Tipps von Lehrerinnen

Erster Schultag – was hilft gegen die Aufregung?

Der erste Schul­tag ist oft mit viel Aufre­gung verbun­den. Während es die einen Kinder kaum mehr aushal­ten, weckt es bei den anderen gemischte Gefühle. Wie läuft der Tag genau ab? Was tun gegen die Aufre­gung? Und wie können Eltern Kinder beim Schul­start unter­stüt­zen? Tipps von zwei Unter­stu­fen­leh­re­rin­nen

In Kürze

  • Wichtig ist: Aufre­gung gehört dazu - und geht auch wieder vorbei.
  • Dinge wie den Schul­weg im Voraus ablau­fen, bereits einmal auf dem Pausen­platz spielen oder mit anderen Kindern der zukünf­ti­gen Klasse abma­chen, beru­hi­gen.
  • Der Schul­be­ginn ist anstren­gend. Schlaf, Erho­lung und Wert­schät­zung sind wichtig. 

Janina Kraft und Selma Surbeck, als Unter­stu­fen­leh­re­rin­nen kennen Sie die Aufre­gung vor dem ersten Schul­tag wohl gut. Was empfeh­len Sie im Umgang damit?
Beide: Wir sind auch aufge­regt! (lachend)

Selma Surbeck: Und das ist auch ganz in Ordnung so. Es ist die Aufre­gung vor Unbe­kann­tem, man schläft nicht gut, ist krib­be­lig, hat keinen Hunger. So geht es fast allen. Aber das Gute ist: Für kurze Zeit hält man es viel­leicht kaum aus, aber der Moment geht vorbei.

Janina Kraft: Bei ganz grosser Aufre­gung hilft viel­leicht ein Plüsch­tier, das Kraft gibt. Das schaut dann vom Schul­thek aus zu, so ist man nicht alleine. Oder die Lieb­lings­hose, eine schöne Frisur, ein Glücks­brin­ger. Beru­hi­gend sind auch Dinge wie den Schul­weg im Voraus ablau­fen, in den Sommer­fe­rien bereits einmal auf dem Pausen­platz spielen oder mit anderen Kindern der zukünf­ti­gen Klasse abma­chen.

Wie empfeh­len Sie Eltern, sich am ersten Schul­tag zu verhal­ten?
JK: Bei uns ist es so, dass die Eltern am ersten Tag während der ersten Lektion dabei sind. Danach gehen sie nach Hause. Wenn die Kinder weinen, rate ich den Eltern meist, trotz­dem zu gehen. Denn es wird nicht besser durch das Bleiben. Es sind die Aufre­gung und die Ablö­sung zu Beginn, meist lassen sie sich aber schon bald darauf ablen­ken, mit einem Lied oder einem Tanz, und alles Trau­rige ist plötz­lich verges­sen. Wenn es gar nicht geht, würden wir uns melden.

SS: Bei uns dauert der erste Schul­tag einen ganzen Morgen lang. Wir studie­ren einen Tanz ein und am Ende erhal­ten die Kinder ein Glücks­kä­ferli, mit dem sie sich von den Eltern verab­schie­den dürfen. Danach tanzen wir den Tanz ein weite­res Mal ohne Eltern, wodurch die Kinder meist sofort abge­lenkt sind. Ist es für ein Kind dennoch schwie­rig, dürfen die Eltern noch etwas länger bleiben. Aber spätes­tens in der grossen Pause müssen sie gehen. Sollte das für die Eltern schwie­rig sein, finde ich wichtig, dass sie sich möglichst nichts anmer­ken lassen. Das löst nur Verun­si­che­rung bei den Kindern aus, was ihnen den Start unnötig erschwert.

JK: Es gibt auch Kinder, die zu Beginn an jedem Tag weinen. Doch auch wenn es länger dauert, raten wir, die Kinder nicht bis zur Schul­türe zu beglei­ten. Wir haben die Erfah­rung gemacht, dass es oft mehr hilft, wenn sie zum Beispiel während der ersten Hälfte des Schul­we­ges beglei­tet werden, danach aber alleine oder mit einem Freund weiter­zie­hen. Die Distanz kann so Schritt für Schritt vergrös­sert werden, bis sie den Weg ganz alleine schaf­fen. 

Welche Unter­stüt­zung ist weiter hilf­reich rund um den ersten Schul­tag?
SS: Am wich­tigs­ten finde ich: Genü­gend Schlaf! 

JK: (lacht) Das hätte ich auch als Erstes gesagt, unbe­dingt. Der Schul­be­ginn ist anstren­gend! Zu Beginn ist aller­dings der Moment vor dem Einschla­fen manch­mal der erste ruhige Moment am Tag. Manche Kinder möchten dann noch loswer­den, was sie tags­über bedrückt hat. Das ist aber nicht beson­ders förder­lich für guten Schlaf. Es kann sich lohnen, wenn Eltern zu einem frühe­ren Zeit­punkt danach fragen, viel­leicht beim Zvieri, und vor dem Einschla­fen eher ein gemein­sa­mes Schlaf­ri­tual pflegen oder über die guten Dingen vom Tag reden.

SS: Auch finde ich wichtig, dass Eltern ihre Kinder bei ihrer Konzen­tra­ti­ons­fä­hig­keit unter­stüt­zen. Beispiels­weise mit einem gemäs­sig­ten Medi­en­kon­sum oder einem gesun­den Znüni. Und dass sie Inter­esse zeigen. Etwa indem sie gemein­sam über die Erleb­nisse und Aufga­ben des Kindes reden. Durch den Vergleich in der Schule erfah­ren einige ausser­dem zum ersten Mal, dass andere Kinder gewisse Dinge schnel­ler oder besser lernen. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass Eltern in dieser Zeit beson­ders viel Wert­schät­zung gegen­über allen Anstren­gun­gen des Kindes zeigen – auch wenn noch nicht alles gelingt!

JK: Viel­leicht können Eltern am Anfang ausser­dem das Frei­zeit­ver­hal­ten etwas herun­ter­fah­ren, also beispiels­weise am Wochen­ende nicht auch noch in den Tier­park oder an grosse Fami­li­en­feste gehen, sondern alles etwas ruhiger angehen und Raum zum Erholen, Spielen und Träumen lassen. Selbst wenn in der ersten Klasse nicht alles von Grund auf neu ist – vergli­chen mit dem Kinder­gar­ten haben Kinder weniger Zeit für sich selbst und das freie Spiel, sie müssen mehr sitzen. Viele Kinder brau­chen deshalb eher mehr Ruhe oder Bewe­gung draus­sen.

Janina Kraft, Lehrerin

Janina Kraft

Janina Kraft arbeitet seit 2013 als Lehrperson auf der Unterstufe. Sie hat die Pädagogische Hochschule Zürich absolviert und einen Master in Erziehungswissenschaften und Sonderpädagogik abgeschlossen. Während ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit hat sie Einblick in verschiedene Schulsysteme erhalten, in Tansania, Bosnien-Herzegowina oder Grossbritannien. Neben dem Unterrichten ist sie als Projektmitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Erziehungswissenschaft tätig.

Selma Surbeck, Lehrperson Unterstufe

Selma Surbeck

Selma Surbeck arbeitet seit 2009 als Lehrperson auf der Unterstufe. Sie hat die Pädagogische Hochschule Zug sowie einen Master in Erziehungswissenschaften abgeschlossen und war in Frankreich und Norwegen in der Vorschule tätig. Neben dem Unterricht in der Unterstufe arbeitet sie in der Ausbildung für angehende Lehrpersonen. Auch für die erfahrene Lehrerin sind erste Schultage nach wie vor etwas ganz Besonderes.