Das sagt die biz-Expertin

Jugendliche beim Bewerben unterstützen, die gerade so gar nicht unterstützt werden wollen

Die Berufs­wahl steht an, ein span­nen­der Prozess! Würden das Sohn oder Tochter nur ähnlich sehen … Bewer­ben hat da gerade so gar keine Prio­ri­tät und die gut gemeinte Unter­stüt­zung führt eher zu Wider­stand oder gar Streit als zu einer ferti­gen Bewer­bung. Was tun? Tipps von der biz-Exper­tin.

Die eigene Zukunft zu gestal­ten und viele eigen­stän­dige Entschei­dun­gen zu treffen, ist span­nend. Jugend­li­che müssen dabei aller­dings Anfor­de­run­gen meis­tern, die selbst Erwach­sene viel­fach über­for­dern: sich inten­siv mit sich selbst ausein­an­der­set­zen, in Unmen­gen an Infor­ma­tion zurecht­fin­den, Schnup­per­si­tua­tio­nen und Assess­ments bewäl­ti­gen, Eigen­mar­ke­ting betrei­ben, Kritik und Absagen einste­cken usw. Da kann der Druck gross sein. Manch­mal platzen auch Träume. Zudem wird das ganze Thema heute mit der frühe­ren Einschu­lung auch ein Jahr früher aktuell – und fällt dabei noch mitten in die Puber­tät.

Brigitte Rodel ist Psycho­lo­gin und leitet die Berufs- und Lauf­bahn­be­ra­tung im biz Oerli­kon. Sie sagt: Auch für Eltern ist die Beglei­tung auf diesem Weg nicht einfach. Es ist eine Grat­wan­de­rung zwischen «laufen lassen» und «sich einmi­schen», ermu­ti­gen, nach­fra­gen und im Gespräch bleiben.

Lesen Sie ihre Tipps für fünf mögli­che Heraus­for­de­run­gen zwischen Eltern und Jugend­li­chen – vom Drücke­ber­ger, zur Unter­stüt­zungs­ver­wei­ge­rin bis hin zur Träu­me­rin.

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Der Sohn drückt sich vor der Ausein­an­der­set­zung und verbringt lieber Zeit im Fuss­ball­trai­ning oder mit der neuen Freun­din. Würden Sie den Prozess als Eltern nicht voran­trei­ben, liefe gar nichts.

Sicht des Jugend­li­chen: Die Gründe für Vermei­dungs­ver­hal­ten können verschie­den sein. Umso mehr, wenn so vieles gleich­zei­tig zusam­men­kommt: Viel­leicht fühlt sich Ihr Sohn über­for­dert von den Abläu­fen? Quälen ihn Versa­gens­ängste und er wendet sich lieber dem zu, was er kann? Ist er unsi­cher, ob er schon bereit ist für diesen Entscheid? Oder ist er schlicht bis über beide Ohren verliebt und – wie wir Erwach­se­nen das auch wären – gerade stark beschäf­tigt mit diesen Gefüh­len?

Tipp für Eltern: Haben Sie Nach­sicht. Versu­chen Sie, die Gründe heraus­zu­fin­den. Ständig zu «stüpfen» ist für Teen­ager schwie­rig, da ist das rich­tige Mass wichtig. Braucht es «nur» etwas Antrieb, helfen manch­mal gemein­same Termine zu festen Zeiten mehr als ein stetes «Mach, mach, mach»: Wann nehmen wir uns einmal zusam­men Zeit? Zum Beispiel zweimal pro Woche ein bis zwei Stunden. Halten Sie Abma­chun­gen schrift­lich fest. Fragen Sie auch in der Schule nach, welche Unter­stüt­zung genau geboten wird. 

Wenn Sie vermu­ten, dass Ängste im Spiel sind, spre­chen Sie diese an und zeigen Sie Verständ­nis. Allge­mein kann es rund um die Berufs­wahl helfen, auftau­chende Fragen mit einer exter­nen Person anzu­schauen. Sei es mit jemand Nahe­ste­hen­dem aus dem Umfeld oder in einer Berufs­be­ra­tung. Das kann auch Sie als Eltern entlas­ten.

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Die Tochter will sich partout nicht helfen lassen. Bewer­bungs­schrei­ben sind aber nicht ihre Stärke – Sie fürch­ten um den Erfolg.

Sicht der Jugend­li­chen: Die Berufs­wahl ist etwas sehr Persön­li­ches. Ihre Tochter scheint das verstan­den zu haben und sich in Selbst­stän­dig­keit üben zu wollen – das ist toll!

Tipp für Eltern: Grund­sätz­lich ist es gross­ar­tig, dass Ihre Tochter aktiv ist. Auch dass sie Eigen­ver­ant­wor­tung über­nimmt. Lassen Sie sie diese Wert­schät­zung spüren.

Zu den Bewer­bun­gen: Diese sollten auf keinen Fall von Erwach­se­nen geschrie­ben werden. Sie müssen korrekt sein, aber nicht perfekt. Authen­ti­zi­tät ist entschei­den­der. Und das gelingt nur, wenn der Text aus der jugend­li­chen Feder stammt. Sind die Voraus­set­zun­gen für den Beruf erfüllt, ist wichtig, den Berufs­wunsch gut zu begrün­den, auch mit Beispie­len. Viel­leicht können Sie sich darauf einigen, dass Ihre Tochter dies­be­züg­lich Rück­mel­dung zulässt? Hierzu gibt es Anlei­tun­gen im Inter­net, zum Beispiel von berufsberatung.ch. Ansons­ten lässt sie viel­leicht eine Zweit­mei­nung von einem älteren Geschwis­ter, der Berufs­be­ra­te­rin, der Cousine, dem Götti oder einer anderen Vertrau­ens­per­son zu?

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Gutge­meinte Unter­stüt­zung führt eher zu Wider­stand oder gar Streit als zu einer ferti­gen Bewer­bung.

Sicht des Jugend­li­chen: Der Wider­spruch zwischen den Anfor­de­run­gen ist gross: Die Jugend­li­chen sollen und wollen selbst­stän­dig werden, können aber für anspruchs­vollste Aufga­ben kaum auf Erfah­rung zurück­grei­fen. Der Entscheid für eine Ausbil­dung hat ausser­dem nach­hal­tige Auswir­kun­gen für die nächs­ten Lebens­jahre. Das kann einschüch­tern. Emotio­nen sind vorpro­gram­miert, auch Streit.

Tipp für Eltern: Eltern haben die Verant­wor­tung für die Erst­aus­bil­dung – auch das kann ein Druck sein. Beru­hi­gend mag sein: Streit ist nicht nur negativ. Es ist auch eine Ausein­an­der­set­zung – mit dem Thema, aber auch mit sich selbst. Und genau das erfor­dert die Berufs­wahl. Streit auszu­hal­ten gehört daher dazu. Manch­mal braucht es auch etwas Grund­ver­trauen. Fixe zeit­li­che Abma­chun­gen können auch hier helfen. Gibt es aller­dings nur noch Streit, holen Sie sich Unter­stüt­zung. Beispiels­weise in einem biz oder einem Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­trum kjz in Ihrer Region. In der Berufs­be­ra­tung beraten wir gerne auch Sie als Eltern.

Fragen zum Bewer­bungs­pro­zess?

Im Kanton Zürich gibt es zahl­rei­che Ange­bote und Veran­stal­tun­gen: 

Unser Angebot ist sowohl für die Jugend­li­chen als auch für ihre Eltern kosten­los.

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Die Berufs­vor­stel­lun­gen wirken unrea­lis­tisch: Influen­cer, Schau­spie­le­rin, Boots­bauer – doch die Lehr­stel­len sind rar oder die Chancen klein.

Sicht des Jugend­li­chen: Teen­ager sind mitten in der Iden­ti­täts­fin­dung. Da ist es wichtig, dass sie ihre Ideen zumin­dest gedank­lich auspro­bie­ren können. Diese sind oft geprägt von ihrem Umfeld und dem aktu­el­len Zeit­geist: Was sie kennen, finden sie attrak­tiv. Das ist nach­voll­zieh­bar. Eine Zeit­lang wollten z. B. alle Koch oder Köchin werden, wegen der Koch­sen­dun­gen im Fern­se­hen.

Tipp für Eltern: Es ist toll, wenn Jugend­li­che Ideen haben! Elter­li­che Beden­ken sind aber verständ­lich, wenn sie alles auf eine Karte setzen. Versu­chen Sie offen zu sein. Fragen Sie nach und suchen Sie das Gespräch: Was faszi­niert dich an dieser Idee? Vermei­den Sie ein «Das ist nicht möglich». Wir wissen nie, wie sich die Jugend­li­chen später entwi­ckeln. Und selbst wenn eine Idee im Moment unrea­lis­tisch ist, heisst das nicht, dass sie mit ein bis zwei Zusatz­schrit­ten nicht doch machbar wäre. Viel­leicht finden Sie so Lösun­gen, die auf eine andere Weise abde­cken, was das Kind inter­es­siert und faszi­niert. Schliess­lich kennen Jugend­li­che viele der über 200 Berufe gar nicht. In einer Berufs­be­ra­tung helfen wir gerne, nach alter­na­ti­ven Wegen und Möglich­kei­ten zu suchen.

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Der biz-News­let­ter enthält aktu­elle Infor­ma­tio­nen zu Themen der Berufs­wahl und ist spezi­ell für Perso­nen, die Jugend­li­che auf dem Weg ins Berufs­le­ben beglei­ten.

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Die Berufs­ziele weichen stark von Ihren elter­li­chen Vorstel­lun­gen ab. Sohn: Forst­wart EFZ, Eltern: Kauf­mann EFZ.

Sicht des Jugend­li­chen: Für die Berufs­wahl setzen sich Jugend­li­che stark mit sich selbst ausein­an­der. Finden sie, was zu ihnen passt, ist klar, dass der Wunsch anschlies­send stark ist. Unter­stüt­zen die Eltern diesen Weg nicht, kann ein Kind enorm unter Druck kommen.

Tipp für Eltern: Eltern möchten immer das Beste für ihr Kind. Bei der Berufs­wahl gilt aber: Es ist das Kind, das den Beruf erlernt. Das Beste ist daher, das Kind lernen zu lassen, was es wirk­lich möchte. Es sollte den Beruf beim Schnup­pern aber unbe­dingt erlebt haben und seinen Wunsch begrün­den können. Unter­stüt­zen Sie es daher bei der Berufs­er­kun­dung. Als Kompro­miss können Sie sich ja viel­leicht gemein­sam über mögli­che Wege infor­mie­ren, die nach der gewähl­ten Grund­aus­bil­dung offen­ste­hen. Unser Bildungs­sys­tem ist sehr durch­läs­sig und zu jedem Beruf gibt es diverse Weiter­bil­dungs­mög­lich­kei­ten. Infor­ma­ti­ons­quel­len dafür sind etwa die biz oder berufsberatung.ch.

Brigitte Rodel leitet die Abteilung Berufs- und Laufbahnberatung im biz Oerlikon.

Brigitte Rodel

Brigitte Rodel hat Psychologie studiert und ein MAS als Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin absolviert. Sie arbeitet seit 2007 als Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin und leitet seit 2020 die Abteilung Berufs- und Laufbahnberatung im biz Oerlikon.