Fragen zur Erziehung und Entwicklung Ihrer Kinder und zum Familienalltag? Die Fachleute unserer Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) beraten Sie gern.
Zum kjz-BeratungsangebotStreit und Rivalität unter Geschwistern
Die meisten Geschwister streiten oft, spielen aber auch schnell wieder miteinander. Es gibt keine allgemeine Lösung, wie Eltern auf Streit, Eifersucht und andere negative Gefühle zwischen Geschwistern reagieren sollen. Oft hilft es, Ruhe zu bewahren und erst einmal zu beobachten, statt sofort einzugreifen.
Weshalb streiten Geschwister und warum ist das wichtig?
Kinder wollen ihre Position und Bedeutung in der Familie sichern. Rivalität und Streit unter Geschwistern ist daher normal. Gerade in der Trotzphase (ca. ab dem 18. Monat bis 4.5 Jahre) und in der Pubertät können Geschwister häufig streiten. Es gibt zudem Situationen, in denen sich Streitereien häufen. Zum Beispiel wenn die Kinder müde, hungrig, gereizt oder krank sind. Oder wenn sie sich langweilen, gerade an den Wochenenden oder in den Ferien. Der Streit dient auch als Ventil, zum Beispiel wenn ein Kind frustriert ist. Auch Eifersucht, gerade auf das Neugeborene, kann zu Streit führen.
Streitereien unter Geschwistern gehören zur kindlichen Entwicklung; denn der Streit ist zunächst die kindgemässe Art zu reagieren, wenn ein Kind mit der Meinung der Geschwister nicht einverstanden ist. Es geht darum, sich zu behaupten und sich durchzusetzen. Im Streit lernen Kinder, Kompromisse zu schliessen und sich wieder zu versöhnen. Geschwister bieten die beste Gelegenheit, «erfolgreich» streiten zu lernen.
Was kann helfen, um die Streitereien zu reduzieren?
Vermeiden lassen sich Streitereien unter Geschwistern nicht. Für Kinder sind diese Auseinandersetzungen auch wichtig, damit sie lernen, Konflikte auszutragen. Eltern und Bezugspersonen können aber dazu beitragen, dass sie weniger heftig ausgetragen oder gut gelöst werden. Diese Empfehlungen können Ihnen dabei helfen:
- Eltern sind Vorbilder für Kinder. Indem Sie in der Familie respektvoll miteinander umgehen und sich an Streitregeln halten, können Sie die Atmosphäre zu Hause positiv beeinflussen.
- Behandeln Sie jedes Kind individuell und seinem Alter entsprechend. Ein älteres Kind, das länger aufbleiben darf und mehr Taschengeld bekommt, ist grundsätzlich weniger eifersüchtig und daher wahrscheinlich eher bereit, in einem Streit auch einmal nachzugeben. Für Kinder ist es auch schön, wenn die Mutter und der Vater mit jedem Kind regelmässig alleine Zeit verbringen.
- Kinder haben unterschiedliche Stärken. Fördern und achten Sie diese, anstatt die Kinder zu vergleichen. Denn jedes Kind möchte geachtet werden und sich wertvoll fühlen.
- Es kann helfen, wenn die Kinder ihren eigenen Bereich haben und nicht alles miteinander teilen müssen. Zwingen Sie Ihre Kinder nicht, ihre Geschwister immer mitzunehmen, und lassen Sie diese ein Spielzeug auch für sich alleine haben.
Wann sollten Sie eingreifen?
Oft gelingt es den Geschwistern, den Streit ohne fremde Hilfe zu beenden. Viele Expertinnen und Experten raten deshalb, sich erst einmal rauszuhalten und zu beobachten. Oft sind Eltern nicht beim ganzen Streit dabei, greifen Sie deshalb nicht sofort als Schiedsrichter ein und machen Sie keine Schuldzuweisungen.
Es kann jedoch sinnvoll sein, gemeinsam mit Ihren Kindern Regeln für die Streitereien aufzustellen. Wenige Spielregeln, wie beispielsweise «nicht beissen», «nicht mit spitzen Gegenstände aufeinander losgehen», können helfen.
Damit die Kinder selbst einen Streit schlichten können, empfehlen die Expertinnen Adele Faber und Elaine Mazlish Folgendes:
- Nehmen Sie die Wut Ihrer Kinder ernst.
- Hören Sie jedem Kind aufmerksam zu.
- Zeigen Sie Verständnis für die jeweiligen Probleme.
- Erklären Sie ihnen, dass Sie darauf vertrauen, dass sie eine Lösung finden.
- Verlassen Sie den Raum
In gewissen Fällen sollten Sie aber eingreifen:
- Wenn ein Kind unberechenbar aggressiv reagiert und so wütend ist, dass es seine Grenzen nicht mehr sieht oder ein Kind verletzt.
- Wenn mehrere Kinder auf ein einzelnes Kind losgehen. Hier hilft es, die Kinder räumlich zu trennen, damit sie sich beruhigen können.
- Wenn sich die Kinder nicht an die vereinbarten Regeln halten. Falls Sie nicht eingreifen, stellen die Kinder die Regeln in Frage. Prüfen Sie dabei, weshalb eine Regel nicht eingehalten wurde. Möchte Ihr Kind dadurch Ihre Aufmerksamkeit gewinnen oder ist es mit der Regel überfordert?
Überlegen Sie nach einem Streit, wie es dazu gekommen ist und was nützen könnte, um die gleiche Situation zu vermeiden. Tauschen Sie sich mit Ihren Kindern aus und besprechen Sie mit ihnen den Streit, wenn sich die Situation beruhigt hat. Loben Sie Ihre Kinder, wenn sie einen Streit ohne Ihre Hilfe gut gelöst haben.
Hinweis: Oft gelingt es Kindern, den Streit selbstständig zu beenden.
Was tun, wenn es einem zu viel wird?
Konflikte unter den Kindern können belastend sein und es gelingt nicht immer, als Eltern richtig zu reagieren. Sie dürfen auch zeigen, dass Sie verletzt oder wütend sind. Reagieren Sie bei einem Streit Ihrer Kinder übermässig oder schätzen Sie die Situation falsch ein, ist es hilfreich, das zuzugeben und sich zu entschuldigen.
Wenn Sie merken, dass Sie mit den Streitereien Ihrer Kinder überfordert sind oder das Gefühl haben, eines der Kinder leidet unter den ständigen Streitereien, wenden Sie sich an das Kinder- und Jugendhilfezentrum (kjz) in Ihrer Nähe. Wir unterstützen Sie gerne.
Eine Auswahl an weiterführenden Informationen und Buchempfehlungen
Verschiedene Podcasts von Pro Juventute, Kinderspital Zürich und Elternbildung Schweiz helfen, mit Streitereien umzugehen.
Der Elternbrief «Streit und Versöhnung» von Pro Juventute gibt Ihnen weitere Tipps.
Remo H. Largo: Babyjahre. Piper Verlag, München, 2017.
Jeanette Stark-Städele: Wenn das zweite Kind kommt. Was ein Geschwisterchen alles ändert. Urania Verlag, Freiburg, 2013.
Adele Faber und Elaine Mazlish: Hilfe, meine Kinder streiten – Wie Sie Geschwistern helfen, einander zu respektieren. Oberstebrink, München, 2018.