Fragen zur Erziehung und Entwicklung Ihrer Kinder und zum Familienalltag? Die Fachleute unserer Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) beraten Sie gern.
Zum kjz-BeratungsangebotIhr Kind trödelt, Sie sollten dringend los. Was Sie als Eltern sagen könnten
Worte haben Wirkung. Sie können stärken oder Mut machen, den Mut aber auch nehmen oder tief verletzen. Wie können Eltern schwierige Situationen im Alltag mit Worten lösen, ohne Kindern weh zu tun? Finden Sie Anregungen in unserer Serie «Macht der Worte».
Ihr Kind trödelt
Sie sollten dringend los, doch Ihr Kind trödelt und trotzt. Sie verlieren die Nerven: «Immer de Stress wege dir!»
Das geht vielleicht in Ihnen vor
«Das macht der doch extra!», denken Sie vielleicht. Oder: «Am liebsten möcht’ ich sie packen!» Solche Gefühle und Gedanken sind verständlich, Termindruck kann enorm belastend sein. Bedenken Sie: Mit Schimpfen motivieren wir niemanden zu mehr Tempo. Vielmehr schaffen wir ein neues Problem – indem wir grob sind und das Kind wahrscheinlich überfordern.
Das könnten Sie stattdessen sagen
Reicht Ihre Beherrschung aus, dann gehen Sie auf Augenhöhe zum Kind: «Wir müssen jetzt wirklich los, sonst kommen wir zu spät. Ich sehe, dass du keine Lust hast, das geht mir auch oft so. Was hilft uns jetzt, damit wir uns auf den Weg machen können?» So nehmen Sie beide Seiten ernst.
Verlieren Sie langsam die Beherrschung, sagen Sie besser nichts. Wenn das nicht geht, bleiben Sie in der Ich-Perspektive: «Ich habe die Zeit unterschätzt. Das stresst mich jetzt wirklich. Ich möchte nicht zu spät kommen.» So kann Ihr Kind Empathie entwickeln, ohne dass Sie es persönlich angreifen.
Je mehr Druck Sie ausüben, desto eher geht das Kind in Widerstand oder ist überfordert. Versetzen Sie sich in das Kind und versuchen Sie, es anhand von einem Spiel zur Kooperation zu gewinnen. Zum Beispiel: «Wollen wir schauen, wer schneller die Schuhe anhat?», «Schaffen wir es zur Haustüre raus, bevor wir Lied xy fertig gesungen haben?», «Zählen wir die Schritte bis zur Bushaltestelle?», «Zählen wir, wie viele Leute uns unterwegs hallo sagen?».
Sicht des Kindes
Trödeln beim Bereitmachen kann viele Gründe haben. Manche Kinder wollen eigentlich selbstständig sein, scheitern aber noch an engen Ärmeln oder Hosenbeinen und sind dann frustriert. Einige brauchen am Morgen mehr Nähe und Kuschelzeit und kommen in Not, wenn dafür keine Zeit bleibt. Andere blockieren durch den Stress der Erwachsenen oder fürchten sich vor dem Ort, wo sie hingehen sollten usw.
Schimpfen wir in solchen Momenten, lassen wir Kinder mit ihren Bedürfnissen und Nöten alleine. Damit schaffen wir noch mehr Stress. Geben wir ihnen zudem die Schuld am Geschehen, übertragen wir ihnen eine Verantwortung, die sie völlig überfordert. Für das Schaffen von stressfreien Rahmenbedingungen sind wir Erwachsenen zuständig. Kinder haben noch kein Bewusstsein für terminliche Verpflichtungen und können Zeit weder einschätzen noch einteilen.
Worte haben Wirkung
Worte können trösten oder stärken, aber auch verunsichern und verletzen. Respektvolle Worte schaffen Vertrauen, schlagen Brücken in Konflikten und stärken die Beziehung.
Wie weiter
- Finden Sie heraus, warum Ihrem Kind das Bereitmachen am Morgen schwerfällt. Braucht es mehr Tricks, wie ihm das Anziehen alleine gelingt, etwa die Anziehstrasse oder den Jackentrick? Helfen jeweils 5 Minuten Morgen-Kuschelzeit vor dem Aufbruch? Macht ihm etwas Kummer, vielleicht in der Kita?
- Nehmen Sie Druck raus mit mehr Zeit und Vorankündigungen: Besprechen Sie in einem ruhigen Moment vor, wann und warum Sie beide bereit sein müssen. Legen Sie bereits am Abend alles raus und beginnen Sie am Morgen früher mit dem Bereitmachen. Stellen Sie einen «Bereitmach-Wecker», er kann auch mehrere Stufen haben. Künden Sie die nächsten Schritte an, zum Beispiel «Wir putzen jetzt deine Zähne und danach ziehst du dich warm an mit Regenjacke, es regnet.» Üben Sie das Anziehen in entspannten Momenten, etwa am Wochenende.
- Reduzieren Sie auch Ihren eigenen Stress. Ändern Sie allenfalls etwas an der eigenen Morgenroutine. Legen Sie zum Beispiel Gute-Laune-Musik auf oder bereiten Sie sich am Vorabend ein gutes Frühstück zu. Wenn möglich: Melden Sie sich bei grosser Zeitnot vom ersten Termin ab und versuchen Sie, Termine grundsätzlich nicht auf die ersten Morgenstunden zu legen.
Das hilft, die richtigen Worte zu finden
- Schmieden Sie das Eisen, wenn es kalt ist.
In der Wut kann man nichts klären. Sind Sie im Stress oder kocht Ihr Kind vor Wut, sagen Sie besser nichts oder nehmen kurz Abstand voneinander. - Vermeiden Sie Wertungen und Vorwürfe.
Benennen Sie stattdessen Ihre eigenen Empfindungen und Wünsche oder sagen Sie, welche Ihrer Grenzen überschritten wurden. Das schafft Verständnis und Empathie. Zum Beispiel: «Mir ist es zu laut. Ich hatte einen langen Arbeitstag und bin froh, wenn du zum Spielen rausgehst.» Machen wir stattdessen Wertungen oder Vorwürfe ("Kannst du nicht ein Mal …?", "Tu nicht so blöd …", "Wie oft muss ich dir noch sagen …?"), greifen wir den Selbstwert eines Kindes an. - Sagen Sie, was Sie möchten – nicht, was Sie nicht möchten.
So helfen Sie dem Kind aus der Situation heraus, zum Beispiel: «Sprich bitte freundlicher mit mir», «Lass uns das nochmals zusammen üben», «Hol bitte den Lappen, um das wieder sauberzumachen». - Suchen Sie nach dem Gefühl oder Bedürfnis des Kindes.
Auch wenn Sie sich ärgern: Überlegen Sie sich, was hinter dem Verhalten des Kindes stecken könnte. Dabei gilt: Alle Gefühle sind okay, nicht aber alle Verhaltensweisen. - Suchen Sie eine Lösung für die Bedürfnisse von beiden.
Am besten gemeinsam. - Fragen Sie sich: Wie kann mein Kind am besten lernen, was ich von ihm möchte?
Dabei lassen sich Kinder oft besser auf spielerische Art für ein neues Verhalten gewinnen als mit Druck.
Und wenn doch einmal etwas herausrutscht: Auch Eltern haben manchmal einen schlechten Tag. Wichtig ist, dass Sie danach hinstehen, sich entschuldigen und keinen Zweifel offenlassen, dass Sie das Kind weiterhin gernhaben.
Hier finden Sie Kurse, um sich mit dem Thema vertieft auseinanderzusetzen.