kjz-Sprechstunde

«100 Prozent arbeiten und abpumpen – geht das?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes Team
Ich werde nach fünf Monaten Baby­pause meine Arbeit wieder zu hundert Prozent aufneh­men und möchte mein Baby stillen. Wie sind da Eure Erfah­run­gen? Funk­tio­niert das bei einem 100-Prozent-Pensum? Ich habe keine Möglich­keit, das Kind bei der Arbeit zu stillen und muss daher abpum­pen. Ich bin mit der Sache eigent­lich ziem­lich sicher, habe aber Angst, dass es zu stres­sig wird. Der Kleine hat immer noch einen 2h-Rhyth­mus (auch nachts). Habt ihr Tipps?

Beste Grüsse, C.H.

Liebe Frau C.H.

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Schön zu hören, dass Sie moti­viert am Stillen sind und es weiter­füh­ren möchten.

Grund­sätz­lich ist es möglich, Ihr Kind nach der Wieder­auf­nahme Ihrer Arbeit weiter­hin zu stillen, auch bei einem grossen Pensum. Manch­mal sugge­riert uns die Infor­ma­ti­ons­viel­falt aller­dings, dass alles rund ums Stillen eine Frage der Orga­ni­sa­tion ist. Das kann junge Mütter stark unter Druck setzen. Ich möchte Sie deshalb ermu­ti­gen, es auszu­pro­bie­ren, Ihnen aber aufzei­gen, dass es auch gute Misch­lö­sun­gen gibt. Da ich nicht weiss, wo Sie zeit­lich im Prozess stehen, lassen Sie mich Ihnen mit ein paar allge­mei­nen Gedan­ken antwor­ten.

Grund­sätz­lich hat jedes Kind sein eigenes Tempo bei der Entwick­lung. Dabei lassen sich die Reife­pro­zesse nicht beschleu­ni­gen und sie hängen alle zusam­men – die Möglich­kei­ten, wie sich das Kind selbst beru­hi­gen kann, die Schlaf­pha­sen sowie die Abstände vom Trinken. Der aktu­elle Zwei-Stunden-Rhyth­mus fordert viel von Ihnen. Da ist es wichtig, dass Sie auch selbst zwischen­durch zu genü­gend Ruhe kommen.

In den ersten Wochen ändert sich vieles in Bezug auf diesen Rhyth­mus. Manche Babys finden erst mit mehre­ren Monaten zu länge­ren Schlaf­pha­sen. Meist zeich­nen sich diese aber bereits früher ab, idea­ler­weise nachts. Viel­leicht entwi­ckelt Ihr Baby bald einen guten Tag-Nacht-Rhyth­mus, der auch Ihnen mehr Erho­lung bietet. Es lohnt sich in jedem Fall, diesen Reife­pro­zes­sen Raum zu geben und bei den Still­ab­stän­den nichts zu erzwin­gen.

Wenn sich der Still­rhyth­mus auf längere Abstände einge­spielt hat, können Sie damit begin­nen, erste Erfah­run­gen mit dem Abpum­pen zu sammeln. Grund­sätz­lich empfehle ich, frühes­tens nach sechs Wochen damit zu begin­nen. Zum Einstei­gen eignet sich dafür in der Regel der Morgen, jeweils nach dem ersten Stillen. Lassen Sie sich dabei nicht verun­si­chern, wenn Sie anfäng­lich nur kleine Mengen gewin­nen. Probie­ren Sie einfach einmal aus, wie Sie mit dem Abpum­pen zurecht­kom­men – es fühlt sich für alle Mütter unter­schied­lich an. Wichtig ist es, nicht zu oft zu pumpen, weil Sie ansons­ten die Milch­pro­duk­tion anregen. Abends können Sie Ihrem Baby die abge­pumpte Milch beispiels­weise im Schop­pen anbie­ten. Dabei braucht auch das Schop­pen­trin­ken etwas Übung, das verges­sen wir oft.

Schritt für Schritt können Sie so Erfah­run­gen sammeln. Gut möglich, dass es Ihnen gelingt, die ganze erfor­der­li­che Menge Milch abzu­pum­pen, wenn Sie wieder zur Arbeit gehen. Lassen Sie sich von diesem Ziel aber nicht zu fest unter Druck setzen! Sie sagen es richtig – es ist wichtig, sich dabei stress­frei zu fühlen. Sie dürfen deshalb im Hinter­kopf behal­ten: Für Ihr Baby ist es auch gut, wenn Sie nur einen Teil der Nahrung mit Mutter­milch abde­cken.

Für Misch­lö­sun­gen bieten sich Baby­mil­chen an, ergän­zen können Sie aber auch mit Brei. Damit können Sie frühes­tens nach vier Monaten anfan­gen. In unseren kjz-Ratge­bern finden Sie mehr Infor­ma­tio­nen rund um Brei und Ernäh­rung im ersten Lebens­jahr, Ernäh­rung mit der Baby­fla­sche sowie auch zu Ihrer eigenen Ernäh­rung während der Still­zeit.

In den kjz-Ratge­bern finden Sie auch allge­meine Infor­ma­tio­nen zum Stillen und Arbei­ten sowie zu den Themen Mutter­milch abpum­pen und aufbe­wah­ren oder Milch­stau und Brust­ent­zün­dung.

Dies waren ein paar allge­meine Gedan­ken zum Thema. In der persön­li­chen Bera­tung können wir indi­vi­du­ell auf Ihre Fragen einge­hen und Sie bei den einzel­nen Schrit­ten bis zum beruf­li­chen Wieder­ein­stieg beglei­ten. Auch wenn Ihr Baby nur schwer zur Ruhe finden oder sich die Still­ab­stände nicht vergrös­sern sollten – wir sind gerne für Sie da!

Esther Stauf­fer (Mütter-Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team 

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».