kjz-Sprechstunde

«Jonas (15) will Privatsphäre. Wo sind die Grenzen?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Mein Sohn Jonas (15) will von mir immer mehr in Ruhe gelas­sen werden. Seine Zimmer­türe ist neuer­dings sehr oft zu und wenn er abmacht, sagt er mir nicht mehr immer von sich aus, mit wem er unter­wegs ist. Letzte Woche habe ich mich sogar gefragt, ob er eine Freun­din hat, ohne dass er mir davon erzählt. Wenn ich nach­frage, blockt er aber sofort ab. Wie viel Privat­sphäre muss ich ihm lassen?

R.G., Mutter aus Bülach

Liebe Frau G.

Ihr Sohn befin­det sich in der Puber­tät und somit in einer Phase der Verän­de­rung. Jugend­li­che wollen ihre eigene Iden­ti­tät finden und selbst­stän­dig werden. Dies ist eine zentrale Entwick­lungs­auf­gabe im Jugend­al­ter. Dafür müssen sie sich von den Eltern loslö­sen und abgren­zen. Das heisst zum Beispiel, dass sich Jugend­li­che zurück­zie­hen und ihnen ihre Privat­sphäre und die Freunde wich­ti­ger werden.

Finden Sie als Eltern eine gute Balance zwischen in Ruhe lassen und da sein, zwischen Frei­raum geben und präsent bleiben. Versu­chen Sie, sich bei weniger drin­gen­den Fragen (die Sie eher aus Neugier stellen), zurück­zu­hal­ten: Hat er eine Freun­din oder nicht? Und fragen Sie nach, wo es wichtig ist: Mit wem ist er heute unter­wegs und wo? Wann kommt er nach Hause?

Dran­blei­ben ist zentral und lohnt sich: Seien Sie aufmerk­sam und halten Sie Ausschau nach diesen kleinen Zeit­fens­tern, in denen er sich doch manch­mal öffnet oder Ihnen etwas von sich erzählt – denn es gibt sie noch! Er muss wissen, dass Sie weiter­hin für ihn da sind, wenn er Sie braucht – dass Sie jedoch nicht jeden Aspekt seines Lebens kontrol­lie­ren wollen.

Genauer hinschauen sollten Sie dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass Schule und Frei­zeit darun­ter leiden: Ist er häufi­ger bedrückt, wirkt er traurig oder ist er öfters aggres­siv? Werden die Noten plötz­lich schlech­ter oder gibt es mehr unent­schul­digte Absen­zen in der Schule? Vernach­läs­sigt er das Fuss­ball­trai­ning oder trifft er sich nicht mehr mit seinen Freun­den? Dann sollten Sie auf jeden Fall das Gespräch mit ihm suchen und dem auf den Grund gehen. Ist es vorüber­ge­hen­der Liebes­kum­mer oder doch eine depres­sive Verstim­mung, wofür Sie eine Bera­tung in Anspruch nehmen möchten?

Bleiben Sie weiter­hin in Bezie­hung, auch wenn sich diese nun langsam zu verän­dern beginnt. Nicht nur Ihr Sohn, sondern auch Ihre gemein­same Bezie­hung wird nun ‚erwach­sen‘.

Ich wünsche Ihnen viel Gelas­sen­heit für diese Phase, die – wie jede andere Phase auch – einmal vorüber­ge­hen wird.

Jasmin Gygi (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».