kjz-Sprechstunde

«Soll ich Raoul (5) aus dem Geschehen nehmen, wenn er sich auffällig benimmt?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unser Sohn Raoul (5) ist ein sehr lebhaf­tes und impul­si­ves Kind. Er geht ohne Mühe auf andere Kinder zu und eckt dabei immer wieder an. Auf dem Spiel­platz ist er oft laut und fällt schnell auf – auch bei den anwe­sen­den Müttern und Vätern. Mir ist das unan­ge­nehm. Ich frage mich dann, ob ich Raoul einen Moment lang aus dem Gesche­hen nehmen soll. Denn ich möchte bei den anderen nicht als unfä­hige Mutter daste­hen. Wie schät­zen Sie die Situa­tion ein?

Frau G.

Liebe Frau G.

Kinder werden von Gefüh­len über­schwemmt und müssen lernen damit umzu­ge­hen. Für impul­sive, lebhafte Kinder ist es heraus­for­dernd, Kontakt aufzu­neh­men und mit Nähe und Distanz umzu­ge­hen. Sie reagie­ren auf jeden Stimu­lus, stürzen sich ins Gesche­hen, agieren laut und wild und werden vom Umfeld oft als störend, bestim­mend und über­grif­fig wahr­ge­nom­men. Vorwurf, Bestra­fung oder Ausschluss verstärkt das uner­wünschte Verhal­ten und stellt das Kind bloss.

Das Verhal­ten Ihres Sohnes ist Ausdruck seiner Gefühle, die er noch nicht gut regu­lie­ren, steuern und kontrol­lie­ren kann. Es macht mit ihm und er wird kaum ansprech­bar sein. Sie müssen deshalb für ihn handeln. Nehmen Sie Raoul ruhig aus dem Gesche­hen. Sagen Sie ein klares Nein zu allfäl­li­gem respekt­lo­sem Verhal­ten, zum Beispiel: «Ich will nicht, dass du dir oder jemand anderem weh tust.» Lassen Sie sich von Raoul nicht provo­zie­ren; halten Sie seinen Ärger, seinen Protest aus. Bleiben Sie Raoul gegen­über freund­lich und bestimmt. Damit signa­li­sie­ren Sie ihm: Wir steigen aus diesem Muster aus.

Zu einem späte­ren Zeit­punkt können Sie gemein­sam mit Raoul über Lösun­gen nach­den­ken. Reden Sie über Möglich­kei­ten der Kontakt­auf­nahme, zum Beispiel: «Ich bin Raoul. Darf ich mitspie­len?» oder «Braucht ihr mich beim Bauen, beim Fuss­ball­spie­len?» Lassen Sie Raoul auspro­bie­ren und üben. Schen­ken Sie ihm dabei Beach­tung und geben Sie ihm Rück­mel­dung, wenn es gelingt. Seien Sie aufmerk­sam für konstruk­ti­ves Verhal­ten. Kinder­bü­cher und Hörbü­cher über gute Freunde und über Gefühle können helfen, über Konflikte zu reden und Gefühle zu benen­nen.

Ich wünsche Ihnen und Raoul dabei alles Gute, schöne Momente und befrie­di­gende Begeg­nun­gen.

Simone Gruen-Müller (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».