Max Elmiger, Direktor Caritas Zürich

Gemeinsam gegen Kinderarmut im Kanton Zürich

Kinder, Jugend­li­che und allein­er­zie­hende Eltern­teile gehören zu den Gruppen mit den höchs­ten Armuts­ri­si­ken. Was macht es aus, dass jemand aus der Armuts­falle heraus­fin­det?

Im Kanton Zürich sind Kinder bis 17 Jahre beinahe doppelt so oft in der Sozi­al­hilfe wie der Durch­schnitt. Insge­samt sind das über 15 000, was immer­hin einer Gemeinde wie Walli­sel­len entspricht. Aber man sieht es ihnen kaum an. Arm sein heisst: Ein Kind lebt in einer prekä­ren Wohnung, hat wenig Ruhe und Unter­stüt­zung, um Aufga­ben zu machen. Armut ist unsicht­bar und scham­be­haf­tet. In der schlimms­ten Form bedeu­tet sie Isola­tion. Und Armut kann sich auf die Kinder über­tra­gen in ihrer Entwick­lung. Bewusst sollte man nicht von Armutsverer­bung spre­chen. Es gibt grosse Chancen, dass Jugend­li­che aus der Spirale heraus­fin­den. Aber was macht es aus, dass es die einen schaf­fen? Unter «Resi­li­enz» werden die Fähig­kei­ten und Möglich­kei­ten beschrie­ben, schwie­rige Lebens­si­tua­tio­nen zu bewäl­ti­gen. Prekäre Bedin­g­ungen, die wenig Spiel­raum bieten, um nega­tive, uner­war­tete Verän­de­run­gen der bedroh­li­chen Lebens­um­stände aufzu­fan­gen, sollen aufge­bro­chen werden. Beispiels­weise plötz­li­che Arbeits­lo­sig­keit bei den Eltern oder eine Schei­dung haben massive Auswir­kun­gen, worun­ter als Erste auch die Kinder leiden. Deshalb b­einhal­tet die Über­win­dung von Armut zuerst die Ana­lyse des Fami­li­en­sys­tems und die Stär­kung der Resi­li­enz auf der indi­vi­du­el­len Ebene, das heisst die Verringe­r­ung ihrer Angreif­bar­keit durch widrige Umstände, sowie Ausbau ihrer Chancen und Möglich­kei­ten, Veränderung­en besser zu hand­ha­ben. Die Forschung zeigt, dass nebst verschie­de­ner eigener Fähig­kei­ten wie die Problem­lö­se­kom­pe­tenz mindes­tens eine erwach­sene Bezugs­per­son wichtig ist, welche Wert­schät­zung und Zuwen­dung gibt, und gleich­zei­tig das Kind (heraus-)fordert, weil sie ihm etwas zutraut. Frei­wil­lig Mitar­bei­tende gestal­ten Bezie­hun­gen effi­zi­ent: Sie kommen sehr nahe an ein Kind heran, beglei­ten es länger­fris­tig und nach­hal­tig durch eine Krise hindurch oder in einem Entwick­lungs­pro­zess und stärken die Eigen­kräfte. Caritas Zürich und andere private Orga­ni­sa­tio­nen ergän­zen die Arbeit des AJB dadurch ideal. Sie garan­tie­ren mit ihrem profes­sio­nel­len Perso­nal seriöse Abklä­run­gen, über­prü­fen, ob die «Chemie» zwischen frei­wil­li­ger erwach­se­ner Person (Mentor/in) und dem Kind (Mentee) passt und unter­stüt­zen wo nötig im Hinter­grund die Frei­wil­li­gen. Wichtig sind der klare Auftrag und trans­pa­rente Rahmen­be­din­gun­gen, mit einer Verein­ba­rung wird Verbind­lich­keit herge­stellt. Mento­ring-Ange­bote sind attrak­tiv: Bei Inter­es­sier­ten wird die fach­li­che Kompe­tenz ange­spro­chen, sie erwar­tet ein vertief­ter Einblick in eine fremde Welt, und es entste­hen häufig erfül­lende Bezie­hun­gen.

Kinder von belas­te­ten und armuts­be­trof­fe­nen Fami­lien werden von frei­wil­li­gen Patin­nen und Paten regel­mäs­sig in der Frei­zeit bei Schul­auf­ga­ben und sinn­vol­ler Frei­zeit­ge­stal­tung betreut. Es ist erstaun­lich, wie selbst durch punk­tu­el­les Mento­ring im Caritas-Angebot «mit mir» der Schul­erfolg gestei­gert werden kann. Caritas prüft die Moti­va­tion der Frei­wil­li­gen sehr sorg­fäl­tig; der Kindes­schutz erlaubt keine Fehler. Analog wird die Methode Mento­ring bei Jugend­li­chen auf Lehr­stel­len­su­che ange­wen­det. Beim AJB heisst dies «Mento­ring Ithaka», bei der Caritas Zürich «incluso». Wir ergän­zen uns geogra­fisch und bei verschie­de­nen Ziel­grup­pen. Der Fach­aus­tausch ist sehr wichtig. Wir arbei­ten part­ner­schaft­lich zusam­men mit dem glei­chen Ziel. Beglück­wün­schen wir also nicht nur das AJB, sondern auch das mit ihm erfolg­rei­che Netz­werk. Es braucht die Viel­falt an Orga­ni­sa­tio­nen, um möglichst alle zu errei­chen, die Unter­stüt­zung brau­chen.

Max Elmiger
Direktor Caritas Zürich