Ithaka – Mentees blicken zurück

«Mit meinem Mentor treffe ich mich noch heute jedes Jahr zum Essen»

Die Lehr­stel­len­su­che erweist sich oft als schwie­ri­ges Unter­fan­gen. Das Mento­ring-Programm Ithaka der Berufs­be­ra­tung des Kantons Zürich knüpft hier an. Frei­wil­lige aus der Berufs­welt unter­stüt­zen Jugend­li­che im Bewer­bungs­pro­zess. In dieser Reihe erzäh­len Mentees sowie Ehren­amt­li­che von Ithaka von ihren Erfah­run­gen.


Kevin Zheng hat 2017 seine Lehre als Produk­ti­ons­me­cha­ni­ker EFZ abge­schlos­sen und bildet sich nun zum Tech­ni­ker Maschi­nen­bau HF weiter. Während der Lehr­stel­len­su­che hat er am Mento­ring-Programm Ithaka teil­ge­nom­men.

Mit meinem Mentor bin ich bis heute in Kontakt. Damals, als wir uns kennen­lern­ten, war ich schon recht knapp dran und eigent­lich prak­tisch im zehnten Schul­jahr ange­mel­det. Ich war nicht sonder­lich moti­viert für die Lehr­stel­len­su­che und wusste auch nicht recht, wie ich das Ganze angehen sollte. Mit der Unter­stüt­zung meines Mentors konnte ich am Ende sogar noch zwischen zwei Lehr­stel­len auswäh­len. Ob ich das ohne ihn geschafft hätte, bezweifle ich.

Damals war ich ein guter Sek B-Schüler, ich hatte schon immer Freude an Technik, wusste aber nicht, in welche Rich­tung ich gehen sollte und welche Möglich­kei­ten es über­haupt gibt. Ich komme aus einem asia­ti­schen Haus­halt und meine Eltern konnten mir vom Deutsch her nicht viel helfen beim Bewer­ben. Sie wollten nur das Beste für mich und dass ich einen Beruf finde, der mich glück­lich macht, der Druck war aber eher gross, dass ich ans Gymi gehen oder zumin­dest keinen hand­werk­li­chen Beruf lernen sollte. Meine Mutter hatte Angst vor den Gefah­ren beim Umgang mit Maschi­nen und machte sich Sorgen, dass ich mit einer Tätig­keit, bei der ich mir die Finger schmut­zig mache, nicht glück­lich werde. Mein Mentor hat mir hierbei viel gehol­fen. Er schaute sich mit mir meine verschie­de­nen Optio­nen an und meinte immer: «Kevin wird aufblü­hen und seinen Weg machen!» Auch zeigte er meinen Eltern unser durch­läs­si­ges Bildungs­sys­tem auf und konnte sie damit von ihren Sorgen entlas­ten. Dies­be­züg­lich waren sie wohl noch etwas altmo­disch, was man lernt, führt man in ihren Augen ein Leben lang aus.

Die Zusam­men­ar­beit mit meinem Mentor

Eigent­lich war es meine Schwes­ter, die mich zu Ithaka führte. Sie versuchte immer, mir zu helfen, wusste aber auch nicht recht, wie. Also meinte sie eines Tages, ich solle mich beim biz melden. Im Prinzip zwang sie mich fast dazu, dass ich mich für ein Berufs­wahl­ge­spräch anmelde. Auf diesem Weg wurde ich meinem Mentor zuge­teilt und ich würde sagen, er war das Beste, was mir in dieser Situa­tion passie­ren konnte.

Zu Beginn trafen wir uns wöchent­lich, manch­mal sogar öfters. Ich bekam jeweils Aufträge, Punkte, an denen ich an mir arbei­ten konnte, aber immer frei­wil­lig. Mein Mentor nahm immer eine aktua­li­sierte Liste mit den freien Lehr­stel­len zu unseren Treffen mit und sagte: «Kevin, es hat noch freie Stellen!» Dass er sich so für mich einsetzte und an mich glaubte, hat mich schon sehr moti­viert. Allge­mein hat er viel mit mir erreicht, denn ich muss sagen, früher war ich eine ziem­lich andere Person als heute. Ich war vieler­orts der Kleinste und Dünnste und brachte kaum ein Wort heraus, man konnte damals kaum ein Gespräch mit mir anfan­gen. Mein Mentor versuchte, mich immer wieder heraus­zu­lo­cken.

Dass er sich so für mich einsetzte und an mich glaubte, hat mich schon sehr moti­viert.

Was sein Trick war? Das weiss ich gar nicht. Ich konnte die Dinge jeden­falls immer gut anneh­men von ihm, er war für mich eine neutrale Person und ich hatte das Gefühl, dass er eine Ahnung hatte und ich ihm vertrauen konnte, dass er mich auf den rich­ti­gen Weg führt. Viel­leicht waren es auch die vielen Gesprä­che, die wir geführt hatten. Rück­bli­ckend ging ich da immer schon mit der falschen Haltung hin, doch er gab mir Tipps, was gute Antwor­ten sind und welche weniger, wenn man die Lehr­stelle wirk­lich haben möchte. Oft spiel­ten wir die Bewer­bungs­ge­sprä­che eins zu eins durch, inklu­sive Zimmer­be­tre­ten, Begrüs­sen, Absit­zen und Verab­schie­den. Danach gab er mir beispiels­weise Rück­mel­dun­gen zum Augen­kon­takt oder allge­mein über passende Höflich­keits­for­men und ich musste mich jedes Mal etwas stei­gern.

Heute ein anderer Mensch

Heute gehe ich ohne Probleme auf Leute zu. Am meisten gehol­fen hat mir dabei wohl das Militär. Ich absol­vierte die Unter­of­fi­ziers­schule und musste plötz­lich 80 Leuten sagen, was läuft, sie führen und dafür sorgen, dass wir pünkt­lich unsere Ziele erreich­ten. Das war eine Heraus­for­de­rung und ich musste mir so einiges hart erkämp­fen. Mit asia­ti­schen Gesichts­zü­gen muss man im Militär umso genauer wissen, mit wem man wie reden muss, es funk­tio­nie­ren nicht alle gleich; da muss man ein Gefühl dafür entwi­ckeln. Das war eine wich­tige Schule für mich, ich denke aber, mein Mentor hat die Basis dafür gelegt, dass ich über­haupt erst offen dafür war.

Davor musste ich auch schon in der Lehre lernen, mich zu behaup­ten. Obwohl ich mich sehr auf den Lehr­be­ginn gefreut hatte, wurde es nach dem ersten Lehr­jahr uner­war­tet schwer. Ich hatte über ein Jahr lang keinen Lehr­meis­ter und es war insge­samt mehr ein Durch­hal­ten. Das war nicht schön, doch es war auch eine Erfah­rung. Denn heute muss ich häufig Lernende einar­bei­ten und ich weiss ganz genau, wie man es nicht machen soll. Damals war ich aller­dings kurz davor, die Firma zu wech­seln, das biz und mein Mentor unter­stütz­ten mich aber erneut auf meinem Weg. Mit dem Wissen, dass jemand hinter mir stände, wenn es hart auf hart käme, habe ich es schliess­lich durch­ge­zo­gen.

Rück­blick und Ausblick

Gleich nach Lehr­ab­schluss habe ich die Firma gewech­selt, wo ich inzwi­schen Vorar­bei­ter in der Seri­en­mon­tage rund um Schie­nen bin. Ich wollte aber nicht stehen­blei­ben in meinem Leben. Mich inter­es­sierte stets auch die Technik hinter der Montage und wie das alles funk­tio­niert. Deshalb studiere ich nun im ersten Semes­ter Tech­ni­ker Maschi­nen­bau an der Höheren Fach­schule. Was die Ziele danach sind, das ist noch offen.

Mit dem Wissen, dass jemand hinter mir stände, wenn es hart auf hart käme, habe ich es durch­ge­zo­gen.

Ich weiss nicht, ob Ithaka für jede Person das Rich­tige ist. Nicht alle reagie­ren gut auf Rück­mel­dun­gen und Kritik. Doch ich finde, Jugend­li­che stehen rund um den Bewer­bungs­pro­zess unter einem so grossen Druck. Sie sind noch so jung, wissen eigent­lich noch kaum, wo sie stehen, und wenn es nicht gut läuft, verun­si­chert das extrem. Ich dachte auch lange, dass es meine Schuld wäre, als es in meinem Lehr­be­trieb nicht gut lief. Als Jugend­li­cher ist man aber kaum geschult für Bewer­bungs- oder andere schwie­rige Gesprä­che und erhält viel zu wenige Übungs­ge­le­gen­hei­ten in der Schule. Deshalb finde ich diese Unter­stüt­zung enorm wert­voll. Ich empfehle das Programm jeden­falls ganz sicher weiter – mit einem klaren Ja.

Mento­ring Ithaka – Beglei­tung beim Einstieg ins Berufs­le­ben

Mento­ring Ithaka ist ein Projekt der Berufs­in­for­ma­ti­ons­zen­tren (biz) im Kanton Zürich. Das Angebot besteht seit 2006. Jähr­lich unter­stüt­zen circa 200 Mento­ren und Mento­rin­nen rund 180 Jugend­li­che aus der Sekun­dar­schule im Berufs­wahl­pro­zess. Die Zusam­men­ar­beit ist indi­vi­du­ell und dauert im Durch­schnitt fünf Monate. Mehr als 60 Prozent der Jugend­li­chen schaf­fen danach den direk­ten Einstieg ins Berufs­le­ben. Die anderen besu­chen ein Berufs­vor­be­rei­tungs­jahr, ein Moti­va­ti­ons­se­mes­ter oder ein Prak­ti­kum.

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