kjz-Sprechstunde

«Statt fürs Gymi zu lernen, trifft sich mein Sohn (17) lieber mit schlechten Freunden»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz-Team
Mein 17-jähri­ger Sohn besucht die Mittel­schule. Statt zu lernen treibt er sich lieber mit Freun­den rum, die ihm nicht gut tun. Wenn er nach Hause kommt, riecht er oft nach Rauch. Wenn ich ihn dann zur Rede stelle, sagt er immer, dass nur die anderen rauchen. Ich denke, dass meis­tens auch Alkohol im Spiel ist. Der Einfluss dieser «Freunde» schadet seiner Zukunft. Ich bin besorgt und frage mich, was ich tun kann, damit er sich nicht mehr so oft mit ihnen trifft und sich besser auf die Schule konzen­triert.

Frau N.

Liebe Frau N.

Mit der Geburt eines Kindes beginnt für uns Eltern eine grosse Aufgabe. Wir tragen sehr viel Verant­wor­tung und machen uns Sorgen über seine Zukunft. Daher räumen wir ihm Hürden und Hinder­nisse so weit wie möglich aus dem Weg. Gleich­zei­tig ist unser ganzes Wirken darauf ange­legt, dass es selbst­stän­dig wird.

Häufig machen wir dabei die Rech­nung ohne den Wirt, pardon, das Kind. Es hat eigene Pläne – ab dem ersten Atemzug. Lange Zeit finden wir das toll: wenn unser Kind loskrab­belt, aufsteht, seine ersten Schritte tut, bald rennt, wenn es sich alleine anzieht oder isst. Dann ist es mehr und mehr alleine unter­wegs: in die Schule, in den Wald, auf den Fuss­ball­platz … – der Lebens­weg des Kindes zieht immer grös­sere Kreise.

Und dann das: Es wählt auch seine Freunde alleine. Jetzt bekom­men wir’s mit der Angst zu tun. Denn über die Freunde haben wir keine Kontrolle; das sind die Kinder fremder Eltern (mit denen wir mögli­cher­weise ähnli­che Gefühle teilen). Die gute Nach­richt: Die Angst vor falschen Freun­den kommt häufi­ger vor, als es falsche Freunde gibt.

Doch selbst wenn die Freunde keinen guten Einfluss ausüben, können wir nur wenig tun. Dann verun­si­chert uns der Konsum von Alkohol und Drogen zusätz­lich. Wenn Sie sicher sind, dass ein Miss­brauch vorliegt, sollten Sie einschrei­ten. Ansons­ten lohnt es sich, so offen wie möglich darüber zu spre­chen – was Ihren Sohn vermut­lich nerven wird. Auch die eigenen, dies­be­züg­li­chen Unsi­cher­hei­ten dürfen Sie anspre­chen. So werden Sie als authen­tisch wahr­ge­nom­men. Andern­falls wäre noch die totale Isola­tion möglich, aber das ziehen wir lieber nicht in Erwä­gung.

Tatsa­che ist: Je mehr wir versu­chen, unser Kind davon zu über­zeu­gen, dass seine Freunde schlecht sind, umso häufi­ger glaubt es, dass wir uns irren. Die Wahr­heit liegt für einmal nicht irgendwo in der Mitte. Viel­mehr gibt es unter­schied­li­che Wahr­hei­ten. Was die Thema­tik nicht verein­facht. Unser Kind befin­det sich zeit seines Lebens in einer Phase des Expe­ri­men­tie­rens. Es möchte heraus­fin­den, was gut ist und was schlecht. Und dabei schlägt es auch ab und zu über die Stränge. Das fordert einiges von uns alten Besser­wis­sern: viel Verständ­nis, vorwurfs­freies Nach­fra­gen, stän­di­ges Zuhören, endlo­ses Vertrauen und nicht zuletzt aushal­ten, aushal­ten, aushal­ten.

Lang­fris­tig zahlt sich das aus.

Claude Ramme, Jasmin Gygi (Erzie­hungs­be­ra­tende) und das kjz-Team

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Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».