Soll man Kinder an eine Figur wie den Osterhasen glauben lassen oder ist der Irrglaube pädagogischer Unsinn? Marijana Milojevic, Erziehungsberaterin im kjz Dübendorf, nimmt Stellung.
Der Glaube an den Osterhasen ist weder besonders nützlich noch schädlich
Der Glaube an Fantasiegestalten kann durchaus förderlich für das kreative Denken von Kindern sein. Sie können dadurch in Ideenwelten eintauchen, die in der realen Welt so nicht vorhanden sind. Doch auch ohne den Glauben an den Osterhasen finden Kinder genügend andere Quellen, um daraus Kreativität zu schöpfen. Schliesslich sollte der Osterhase ja vor allem viel Freude bereiten – er hat nicht unbedingt einen pädagogisch relevanten Anspruch.
Illusionen zu entdecken ist ein wichtiger Teil des Reifeprozesses
Im Alter von drei bis vier Jahren lernen Kinder zunehmend, dass Personen unterschiedliche Überzeugungen haben und diese auch falsch sein können. Diese Erkenntnis ist ein wichtiger Teil der Entwicklung und eine Vorläuferfähigkeit für andere höher geordnete Denkprozesse. Merken Kinder, dass ihnen etwas vorgegaukelt wurde, ist das also nicht per se etwas Schlechtes. Im Gegenteil, das Entdecken der eigenen Illusion gehört zum Reifeprozess dazu. Mit der Zeit lernen Kinder sogar, falsche Überzeugungen für ihren eigenen Vorteil auszuspielen, indem sie zum Beispiel lügen.
Eltern können die kritische Auseinandersetzung unterstützen
Es gibt verschiedene Arten, auf skeptische Kinderfragen zu reagieren. Häufig kommt es auch auf die Einstellung der Eltern an. Man kann Kinder bei ihrer kritischen Auseinandersetzung unterstützen, indem man sie zum Beispiel durch gezielte Fragen zum Argumentieren anregt. So lernen sie, durch Überlegen selbst zur Lösung zu kommen. Die Enttäuschung über die Nichtexistenz des Osterhasen lässt sich wohl nicht verhindern. Jedoch könnte man etwas gegen die Enttäuschung unternehmen, von den Eltern angelogen worden zu sein. Hierbei mag der alte Klassiker helfen: Das Verhalten erklären, Fehler zugeben, entschuldigen, wiedergutmachen.
Der Schleier fällt eines Tages von selbst
Der Glaube an Fantasiegestalten ist bei Kindern sehr individuell ausgeprägt, in der Regel verschwindet er allerdings eines Tages von selbst.