Die Schlangenfrau, die sich nicht verbiegen lässt
Ich habe schon als Kind intensiv Ballett getanzt und daneben die normale Schule besucht. In der 10. Klasse musste ich mich aber entscheiden: Mache ich die Matura oder beginne ich eine Ballettausbildung? Ich entschied mich für Ballett, denn nach der Matura wäre ich schon zu alt gewesen. Meinen Eltern war aber wichtig, dass ich einen Abschluss habe, darum meldete ich mich bei einer staatlich anerkannten Schule in Berlin an. Dort machte ich meinen Berufsfachschulabschluss als staatlich geprüfte Bühnentänzerin.
Krise und ein Entschluss
Mein Weg war nicht nur einfach, ich entsprach vom Können her nicht dem Ideal. Auf früheren Schulen hatte ich falsche Techniken vermittelt bekommen und ging daher oft mit Komplexen an Vortanzen. Ich stand mir selber im Weg, obwohl ich wusste, dass ich es kann. Heute weiss ich, dass man an sich glauben muss, wenn man überzeugen will. Ich arbeitete in verschiedenen Shows und Kompanien, bis ich mit 25 Jahren eine Tanzkrise hatte. Das Profileben als Tänzerin ist kein Zuckerschlecken und ich stand seit meinem 10. Lebensjahr auf der Bühne. Ich fragte mich, wo führt das hin, welche Ziele habe ich noch? Ich hatte so lange in einer Seifenblase gelebt und wollte nochmal etwas ganz anderes probieren. Ich meldete mich dann bei der Hotelfachschule an, und der Abstand zur Tanzwelt tat mir gut. Erst da spürte ich nämlich: Meine Passion ist noch nicht erloschen, ich will zurück auf die Bühne! Ich habe dann noch fünf Jahre weitergetanzt, zuletzt am Moulin Rouge in Paris. Das ist eine tolle Institution, aber man tanzt halt zweimal täglich die gleiche Show. Das hat mich irgendwann gelangweilt, denn ich hatte so viele Qualitäten, die ich auf der Bühne gar nie zeigen konnte – zum Beispiel meine Beweglichkeit. Mittlerweile war ich dreissig, sah jung aus und war in Topform. Ich hätte noch lange kommerziell tanzen können, etwa im Fernsehen als Umrahmung von Stars. Der Anspruch an mich selber war aber höher, und ich entschied: Ich will etwas Eigenes machen. Ich muss es riskieren.
Ich stand mir selber im Weg.
Ich setzte alles auf eine Karte
Ich wusste schon immer, dass ich sehr beweglich bin, daher wollte ich in China einen Sommerkurs in Kontorsion besuchen. Zufällig entdeckte ich dann eine Akrobatikschule in Peking, an der man auch länger studieren konnte. Da sagte ich mir: Ich mach das jetzt einfach, ich habe nichts zu verlieren! Ich wollte mich auf Kontorsion spezialisieren und damit eine eigene Marke aufbauen. Ich glaubte an den Erfolg und es klappte: In der Schweiz entwickelte ich meine Nummer und baute mein Netzwerk stetig aus. Ich war bereits erfolgreich, als ich mit der Teilnahme bei «Die grössten Schweizer Talente» den endgültigen Durchbruch schaffte.
Das ist jetzt acht Jahre her und ich werde weitermachen, solange ich Lust habe. Beweglich werde ich immer bleiben und vielleicht mache ich irgendwann nochmal eine ganz andere Nummer. Oder ich werde Mutter! Ich bin zwar schon über vierzig, aber ich habe ja schon immer mit allem zu spät angefangen – ich bin und bleibe ein Überraschungspaket!
Nina Burri, 41, ist Kontorsionistin, Model und Schauspielerin.