Trennung und Scheidung – Eltern erzählen

Auch eine richtige Entscheidung kann falsch kommuniziert werden

Eltern sind bei einer Tren­nung oder Schei­dung stark mit sich selbst beschäf­tigt. Dabei verges­sen sie leicht, dass ihre Kinder und Noch-Partner oder -Part­ne­rin­nen vor genauso grossen Heraus­for­de­run­gen stehen. In dieser Serie schauen Eltern, die sich vor vielen Jahren getrennt haben, zurück und reflek­tie­ren ihr eigenes Verhal­ten.

Silhouette einer Frau in der Farbe pink auf beigem Hintergrund. Rechts von ihr steht ein Zitat.

Simona Schmid* (33), trennte sich vor drei Jahren von ihrem Ex-Partner und dem Vater ihres inzwi­schen 10-jähri­gen Sohnes Samuel.

Wir waren noch sehr jung, als wir Eltern wurden. Ich war 24 Jahre alt und mitten im Studium, mein Ex-Partner etwas älter als ich. Wir kannten uns ausser­dem noch nicht sehr lange, als ich schwan­ger wurde. Doch wir waren uns einig, dass wir das Kind behal­ten und uns zusam­men darum kümmern würden. Das funk­tio­nierte die ersten zwei bis drei Jahre auch gut. Wir waren verliebt, mein Ex-Partner war bereits berufs­tä­tig und ich konnte weiter studie­ren und daneben auch etwas arbei­ten. Doch mit einem kleinen Kind waren wir natür­lich in einer ganz anderen Gesamt­si­tua­tion als die meisten unserer Freunde und Bekann­ten. Das war immer wieder eine Belas­tung und wir waren uns nicht immer einig in allen Fragen. Mit der Zeit wurde es schwie­ri­ger, wir hatten immer öfter Diskus­sio­nen und waren uns immer mehr uneinig. Als unser Sohn drei Jahre alt war, hielt ich es nicht mehr aus und bin mit dem Jungen ausge­zo­gen.

Wir wollten uns damals aber nicht defi­ni­tiv trennen. Auch zum Wohl unseres Sohnes wollten wir nur eine Pause machen, um zu sehen, ob es nach einem Neuan­fang doch noch gemein­sam klappen könnte. In dieser Zeit wohnte der Junge bei mir, die Wochen­en­den sowie zwei Feri­en­wo­chen verbrachte er bei seinem Vater. Etwa acht oder neun Monate lang sahen wir einan­der nur, wenn wir Samuel beim jewei­lig anderen abhol­ten.

Nach etwa acht Monaten began­nen wir uns einan­der wieder anzu­nä­hern. Wir wollten nichts über­stür­zen, aber wir beschlos­sen schon bald, dass wir es nochmal als Familie versu­chen wollen. Kurz darauf ist Samuels Vater wieder bei uns einge­zo­gen.

Diesmal hatte ich sofort ein ganz schlech­tes Gefühl. Weniger wegen mir selbst, sondern vor allem wegen Samuel. Er war inzwi­schen fast 7-jährig und würde alles mitbe­kom­men und verste­hen wollen.

Wir waren glück­lich. Ich war froh, dass wir wieder eine Familie waren. Samuel hatte darun­ter gelit­ten, seinen Vater viel weniger zu sehen, als er es gewohnt war, und freute sich natür­lich beson­ders. Das wünscht sich ja jedes Kind, dass es seine Eltern immer um sich hat. Bei unserer Pause war er noch sehr klein und verstand nicht wirk­lich, warum sein Papa plötz­lich nicht mehr zuhause war respek­tive warum wir woan­ders wohnten und sein Papa nicht mit uns mit gezü­gelt war.

Nach etwa zwei Jahren begann für mich aber wieder der gleiche Zyklus wie zuvor. Da wurde es mir jeden­falls bewusst, begon­nen hatte es wohl schon früher. Diesmal hatte ich sofort ein ganz schlech­tes Gefühl. Weniger meinet­we­gen, als viel mehr wegen Samuel. Er war inzwi­schen fast 7-jährig und würde alles mitbe­kom­men und verste­hen wollen, aber nicht alles verste­hen können. Ausser­dem wusste ich weder wie sein Vater reagie­ren würde noch wie ich – oder wir – Samuel alles erklä­ren sollten.

Samuel war bei seinen Gross­el­tern übers Wochen­ende, als ich seinem Vater sagte, dass ich nicht mehr so weiter­ma­chen könne und wolle, und er auszie­hen müsse. Zunächst reagierte er verständ­nis­los, danach resi­gniert. Er wollte mich über­zeu­gen, es nochmal zu versu­chen, auch um Samuels Willen, der doch eine intakte Familie verdient hätte. Wir hatten es aber genau aus diesem Grund bereits ein zweites Mal versucht und ich war nicht bereit für einen weite­ren Versuch, den ich für aussichts­los hielt.

Ich bin sicher mit vielem nicht einver­stan­den, was mein Ex-Partner damals getan und gesagt hatte, aber wenn es um Samuel geht, war und ist er immer ein guter Vater.

Ich hatte damals beschlos­sen, dass ich es Samuel alleine mittei­len wollte – gegen den Wunsch meines Ex-Part­ners. Dass die Tren­nung die rich­tige Entschei­dung war, davon bin ich immer noch über­zeugt. Rück­bli­ckend wäre es aber wahr­schein­lich besser gewesen, wir hätten gemein­sam mit Samuel gespro­chen und ihm die Situa­tion erklärt. So erhielt Samuel nur Einblick in meine Sicht.

Heute haben die beiden dennoch eine gute und starke Bezie­hung. Samuel wohnt zwar mehr­heit­lich bei mir, weil er hier in die Schule geht und sein Vater in einem anderen Ort lebt, aber er verbringt viele Wochen­en­den und einen grossen Teil seiner Ferien bei ihm. Ich bin sicher mit vielem nicht einver­stan­den, was mein Ex-Partner damals getan und gesagt hatte, aber wenn es um Samuel geht, war und ist er immer ein guter Vater.

* alle Namen geän­dert

Unter­stüt­zung für Eltern in Tren­nung

Eine Tren­nung müssen Sie nicht alleine durch­ste­hen. Im Kanton Zürich unter­stüt­zen Sie die Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­tren (kjz) an drei­zehn Stand­or­ten.

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Medi­en­emp­feh­lun­gen zum Thema

Die Empfeh­lun­gen für Kinder und Eltern der Stadt- und Regio­nal­bi­blio­thek Uster sowie die im Folgen­den aufge­lis­te­ten Medien der PBZ Pesta­lozzi Biblio­thek Zürich sind in diver­sen Biblio­the­ken des Kantons Zürich zu finden.

Für Kinder

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    Sachbilderbuch, Geschichte mit Infor­ma­tio­nen zur Diskus­sion mit Kindern ab 5 Jahren
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Für Eltern

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