Zwietracht im Kinderzimmer

Ihre Kinder streiten. Was Sie als Eltern sagen könnten

Worte haben Wirkung. Sie können stärken oder Mut machen, den Mut aber auch nehmen oder tief verlet­zen. Wie können Eltern schwie­rige Situa­tio­nen im Alltag mit Worten lösen, ohne Kindern weh zu tun? Finden Sie Anre­gun­gen in unserer Serie «Macht der Worte».


Ihre Kinder strei­ten

«Das ist mein Auto!» – «Aber ich habe zuerst damit gespielt!» Und schon fliegen die Fetzen. Dafür haben Sie keine Nerven. Sie werden laut: «Gopf, seid Ihr mühsam! Noch einmal strei­ten und wir gehen nicht in den Zoo!»

Das mag in Ihnen vorge­hen

Der gefühlt sieb­zehnte Streit, allein an diesem Tag. Langsam, aber sicher ist Ihnen selbst zum Schreien zumute. Beden­ken Sie: Streit unter Kindern ist normal. Mit Konflik­ten umzu­ge­hen, müssen Kinder aber erst lernen. Das ist anspruchs­voll. Dabei schauen Sie von Ihnen ab – auch dann, wenn Sie in den Streit eingrei­fen.

Das könnten Sie statt­des­sen sagen

«Stopp, bei uns wird nicht geschla­gen. Redet mitein­an­der.» So machen Sie die Grenzen klar. Geben Sie den Kindern Selbst­ver­ant­wor­tung: «Könnt ihr den Streit selber lösen oder braucht ihr Hilfe von mir?»

Verlet­zen Kinder mit ihren Aussa­gen oder wird aus einem Geran­gel eine Prüge­lei, sollen Eltern eingrei­fen. Trennen Sie die Strei­ten­den und hören Sie zu: «Worum geht’s?», «Was braucht wer?», »Was wünscht sich wer?». Lassen Sie jedes Kind zu Wort kommen und helfen Sie, Gefühle in Worte zu fassen. Bleiben Sie dabei neutral. Selten wissen wir, was alles im Konflikt passiert ist. Fragen Sie, ob die Kinder eigene Ideen für Lösun­gen haben und bringen Sie sich selbst nur so viel ein wie nötig.

Solche Gesprä­che brau­chen Übung. Klei­nere und unge­übte Kinder brau­chen mehr Unter­stüt­zung. Allen­falls kann mit einem Sprech­stein gear­bei­tet werden: Es darf nur das Kind spre­chen, das den Stein in der Hand hat. Viele Kinder kennen das aus der Schule.

Sicht des Kindes

Streit ist die kind­ge­mässe Reak­tion, wenn ein Kind mit dem Verhal­ten eines Gegen­übers nicht einver­stan­den ist. Er gehört zur Entwick­lung dazu. Strei­te­reien häufen sich zudem, wenn Kinder müde, hungrig, gereizt, gelang­weilt oder krank sind. Streit dient auch als Ventil, etwa bei Frust oder Eifer­sucht. Kinder müssen lernen, mit starken Gefüh­len umzu­ge­hen und sich in Konflik­ten zu behaup­ten, Kompro­misse zu schlies­sen und sich wieder zu versöh­nen.

Schimp­fen wir, ergrei­fen wir Partei für ein Kind oder drohen wir gar («Noch einmal und …»), fühlen sich Kinder mit ihren Gefüh­len und Bedürf­nis­sen nicht wahr­ge­nom­men und verstan­den, allen­falls abge­wer­tet, hinter­gan­gen, allein­ge­las­sen oder so, als ob diese Gefühle falsch wären. Bleiben wir dagegen ruhig und nehmen die Kinder ernst, können sie unter vertrau­ens­vol­len Bedin­gun­gen lernen, Lösun­gen für Konflikte zu finden. 

Wenn Sie eingrei­fen, ist wichtig: Kriti­sie­ren Sie das Verhal­ten («Es stört mich, wenn ihr so schreit.», «Es stört mich, wenn du deine Schwes­ter ins Gesicht schlägst.»), nicht aber das Kind als Person («Du bist so ein streit­süch­ti­ges Kind …», «Immer musst du deine Schwes­ter angrei­fen …»).

Worte haben Wirkung

Worte können trösten oder stärken, aber auch verun­si­chern und verlet­zen. Respekt­volle Worte schaf­fen Vertrauen, schla­gen Brücken in Konflik­ten und stärken die Bezie­hung.

Wie weiter

  • Bereden Sie den Konflikt. Aber erst später, wenn sich alle beru­higt haben. Dann können Sie auch gemein­sam Streit­re­geln aufstel­len. Formu­lie­ren Sie diese positiv, zum Beispiel: "Dem anderen sagen, was wir fühlen oder wünschen", "Das Plüsch­tier beissen" (nicht das andere Geschwis­ter), "Ins Kissen schla­gen" (nicht ins Gesicht).
  • Reden Sie mit Ihrem Kind auch darüber, wie es sich bei Gefüh­len wie Wut, Enttäu­schung, Frust oder Eifer­sucht verhal­ten kann. Dazu gibt es verschie­dene Hilfs­mit­tel, zum Beispiel Gefühls­ba­ro­me­ter, Gefühls­uh­ren (Beispiele sind im Inter­net zu finden) oder die Bären­kar­ten, um Emotio­nen zu benen­nen.
  • Eltern haben Vorbild­funk­tion: Leben Sie Ihre Werte vor und lösen Sie eigene Konflikte so, wie Sie es von Ihren Kindern erwar­ten.

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Das hilft, die rich­ti­gen Worte zu finden

  • Schmie­den Sie das Eisen, wenn es kalt ist.
    In der Wut kann man nichts klären. Sind Sie im Stress oder kocht Ihr Kind vor Wut, sagen Sie besser nichts oder nehmen kurz Abstand vonein­an­der.
  • Vermei­den Sie Wertun­gen und Vorwürfe.
    Benennen Sie statt­des­sen Ihre eigenen Empfin­dun­gen und Wünsche oder sagen Sie, welche Ihrer Grenzen über­schrit­ten wurden. Das schafft Verständ­nis und Empa­thie. Zum Beispiel: «Mir ist es zu laut. Ich hatte einen langen Arbeits­tag und bin froh, wenn du zum Spielen raus­gehst.» Machen wir statt­des­sen Wertun­gen oder Vorwürfe ("Kannst du nicht ein Mal …?", "Tu nicht so blöd …", "Wie oft muss ich dir noch sagen …?"), greifen wir den Selbst­wert eines Kindes an.
  • Sagen Sie, was Sie möchten – nicht, was Sie nicht möchten.
    So helfen Sie dem Kind aus der Situa­tion heraus, zum Beispiel: «Sprich bitte freund­li­cher mit mir», «Lass uns das noch­mals zusam­men üben», «Hol bitte den Lappen, um das wieder sauber­zu­ma­chen».
  • Suchen Sie nach dem Gefühl oder Bedürf­nis des Kindes.
    Auch wenn Sie sich ärgern: Über­le­gen Sie sich, was hinter dem Verhal­ten des Kindes stecken könnte. Dabei gilt: Alle Gefühle sind okay, nicht aber alle Verhal­tens­wei­sen.
  • Suchen Sie eine Lösung für die Bedürf­nisse von beiden.
    Am besten gemein­sam.
  • Fragen Sie sich: Wie kann mein Kind am besten lernen, was ich von ihm möchte?
    Dabei lassen sich Kinder oft besser auf spie­le­ri­sche Art für ein neues Verhal­ten gewin­nen als mit Druck.

Und wenn doch einmal etwas heraus­rutscht: Auch Eltern haben manch­mal einen schlech­ten Tag. Wichtig ist, dass Sie danach hinste­hen, sich entschul­di­gen und keinen Zweifel offen­las­sen, dass Sie das Kind weiter­hin gern­ha­ben.

Hier finden Sie Kurse, um sich mit dem Thema vertieft ausein­an­der­zu­set­zen.