Maschine statt HR-Fachperson

Robot Recruiting: Wie sich Jugendliche auf Lehrstellen bewerben sollten

Algo­rith­men und künst­li­che Intel­li­genz prägen zuneh­mend die Arbeits­welt – auch die Perso­nal­ab­tei­lun­gen, wo sie die Suche nach Mitar­bei­ten­den auto­ma­ti­sie­ren und opti­mie­ren. Doch wie verbrei­tet sind Algo­rith­mus- und KI-basierte Tools bei den gröss­ten Schwei­zer Lehr­be­trie­ben? Wir haben nach­ge­fragt und zeigen, mit welchen Kniffs Jugend­li­che auf Lehr­stel­len­su­che im soge­nann­ten Robot Recrui­ting bestehen.

Die Rekru­tie­rung von Perso­nal ist im Wandel. Auch in den Perso­nal­ab­tei­lun­gen werden Arbeits­pro­zesse vermehrt auto­ma­ti­siert. Als Begriff für diese Entwick­lung hat sich «Robot Recrui­ting» etabliert. Robot Recrui­ting steht für den Einsatz von Algo­rith­men und künst­li­cher Intel­li­genz (KI) bei Bewer­bungs­ver­fah­ren. Es entlas­tet Perso­nal­ab­tei­lun­gen, indem es Prozesse opti­miert und zeit­li­che wie finan­zi­elle Erspar­nisse einbringt.

Algo­rith­mus

Ein Algo­rith­mus ist eine eindeu­tige Anlei­tung, wie ein Problem in mehre­ren Schrit­ten gelöst werden soll. In der Infor­ma­tik sind Algo­rith­men Bestand­teil von Program­men. Sie geben vor, wie Compu­ter und Maschi­nen gesteu­ert werden sollen.

Künst­li­che Intel­li­genz

KI befä­higt Maschi­nen, intel­li­gen­tes mensch­li­ches Verhal­ten nach­zu­ah­men – zum Beispiel, indem sie Sinnes­ein­drü­cke wahr­neh­men und darauf reagie­ren, Sprache verste­hen, Probleme lösen und Ziele errei­chen.

Aufga­ben von KI bei der Rekru­tie­rung von Perso­nal

Robot Recrui­ting bedeu­tet nicht auto­ma­tisch, dass künst­li­che Intel­li­genz einge­setzt wird. Denn nicht jede Algo­rith­mus-basierte Soft­ware enthält Funk­tio­nen auf KI-Niveau. Wo und wie künst­li­che Intel­li­genz das Recrui­ting unter­stüt­zen kann, zeigen folgende Beispiele:

  • Beim Erstel­len und Plat­zie­ren von Stel­len­in­se­ra­ten
    KI-gestützte Soft­ware analy­siert Stel­len­in­se­rate aus dem Inter­net und schlägt HR-Fach­per­so­nen Job-Börsen und Schlüs­sel­be­griffe vor. So können diese den Stel­len­be­schrieb opti­mie­ren und die Inse­rate dort veröf­fent­li­chen, wo sie viele poten­ti­elle Bewer­bende sehen.
  • Beim Erst­kon­takt mit dem Unter­neh­men
    Ein Chatbot kann text- oder audio­ba­siert den ersten Kontakt zwischen Inter­es­sier­ten und einem Unter­neh­men herstel­len – zum Beispiel indem er selb­stän­dig Fragen beant­wor­tet oder indi­vi­du­elle Tipps gibt.
  • Bei der Auswer­tung der Bewer­bungs­dos­siers
    Bewerbermanagement-Software, soge­nannte Appli­cant-Track­ing-Systeme (ATS), glei­chen die Dossiers der Bewer­ben­den mit den Anfor­de­run­gen aus dem Stel­len­in­se­rat ab. Sie ziehen Schlüsse und erstel­len ein Ranking – teil­weise mit Ansät­zen von KI.
  • Bei der Beur­tei­lung von Quali­tä­ten und Eigen­schaf­ten
    Künstliche Intel­li­genz wertet eigen­stän­dig Assess­ment-Aufga­ben aus, wodurch HR-Fach­per­so­nen rasch fest­stel­len können, durch welche persön­li­chen Kompe­ten­zen, Fähig­kei­ten und Eigen­schaf­ten sich eine Kandi­da­tin oder ein Kandi­dat auszeich­net.
  • Beim Auswer­ten von Jobin­ter­views
    Auch bei Jobin­ter­views, vor allem bei Erst­ge­sprä­chen, kann KI Aufga­ben über­neh­men. Sie scannt die Sprache, die Wort­wahl und die Mimik von Bewer­ben­den und stellt fest, ob sie zu den Anfor­de­run­gen der Stelle und zum Unter­neh­men passen.

KI bei den gröss­ten Schwei­zer Lehr­be­trie­ben

Diese Beispiele zeigen: Der Einsatz von KI in der Perso­nal­be­schaf­fung ist viel­sei­tig. Der Nutzen ist für Unter­neh­men umso grösser, je höher der Zulauf an Bewer­bun­gen auf offene Stellen ist. Da liegt die Vermu­tung nahe, dass die gröss­ten Schwei­zer Lehr­be­triebe – Coop, Migros, Post, SBB, Swiss­com und UBS – bei der Beset­zung von Stellen auf künst­li­che Intel­li­genz zurück­grei­fen. Doch dem ist nicht so.

Coop schreibt auf Anfrage, dass die Perso­nal­ab­tei­lung bei Bewer­bungs­ver­fah­ren derzeit keine KI einsetzt. Auch UBS Schweiz, die Swiss­com und login Berufs­bil­dung, der externe Recrui­ter von Lernen­den für die SBB, verzich­ten bei der Rekru­tie­rung von Perso­nal darauf – ebenso die Post. Sie präzi­siert, dass jede Bewer­bung von einer HR-Fach­per­son geprüft und bewer­tet wird. Während des Bewer­bungs­ver­fah­rens setzt das Unter­neh­men jedoch Hilfs­mit­tel ein – etwa eine Bewer­ber­ma­nage­ment-Soft­ware.

Auch die Perso­nal­ab­tei­lung der Migros verwen­det ein Bewer­ber­ma­nage­ment-Tool. Jedoch enthält dieses wie auch dasje­nige der Post keine KI-basier­ten Funk­tio­nen. Was beide Unter­neh­men einset­zen, sind zeit­ver­setzte Video-Inter­views. Sie werden aber nicht durch künst­li­che Intel­li­genz analy­siert und auch nicht bei der Beset­zung von Lehr­stel­len durch­ge­führt. Für Lernende hat die Migros 2019 einen Chatbot lanciert, wo Lehr­stel­len­su­chende über Whats­App mit dem Maskott­chen Mino ins Gespräch kommen können.

Bewer­ben im Robot Recrui­ting – so klappt’s

Die Resul­tate der Umfrage bei den Lehr­stel­len­rie­sen lässt keine Rück­schlüsse zu, wie stark Robot Recrui­ting in der Schweiz verbrei­tet ist. Vermut­lich wird die Verbrei­tung in den nächs­ten Jahren noch zuneh­men. Immer­hin muss Robot Recrui­ting für die Jugend­li­chen kein Nach­teil sein. Wer weiss, worauf es dabei ankommt, und ein paar Ratschläge befolgt, hat keine Nach­teile zu befürch­ten.

  • Ausser­ge­wöhn­li­ches Layout vermei­den
    Die Maschine würdigt Krea­ti­vi­tät leider nicht. Deshalb beim Moti­va­ti­ons­schrei­ben und Lebens­lauf von gestal­te­ri­schen Elemen­ten wie Logos besser absehen, ebenso von Kopf- und Fuss­zei­len.
  • Auf extra­va­gante Schrif­ten verzich­ten
    Für die Texte sollte eine gut lesbare Schrift gewählt werden (z. B. Arial oder Calibri). So läuft man nicht Gefahr, dass die Maschine den Text nicht richtig lesen kann.
  • Den Lebens­lauf über­sicht­lich gestal­ten
    Ein simpler, über­sicht­li­cher und schlüs­si­ger Lebens­lauf bringt mehr Erfolg als ein krea­ti­ver. Hilf­reich sind eine klare Struk­tur sowie unter­teilte und in Bullet­points aufbe­rei­tete Inhalte.
  • Präzise und korrekt formu­lie­ren
    Das Moti­va­ti­ons­schrei­ben und der Lebens­lauf sollten einfach und korrekt geschrie­ben sein. Zu viele Fehler oder unge­naue Formu­lie­run­gen können die Maschine über­for­dern. So gehen wich­tige Infor­ma­tio­nen verlo­ren.
  • Passende Schlüs­sel­be­griffe verwen­den
    Besonders im Moti­va­ti­ons­schrei­ben ist es hilf­reich, wenn Begriffe verwen­det werden, die zur Lehr­stelle, zum Unter­neh­men und zur Branche passen. Anhalts­punkte liefern der Lehr­stel­len­be­schrieb und die Website des Lehr­be­triebs.

Bei genauem Hinse­hen schaf­fen die Tipps kein wesent­lich anderes Vorge­hen für die Jugend­li­chen. Denn viele der Tipps galten schon bisher. Der Unter­schied liegt viel mehr in der Art der Beur­tei­lung der Bewer­bung. Während eine HR-Fach­per­son bei einer unsorg­fäl­ti­gen Bewer­bung noch ein Auge zudrü­cken kann, hat die Maschine keinen Ermes­sens­spiel­raum.