Trennung und Scheidung – Eltern erzählen

Zeit heilt viele Wunden, aber Verlorenes bleibt verloren

Eltern sind bei einer Tren­nung oder Schei­dung stark mit sich selbst beschäf­tigt. Dabei verges­sen sie leicht, dass ihre Kinder und Noch-Partner oder -Part­ne­rin­nen vor genauso grossen Heraus­for­de­run­gen stehen. In dieser Serie schauen Eltern, die sich vor vielen Jahren getrennt haben, zurück und reflek­tie­ren ihr eigenes Verhal­ten.

Silhouette eines Mannes in der Farbe petrol auf beigem Hintergrund. Links davon ein Zitat.

Peter Licht­stei­ner* (55), liess sich vor 15 Jahren schei­den, die gemein­sa­men Kinder waren damals 13 und 10 Jahre alt.

Wir waren Teen­ager, als wir uns damals kennen­lern­ten. Es war eine klas­si­sche Geschichte. Wir gingen auf die gleiche Schule, zogen mit Anfang 20 zusam­men, als wir an der glei­chen Uni studier­ten, und heira­te­ten zwei Jahre nach unserem Abschluss. Wir waren beide ehrgei­zig im Berufs­le­ben. Als unserer Tochter Jasmin* auf dem Weg war, entschie­den wir jedoch, dass meine dama­lige Frau nach der Geburt vorerst zuhause bleiben würde. Zunächst schien uns das die rich­tige Entschei­dung. Rück­bli­ckend war es wahr­schein­lich der Anfang unserer Probleme, die schliess­lich in der Schei­dung münde­ten.

Nach der Geburt von Fabian* erlitt meine Ex-Frau eine postpar­tale Depres­sion. Sie ging in Thera­pie und ich redu­zierte mein Pensum, um zuhause mehr Verant­wor­tung zu über­neh­men. Wir machten uns das irgend­wann gegen­sei­tig zum Vorwurf. Sie meinte, ich hätte sie über­re­det, ganz aufzu­hö­ren zu arbei­ten, was sie nie gewollt hätte und ich verstand nicht, wie sehr die Depres­sion sie geschwächt hatte und warf ihr ihre Krank­heit und den Einschnitt in meine Karriere vor. Lange gärten unsere Probleme unter der Ober­flä­che, ohne dass wir unsere Gefühle ange­spro­chen hätten.

Eines Tages lernte sie einen Mann kennen, mit dem sie sich auszu­tau­schen und zu flirten begann. Ich fand das heraus und war erschüt­tert. Sie hatte keine körper­li­che Affäre mit ihm, aber sie konnte mit ihm über ihre Gefühle reden, wie sie es mit mir seit Jahren nicht mehr getan hatte. Ich war einer­seits verletzt, ande­rer­seits unglaub­lich wütend. Auf sie, aber auch auf mich selbst. Die folgen­den Monate waren für uns, und leider auch für unsere Kinder, eine Qual. Wir strit­ten oft, wollten uns dann doch um der Kinder Willen wieder zusam­men­rau­fen, hielten es aber kaum länger als eine Woche aus, ohne dass es wieder krachte. Wir haben uns derart über­wor­fen, dass wir irgend­wann einse­hen mussten, dass es so zusam­men nicht mehr weiter­ge­hen konnte.

Lange gärte es unter der Ober­flä­che, ohne dass wir unsere Gefühle ange­spro­chen hätten.

Wir haben uns am Ende zwar nicht im Guten, aber in Einig­keit zur Schei­dung entschlos­sen. Wir haben auch zusam­men mit den Kindern gespro­chen und ihnen gesagt, dass wir uns trennen und ich auszie­hen werde. Kurz darauf habe ich meine Sachen gepackt.

Ich habe mich danach mehr oder weniger komplett zurück­ge­zo­gen. Nach der Schei­dung lebten die Kinder weiter bei meiner Ex-Frau und ich hatte nur noch wenige Besuchs­rechte und musste Alimente bezah­len. Damit war ich grund­sätz­lich auch einver­stan­den, schliess­lich hatte meine Ex-Frau lange über­haupt nicht und danach nur in kleinen Pensen gear­bei­tet. Darüber hinaus konnte ich jedoch noch sehr lange nicht mit ihr reden oder auch nur in ihrer Nähe sein. So habe ich auch viele Besuche meiner Kinder nicht wahr­ge­nom­men. Das ging einige Jahre so. Das ist das, was ich rück­bli­ckend bereue. Ich hätte mich nicht derart von den Kindern entfer­nen sollen. Sie hätte mich gebraucht und ich sie auch.

Wichtig ist mir, dass es mit den Kindern wieder gut läuft. Aber die verpass­ten Jahre als sie Teen­ager waren, die tun mir auch heute noch weh.

In dieser Hinsicht war meine Ex-Frau mir gegen­über immer fair. Sie hat mich bei den Kindern nie schlecht gemacht, hat ihnen immer wieder zu erklä­ren versucht, wie schwie­rig alles für mich war und dass ich sie weiter­hin liebte und sie mich jeder­zeit kontak­tie­ren durften. Mir hat sie dann schon das eine oder andere mal «den Kopf gewa­schen» deswe­gen. Aber auf sie wollte ich damals nicht hören.

Heute habe ich zum Glück wieder ein viel besse­res Verhält­nis zu beiden Kindern. Mit meiner Ex-Frau habe ich weiter­hin nur den nötigs­ten Kontakt und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Das ist für uns beide aber auch in Ordnung, denke ich. Wichtig ist mir, dass es mit den Kindern wieder gut läuft. Aber die verpass­ten Jahre als sie Teen­ager waren, die tun mir auch heute noch weh.

*alle Namen geän­dert

Unter­stüt­zung für Eltern in Tren­nung

Eine Tren­nung müssen Sie nicht alleine durch­ste­hen. Im Kanton Zürich unter­stüt­zen Sie die Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­tren (kjz) an drei­zehn Stand­or­ten.

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Medi­en­emp­feh­lun­gen zum Thema

Die Empfeh­lun­gen für Kinder und Eltern der Stadt- und Regio­nal­bi­blio­thek Uster sowie die im Folgen­den aufge­lis­te­ten Medien der PBZ Pesta­lozzi Biblio­thek Zürich sind in diver­sen Biblio­the­ken des Kantons Zürich zu finden.

Für Kinder

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    Eine Geschichte zum Lesen, Erzäh­len und Spielen über die Rechte von Kindern in einem Verfah­ren (Geschichte mit recht­li­chen Infor­ma­tio­nen)
  • Was, wenn Eltern ausein­an­der­ge­hen? | Dagmar Geisler
    Sachbilderbuch, Geschichte mit Infor­ma­tio­nen zur Diskus­sion mit Kindern ab 5 Jahren
  • Und was wird jetzt mit mir? | Schei­dung – Die besten Antwor­ten auf wich­tige Kinder­fra­gen | Jan von Holle­ben, Arne Jorgen Kjos­bak­ken, Dialika Neufeld
    Ratgeber für Kinder
  • Juri West sieht rot | Doris Meissner-Johannknecht
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    Geschichte zum Thema Sehn­sucht nach dem Vater, zum Vorle­sen
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  • Und Papa seh ich am Wochen­ende | Martina Baum­bach, Barbara Korthues
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Für Eltern

  • Eltern bleiben nach der Tren­nung | Was Ex-Partner für sich und ihre Kinder wissen sollten | Mari­anne Nolde
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  • Gemein­sam Eltern bleiben | Trotz Tren­nung oder Schei­dung | Margret Bürgis­ser
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  • Kindern bei Tren­nung und Schei­dung helfen | Psycho­lo­gi­scher und juris­ti­scher Rat für Eltern | Claus Koch, Chris­toph Stre­cker
  • Mut zur Tren­nung | Plädoyer für eine mutige und produk­tive Entschei­dung – Kinder brau­chen Aufrich­tig­keit | Jutta Martha Beiner