Beispiel beim Kochen, wenn es einem ständig zwischen den Beinen umher­kriecht. Dann ist es besser, es hinter ein Türab­sperr­git­ter zu setzen und es dort mit etwas zu beschäf­ti­gen.»

Ideal sei es aber natür­lich, wenn man dem Kind, egal wo in der Wohnung man sich gerade aufhalte, einfach etwas zum Entde­cken geben könne, sagt die Bera­te­rin, bzw. es in die Alltags­tä­tig­kei­ten mitein­be­zieht. «Gerade in diesem Alter finden die Kinder alltäg­li­che Gebrauchs­ge­gen­stände oft viel inter­es­san­ter als Spiel­zeug. Da reicht es, wenn man ihnen in der Küche einen Holz­löf­fel und eine Plas­tik­schüs­sel gibt. Oder im Bade­zim­mer einen Schwamm und einen Lappen.»

Weniger ist oft mehr

Damit schla­gen wir den Bogen wieder zurück zum Kurs «Bewe­gungs­raum für Babys», denn darin wird den Kindern nicht in erster Linie irgend­wel­che Spiel­sa­chen vorge­setzt, sondern ganz alltäg­li­che Gegen­stände und Objekte, welche die Kinder dann entde­cken dürfen. «Kinder und Eltern erfah­ren, dass man auch mit einer Karton­schach­tel, einem Korb, einer alten Hand­ta­sche oder ein paar Tüchern ganz viel spielen, auspro­bie­ren und lernen kann.» Es brauche gar nicht viel, im Gegen­teil lieber weniger Sachen aufs Mal, dafür diese öfters austau­schen.

Apropos Austausch: ein Austausch mit andern Eltern tut gut und eine Fach­per­son, die einem Bestä­ti­gung gibt und allen­falls Fragen beant­wor­tet, ist stüt­zend.

Beatrice Avduli

Beatrice Avduli, Mütterberaterin HFD, arbeitet seit 2014 im kjz Adliswil als Mütter- und Väterberaterin. Sie hat nach ihrer Erstausbildung zur Pflegefachfrau einige Jahre im Kinderspital Zürich auf der Neonatologie und im Universitätsspital Zürich auf dem Wochenbett gearbeitet. 18 Jahre lang hat sie in der Mütter- und Väterberatung in der Stadt Zürich gearbeitet, wo sie berufsbegleitend auch die Zusatzausbildung zur Mütter- und Väterberaterin absolviert hat. Nach einem Abstecher in die Familienbegleitung inklusive CAS in sozialpädagogischer Familienbegleitung. Beatrice Avduli lebt mit ihrem Mann in Zürich, ihre zwei Töchter sind erwachsen.