Laufbahnberatung im biz

Bin ich noch fit für den Arbeitsmarkt?

Die Arbeits­welt hat sich in den letzten Jahren stark verän­dert und spätes­tens seit Corona ist jedem bewusst, wie schnell sich die persön­li­che Jobsi­tua­tion, ja sogar die gesamte Wirt­schafts­lage ändern kann. Doch dies sind längst nicht alle Gründe, die dazu auffor­dern, sich mit der eigenen beruf­li­chen Lauf­bahn vertieft ausein­an­der­zu­set­zen.

Bei zahl­rei­chen Erhe­bun­gen zur Ermitt­lung der Arbeits­zu­frie­den­heit in Unter­neh­men kommt regel­mäs­sig zu Tage, dass zwischen 30 bis 80 Prozent der Mitar­bei­ten­den unzu­frie­den sind. Die Folge ist nicht nur, dass die Menschen zumeist schlecht gelaunt zur Arbeit gehen, sondern noch schlim­mer, dass fast 30 Prozent an chro­ni­schem Stress und dessen gravie­ren­den Auswir­kun­gen leiden. Gemäss Schwei­zer Staats­se­kre­ta­riat für Wirt­schaft Seco verur­sacht dies Kosten von nahezu 4 Milli­ar­den Franken pro Jahr. Dies kann sicher nicht nur auf eine falsche Berufs­wahl zurück­ge­führt werden, jedoch ist wissen­schaft­lich belegt, dass Unter- wie Über­for­de­rung und das Gefühl, keine sinn­hafte, erfül­lende Tätig­keit auszu­üben, zentrale Auslö­ser für Stress sind. Es ist daher ratsam, sich ehrlich zu fragen, ob man im rich­ti­gen Beruf oder Unter­neh­men ist bzw. welche Ziele man im Leben verfol­gen möchte.

Gerade den über 50-jähri­gen Arbeit­neh­men­den fällt es oft schwer, sich einzu­ge­ste­hen, dass es in ihrem Job nicht mehr stimmt. Dies ist nicht verwun­der­lich, da diese Gene­ra­tion noch häufig Jahr­zehnte beim selben Unter­neh­men tätig war und sich emotio­nal nur schwer von den bishe­ri­gen Para­dig­men lösen kann. Gerade in dieser Situa­tion hilft es, wenn in der Bera­tung die zumeist wenig beach­te­ten posi­ti­ven Fakten über ältere Stel­len­su­chende auf dem Arbeits­markt darge­legt werden. Die Arbeits­lo­sen­quote der 50- bis 64-Jähri­gen ist zum Beispiel nicht höher als die Gesamt­quote und der demo­gra­fi­sche Wandel spricht eindeu­tig für diese Alters­klasse. Sich der Heraus­for­de­rung zu stellen, eine umfas­sende Stand­ort­be­stim­mung vorzu­neh­men, um sich auf dem Arbeits­markt neu zu posi­tio­nie­ren, ist aller­dings ein inten­si­ver Prozess und geht weit darüber hinaus als nur gerade einen moder­nen Lebens­lauf zu erstel­len.

Einige Klien­tin­nen und Klien­ten erwar­ten von der Lauf­bahn­be­ra­tung detail­lier­tes Exper­ten­wis­sen ihrer Branche und nach einem kurzen Austausch Ratschläge zu einem passen­den Beruf. Gemäss dem heuti­gen Verständ­nis von Lauf­bahn­be­ra­tung geht es aller­dings mehr darum, die Ratsu­chen­den dabei zu unter­stüt­zen, ihre beruf­li­che Iden­ti­tät konkre­ter zu defi­nie­ren und die zentra­len Fragen in diesem Prozess zu stellen. Sie erhal­ten Klar­heit über die eigene Biogra­fie und die aktu­elle Situa­tion, wodurch eine innere Orien­tie­rung entsteht. So müssen nicht mehr zufäl­lige Oppor­tu­ni­tä­ten verfolgt werden, sondern bewusste Entschei­dun­gen werden möglich für eine Tätig­keit, die den eigenen Fähig­kei­ten, Inter­es­sen und Wert­vor­stel­lun­gen entspre­chen.

Es sind die vier zentra­len Aspekte Inter­es­sen, Persön­lich­keit, Kompe­ten­zen sowie Arbeits- und Bildungs­markt, die bei einer Lauf­bahn­be­ra­tung beleuch­tet werden. Mittels psycho­lo­gi­scher Gesprächs­füh­rung, diagnos­ti­schen Test­ver­fah­ren sowie weite­ren Arbeits­mit­teln werden die verschie­de­nen Inter­es­sens­be­rei­che und Neigun­gen struk­tu­riert aufge­zeigt. Ob sich eine Person in ihrer beruf­li­chen Funk­tion und/oder an ihrem Arbeits­platz wohl fühlt, hängt unter anderem auch von ihren Persön­lich­keits­aspek­ten ab. So sind zum Beispiel Leis­tungs­mo­ti­va­tion, Hand­lungs­ori­en­tie­rung, Aufmerk­sam­keits­fo­kus, Entschei­dungs­ver­hal­ten, soziale Orien­tie­rung, Stress­ver­hal­ten und Flexi­bi­li­tät bei jedem Menschen unter­schied­lich ausge­prägt. Intro­ver­tierte Menschen suchen unter Umstän­den andere Arbeits­fel­der als extro­ver­tierte und durch­set­zungs­starke Persön­lich­kei­ten finden ihre beruf­li­che Zufrie­den­heit an Orten, wo sich auf Harmo­nie bedachte Arbeit­neh­mende viel­leicht weniger wohl fühlen.

Ein wich­ti­ger Faktor beim Finden einer erfül­len­den Tätig­keit liegt darin, sich seiner Kompe­ten­zen bewusst zu sein, um diese am rich­ti­gen Ort einbrin­gen und weiter entwi­ckeln zu können. Wenn im Beruf die eigenen Fähig­kei­ten umge­setzt werden können, schlägt sich dies in einer grös­se­ren Zufrie­den­heit, Moti­va­tion und besse­ren Erfolgs­aus­sich­ten nieder.

Im Wissen um die eigenen Inter­es­sen, Kompe­ten­zen und Persön­lich­keits­merk­male können die Ange­bote und Anfor­de­run­gen des Arbeits- und Bildungs­mark­tes auf ihre Reali­sier­bar­keit über­prüft werden. Das fundierte Wissen der Lauf­bahn­be­ra­tung hilft dabei, geeig­nete Infor­ma­tio­nen in der Info­thek des biz, wie auch online zu finden.

Wer im Dialog mit einer empa­thi­schen Bera­tungs­per­son reflek­tiert hat, wer er ist, was er kann und wohin er möchte, dem wird es mit hoher Wahr­schein­lich­keit gelin­gen, eine erfül­lende beruf­li­che Tätig­keit zu finden und damit mass­geb­lich zur Zufrie­den­heit im Leben beitra­gen.

Dieser Text wurde zuerst in der Bildungs­bei­lage des Zürcher Ober­län­ders und des Anzei­gers von Uster vom 1. Septem­ber 2021 publi­ziert.

Cornelia Dellmann, Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin

Corne­lia Dell­mann

Cornelia Dellmann ist Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin im biz Uster.