Drama vor dem Bildschirm

Ihr Kind tobt und beisst Sie. Was Sie als Eltern sagen könnten

Worte haben Wirkung. Sie können stärken oder Mut machen, den Mut aber auch nehmen oder tief verlet­zen. Wie können Eltern schwie­rige Situa­tio­nen im Alltag mit Worten lösen, ohne Kindern weh zu tun? Finden Sie Anre­gun­gen in unserer Serie «Macht der Worte».


Ihr Kind tobt und beisst Sie

Die Bild­schirm­zeit ist vorbei, Sie schal­ten den Fern­se­her aus. Das kommt nicht gut an. Ihr Kind wird wütend und beisst Sie. Sie flippen aus: «Spinnsch eigentli?!»

Das geht viel­leicht in Ihnen vor

Wenn Kinder beissen oder schla­gen, kann das sehr schmerz­haft sein. Viel­leicht verlie­ren Sie die Fassung und denken, das sei doch nicht normal. Oder Sie nehmen es persön­lich: «Will mir mein Kind extra wehtun?» Viel­leicht schämen Sie sich auch: «Hoffent­lich hat das niemand gesehen …» Beden­ken Sie: Die Gefahr ist gross, im Affekt selbst grob zu werden. Kinder schauen sich ihr Verhal­ten aber bei uns ab.

Das könnten Sie statt­des­sen sagen

«Aua, das tut mir weh! Stopp.» So lernt Ihr Kind, was sein Verhal­ten bei seinem Gegen­über bewirkt und dass Sie diesen Umgang mitein­an­der nicht wollen. Helfen Sie ihm, seine Bedürf­nisse und Gefühle wahr­zu­neh­men und geben Sie ihm Worte dafür, zum Beispiel so: «Ich weiss, deine Sendung macht dir grossen Spass. Das macht dich nun wütend.»

Erin­nern Sie an zuvor getrof­fene Abma­chun­gen und vermit­teln Sie, dass alle Gefühle erlaubt sind, nicht aber alle Taten: «Wir haben verein­bart, dass du nur eine Folge schaust. Es ist okay, dass dich das nun wütend macht. Gleich­zei­tig möchte ich nicht, dass du mir deshalb wehtust.»

Viel­leicht haben Sie mit dem Kind bereits Alter­na­ti­ven bei Wut bespro­chen. Helfen Sie ihm dann entspre­chend. Halten Sie ihm zum Beispiel ein Kissen hin, lassen Sie es aufstamp­fen oder kurz raus­ge­hen.

Sicht des Kindes

Kinder sind nicht grob, weil sie Ihnen oder anderen Böses wollen. Sie beissen oder schla­gen, weil sie noch keinen anderen Weg gefun­den haben, mit über­wäl­ti­gen­den Gefüh­len umzu­ge­hen. Sprich: Es fehlen ihnen Worte oder alter­na­tive Verhal­tens­wei­sen. Hier müssen wir ihnen helfen.

Darf ein Kind eine Sendung schauen, taucht es in ein span­nen­des Gesche­hen ein. Sich davon lösen zu müssen, frus­triert, enttäuscht oder macht wütend. Schimp­fen wir oder setzen wir das Kind unter Druck, dann lassen wir es alleine damit, vermit­teln gar, dass diese Gefühle nicht normal oder falsch sind.

Dem Kind hilft es hinge­gen, wenn wir seine Gefühle benen­nen, Verständ­nis dafür zeigen und gemein­sam einen Umgang mit diesen starken Gefüh­len suchen. Das braucht viel Übung. Solange ist ein Kind darauf ange­wie­sen, dass wir solche Situa­tio­nen gemein­sam mit ihm aushal­ten.

Worte haben Wirkung

Worte können trösten oder stärken, aber auch verun­si­chern und verlet­zen. Respekt­volle Worte schaf­fen Vertrauen, schla­gen Brücken in Konflik­ten und stärken die Bezie­hung.

Wie weiter

  • In der Wut kann nichts geklärt werden. Bereden Sie später in Ruhe, wie sich beide beim nächs­ten Mal verhal­ten könnten. Reden Sie mit Ihrem Kind auch darüber, wie es sich bei Wut und Enttäu­schung verhal­ten kann, ohne anderen wehzu­tun. Zum Beispiel: in ein Kissen schla­gen, aufstamp­fen, kurz raus- oder ins Zimmer gehen.
  • Beim Über­gang von der digi­ta­len Welt zurück in die Reali­tät können folgende Dinge helfen: Klare Abma­chun­gen im Voraus (z. B. "Nach einer Folge / Wenn der Wecker läutet stellen wir ab."), Vorankün­di­gun­gen während der Sendung (z. B. "In fünf Minuten ist das Essen bereit, dann musst du ausschal­ten."), Fragen zum Inhalt nach der Sendung (z. B. "Wie haben Paw Patrol das Problem am Ende gelöst?").
  • Trotz Bemü­hun­gen können solche Situa­tio­nen eska­lie­ren. Wichtig ist: Kinder sind zu über­wäl­tigt von ihren Gefüh­len, um sich selbst beru­hi­gen zu können. Die Verant­wor­tung dafür liegt bei den Eltern.

Das hilft, die rich­ti­gen Worte zu finden

  • Schmie­den Sie das Eisen, wenn es kalt ist.
    In der Wut kann man nichts klären. Sind Sie im Stress oder kocht Ihr Kind vor Wut, sagen Sie besser nichts oder nehmen kurz Abstand vonein­an­der.
  • Vermei­den Sie Wertun­gen und Vorwürfe.
    Benennen Sie statt­des­sen Ihre eigenen Empfin­dun­gen und Wünsche oder sagen Sie, welche Ihrer Grenzen über­schrit­ten wurden. Das schafft Verständ­nis und Empa­thie. Zum Beispiel: «Mir ist es zu laut. Ich hatte einen langen Arbeits­tag und bin froh, wenn du zum Spielen raus­gehst.» Machen wir statt­des­sen Wertun­gen oder Vorwürfe ("Kannst du nicht ein Mal …?", "Tu nicht so blöd …", "Wie oft muss ich dir noch sagen …?"), greifen wir den Selbst­wert eines Kindes an.
  • Sagen Sie, was Sie möchten – nicht, was Sie nicht möchten.
    So helfen Sie dem Kind aus der Situa­tion heraus, zum Beispiel: «Sprich bitte freund­li­cher mit mir», «Lass uns das noch­mals zusam­men üben», «Hol bitte den Lappen, um das wieder sauber­zu­ma­chen».
  • Suchen Sie nach dem Gefühl oder Bedürf­nis des Kindes.
    Auch wenn Sie sich ärgern: Über­le­gen Sie sich, was hinter dem Verhal­ten des Kindes stecken könnte. Dabei gilt: Alle Gefühle sind okay, nicht aber alle Verhal­tens­wei­sen.
  • Suchen Sie eine Lösung für die Bedürf­nisse von beiden.
    Am besten gemein­sam.
  • Fragen Sie sich: Wie kann mein Kind am besten lernen, was ich von ihm möchte?
    Dabei lassen sich Kinder oft besser auf spie­le­ri­sche Art für ein neues Verhal­ten gewin­nen als mit Druck.

Und wenn doch einmal etwas heraus­rutscht: Auch Eltern haben manch­mal einen schlech­ten Tag. Wichtig ist, dass Sie danach hinste­hen, sich entschul­di­gen und keinen Zweifel offen­las­sen, dass Sie das Kind weiter­hin gern­ha­ben.

Hier finden Sie Kurse, um sich mit dem Thema vertieft ausein­an­der­zu­set­zen.