kjz-Sprechstunde

«Ich sorge mich um die Psyche unseres Babys (6 Wo.), weil es von seinem Bruder (2½) gehauen wird»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unser Sohn (2½) haut sein Geschwis­ter­chen (6 W). Er möchte dem Baby nahe sein und senkt seinen Kopf, im nächs­ten Moment aber klatscht er dem Baby ins Gesicht. Wir haben alle guten Ratschläge während der Schwan­ger­schaft befolgt und gehofft, dass alles gut wird.
Die Umstände, warum Erst­ge­bo­rene so handeln, sind uns bekannt. Aber wie erlebt das Baby das Verhal­ten seines Bruders? Wie können wir die Situa­tion so hand­ha­ben, dass wir mehr beschüt­zen und doch die Kontakte der Kinder nicht verbieten?
Ich habe grosse Angst um die Psyche des Babys. Um die kleine Seele des Bruders kümmern wir uns so gut wir können. Vieler­orts liest man um die inneren Nöte der Älteren. Was ist denn aus psycho­lo­gi­scher Sicht mit den Nöten des Babys?

Liebe Familie

Herz­li­che Gratu­la­tion zum zweiten Kind! Die Geburt eines Kindes ist immer eine inten­sive und sehr emotio­nale Zeit – für alle Fami­li­en­mit­glie­der.

Sie schrei­ben, dass Sie sich inten­siv mit der Vorbe­rei­tung Ihres älteren Kindes auf sein Geschwis­ter­chen befasst haben und sehr viel machen bzw. gemacht haben, um den Kindern einen guten Start mitein­an­der zu ermög­li­chen. Nun haut der grosse Bruder (trotz­dem!) und Sie haben verständ­li­cher­weise den Eindruck, es sei «nicht gut gekom­men».

Die Geschwis­ter­be­zie­hung ist aber erst in ihren zarten Anfän­gen. Sie entwi­ckelt sich mit Ihrer liebe­vol­len und umsich­ti­gen Beglei­tung.

Bei allen Vorkeh­run­gen, weder Geschwis­ter­kin­der noch die Eltern sind auf die ganze Palette an Emotio­nen und Situa­tio­nen vorbe­rei­tet, die die Ankunft eines Geschwis­ter­chens – über­haupt das Leben mit Kindern – mit sich bringen. Die plötz­lich auftre­ten­den und damit unbe­re­chen­ba­ren Impulse Ihres Erst­ge­bo­re­nen machen die Situa­tion zusätz­lich anspruchs­voll für Sie.

Ich vermute, hinter der Frage nach der Psyche des Babys steckt die Angst, das Baby könnte bereits psychi­schen Schaden davon­ge­tra­gen haben. Mir sind keine Studien hierzu bekannt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass Kinder insge­samt recht robust sind, sofern sie auch viele posi­tive Bezie­hungs­er­fah­run­gen machen dürfen.

Für das Baby ist es wichtig, die unan­ge­neh­men und auch schmerz­haf­ten Begeg­nun­gen durch Sie als Eltern gespie­gelt zu bekom­men. So kann das Baby diese in seine Gefühls­welt inte­grie­ren. Das können Sie, indem Sie die unan­ge­neh­men Empfin­dun­gen für das Baby ausspre­chen, zum Beispiel: «Ouh, das hat weh getan. Jetzt musst du fest weinen. Ich bin aber da und tröste dich.»

Neuro­phy­sio­lo­gisch gesehen bildet das Spie­geln die Grund­lage für die spätere Empa­thie­fä­hig­keit des Menschen.

Beglei­ten Sie wie bisher und weiter­hin den sehr nahen Kontakt unter den Geschwis­tern eng und schrän­ken Sie ihn auch ein, um das Baby zu schüt­zen. Für die Geschwis­ter bleiben noch viele Jahre, um eine schöne Bezie­hung zuein­an­der aufzu­bauen.

Für eine weitere Unter­stüt­zung stehen Ihnen die Ange­bote der Mütter- und Väter­be­ra­tung oder der Erzie­hungs­be­ra­tung im kjz in Ihrer Nähe offen.

Annina Schmid (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».