kjz-Sprechstunde

«Darf ich meiner 17-jährigen Tochter den Freund verbieten?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Darf ich meiner 17-jähri­gen Tochter den Freund verbie­ten?

Liebe Mutter / Lieber Vater

Sie möchten wissen, ob Sie Ihrer 17-jähri­gen und damit minder­jäh­ri­gen Tochter den Kontakt mit Ihrem Freund verbie­ten dürfen. Die kurze und knappe Antwort: Ja, das dürfen Sie.

Die span­nen­de­ren und – wie mir scheint – wich­ti­ge­ren Fragen sind jedoch, ob es denn auch sinn­voll wäre, Ihrer Tochter den Freund zu verbie­ten, und ob und wie sich ein solches Verbot durch­set­zen liesse. Denn höchst­wahr­schein­lich würde dieses Verbot bei Ihrer Tochter nicht auf Begeis­te­rung und bedin­gungs­lo­sen Gehor­sam stossen.

In gewis­sen Situa­tio­nen ist ein Kontakt­ver­bot durch­aus sinn­voll und notwen­dig. Nämlich dann, wenn vom Freund eine unmit­tel­bare Gefahr für Ihre Tochter ausgeht – zum Beispiel, wenn er sie ins Ausland verschlep­pen will oder beim nächs­ten Treffen eine ille­gale Tat plant. Dann wäre es sogar in Ihrer elter­li­chen Pflicht, das Ihnen Mögli­che zu tun, um diese Gefahr abzu­wen­den.

Weitaus häufi­ger sind jedoch weniger drama­ti­sche Situa­tio­nen, in denen Eltern den Eindruck haben, dass ein Freund oder eine Freun­din ihrem Kind durch schlech­ten Einfluss schadet. Dazu kommt uns aller­hand in den Sinn: Rauchen, Alko­hol­kon­sum, Schule schwän­zen, schlechte Behand­lung des eigenen Kindes, nicht kompa­ti­ble Wert­vor­stel­lun­gen, klei­nere Verstösse gegen das Gesetz und vieles mehr.

Solche Einflüsse sind durch­aus proble­ma­tisch und uner­wünscht. Dennoch ist ein Verbot mögli­cher­weise nicht der beste Weg. Über­le­gen Sie sich, welche lang­fris­ti­gen Ziele Sie bei der Erzie­hung Ihrer Tochter verfol­gen. Spätes­tens in 365 Tagen werden Sie Ihrer Tochter den Kontakt zum Freund nicht mehr verbie­ten dürfen. Dann nämlich wird sie aufgrund ihrer Voll­jäh­rig­keit selber über sich bestim­men können. Sie werden darauf «ange­wie­sen» sein, dass Ihre Tochter selbst möglichst gute Entscheide trifft und Ihr elter­li­cher Einfluss noch gross genug ist, dass Ihre Tochter sich weiter­hin an Ihnen orien­tiert. Dann ist es von Vorteil, wenn Ihre Tochter den Freund nicht hinter Ihrem Rücken trifft und Ihnen nichts mehr von ihren – mögli­cher­weise gefähr­li­chen – Verhal­tens­wei­sen und Kontak­ten berich­tet.

Für diese weniger akuten Gefah­ren ist das vertrau­ens­volle Gespräch mit Ihrer Tochter und die Darle­gung Ihrer Sorgen in Kombi­na­tion mit allfäl­li­gen Grenz­zie­hun­gen im Alltag womög­lich die bessere Lösung als ein Verbot.

Annina Schmid (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

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Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».