16 Tage gegen Gewalt an Frauen*

Gewalt an Müttern ist Gewalt an ihren Kindern

13 Mal pro Tag rückt die Polizei im Kanton Zürich wegen häuslicher Gewalt aus. Die Opfer sind in der Mehrheit Frauen. Die brutale Realität ist auch in der Schweiz: Gewalt an Frauen ist alltäglich. Aktuell findet darum zum 13. Mal die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*» statt. Im Zentrum steht das Thema «Mutterschaft und Gewalt» und die unterschiedlichen Formen der Gewalt, der Mütter – und damit oft auch die Kinder – ausgesetzt sind.

Das Zuhause sollte eigentlich ein Ort des Friedens sein, doch für knapp 7000 Frauen in der Schweiz ist das nicht so. Im Kanton Zürich rückt die Polizei 13 Mal am Tag wegen Häuslicher Gewalt aus. Diese Zahl ist erschreckend. Ebenso wie die Tatsache, dass alle vier Wochen eine Frau von ihrem Partner getötet wird. Zur Häuslichen Gewalt gehören aber nicht nur physische sondern auch psychische, sexuelle und ökonomische Gewaltformen. «Es besteht ein Abhängigkeitsverhältnis», betont Christine Hausammann, die im Kinder- und Jugendhilfezentrum Bülach (kjz) als Sozialarbeiterin tätig ist und früher im Frauenhaus arbeitete. «Viele Frauen brauchen Jahre und mehrere Anläufe, um sich von einem gewalttätigen Partner zu lösen. Manche haben auch Angst vor den Konsequenzen oder ein schlechtes Netzwerk und trennen sich deshalb nicht.»

Kinder mitbetroffen

Sind die betroffenen Frauen Mütter, gehören auch die Kinder zu den Opfern. Dabei fällt Hausammann auf, dass die Auswirkungen auf Kinder oft bagatellisiert werden. «Ich höre oft, das Kind bekomme ‹es› gar nicht mit, weil es schlafe oder in einem anderen Zimmer sei.» Ihr erster Schritt ist dann, die Mütter zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen, dass es für ein Kind immer schädlich ist, in einem Umfeld von Angst und Gewalt aufzuwachsen. «Ich erkläre ihnen auch, dass Gewalt nichts mit Liebe zu tun hat und vermittle ihnen Adressen, wie das Frauen-Nottelefon in Winterthur, wo sie Hilfe erhalten.» In ihrer Arbeit als Sozialarbeiterin im kjz sucht sie in erster Linie Lösungen für die betroffenen Kinder. Sie betont aber: «Die Männer als Täter dürfen nicht vergessen werden, denn auch die Präventionsarbeit ist wichtig.»

Eine breite Palette an Gewaltformen

Hier setzt die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen*» mit ihrem Schwerpunkt «Mutterschaft und Gewalt» an. Um öffentlich auf die Missstände aufmerksam zu machen, werden noch bis am 10. Dezember unter anderem Flashmobs durchgeführt, Kunstausstellungen organisiert und verschiedene Gebäude orange beleuchtet, wie das Bundeshaus oder die St. Peter Kirche in Zürich. «‹Mutterschaft und Gewalt› wird tabuisiert», erklärt die Kampagnenleiterin Anna-Béatrice Schmaltz das diesjährige Kampagnenthema. «Die Gewaltformen sind sehr breit, von der häuslichen bis zur strukturellen Gewalt.» So werden auch auf Diskriminierungen, wie die Lohnungleichheit, die Hürden bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die stereotypen Vorstellungen von Mutterschaft aufmerksam gemacht.

Muttersein ist vielfältig

«Es bestehen widersprüchliche Erwartungen an Mütter», erklärt Schmaltz. «Wenn sie für ihre Kinder zuhause bleiben, werden sie als nicht emanzipiert angesehen, arbeiten sie viel, als ‹karrieregeil›.» Dass Mütter diesen Druck spüren, bemerkt auch Nadine Lamparter, die als Mütter- und Väterberaterin im kjz Dübendorf arbeitet. «Muttersein hat eine ganz andere Bedeutung als noch vor einigen Jahrzehnten. Der Wunsch, alles richtig zu machen, setzt Mütter unter Druck.» Sie betont deshalb, dass man nachsichtig und liebevoll mit sich selbst umgeht. «Niemand sagt einem, was passiert, wenn man plötzlich Mutter wird. Es braucht Zeit, um sich selber als Mutter kennenzulernen.» Frauen müssen sich diese Zeit frei von häuslicher oder struktureller Gewalt nehmen können. Statt Angst vor Gewalt von Partner, Gesellschaft oder Arbeitgeber, brauchen sie deren Unterstützung. Zu ihrem Wohl und dem der Kinder.