kjz-Ratgeber

Trotzen und selbst­ständig werden

kjz-Ratgeber, Erziehung, 2-5 Jahre

Die Trotz­phase kann für Eltern zur Gedulds­probe werden, für Kinder ist sie aber wichtig. Trotzen ist ein notwen­di­ger Schritt für die Persön­lich­keits­ent­wick­lung und nicht die Folge einer falschen Erzie­hung. Die folgen­den Empfeh­lun­gen können helfen, die Trotz­an­fälle zu verste­hen und ange­mes­sen darauf zu reagie­ren.

Warum trotzen Kinder?

Zwischen dem 18. und 24. Lebens­mo­nat wollen Kinder die Welt entde­cken und entwi­ckeln eigene Ideen. Dabei stossen sie immer wieder an Grenzen. Diese Grenzen können Regeln und Verbote der Eltern sein oder aber die eigenen Grenzen. Zum Beispiel weil sie etwas noch nicht so gut können, wie sie es gerne möchten. Das ist frus­trie­rend und kann Kinder wütend und verzwei­felt machen. Da sie noch nicht gelernt haben, mit ihren Gefüh­len umzu­ge­hen, trotzen sie. Diese Erfah­run­gen sind sehr wichtig für Kinder. Sie legen den Grund­stein, damit sie sich als Erwach­sene an Regeln halten können. Auch helfen sie Kindern zu lernen, mit ihren Gefüh­len sowie mit Stress und Frust umzu­ge­hen. Fach­leute spre­chen deshalb von einer Auto­no­mie­phase. Denn nicht das Trotzen ist in diesem Lebens­ab­schnitt entschei­dend, sondern das Selbst­stän­dig­wer­den.

Hinweis: Ihr Kind trotzt nicht, um Sie zu ärgern.

Wie und wann trotzen Kinder?

Die Trotz­phase (oder Auto­no­mie­phase) kann ab dem 18. Monat begin­nen und dauert bis zum Alter von ca. 4.5 Jahren. Sie ist bei jedem Kind unter­schied­lich inten­siv. Je nach Tempe­ra­ment kann auch ein stummer Protest oder der Rückzug in das eigene Zimmer Ausdruck von Trotz sein.

Sobald Ihr Kind ab dem dritten Lebens­jahr lernt, sich mehr über Sprache und Hand­lun­gen auszu­drü­cken, verrin­gern sich die Trotz­anfälle meist.

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In unserem Ratgeber finden Sie viele weitere Themen rund um die Entwicklung von Babys und Kindern mit Tipps zur Erziehung und zum Familienalltag.

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Sie können Ihr Kind während eines Trot­z­aus­bruchs unter­stüt­zen

  • Nehmen Sie es nicht persön­lich: Ganz gleich, wie heftig ein Kind tobt oder schimpft, bezie­hen Sie es nicht auf sich. Ihr Kind ist wütend auf die Situa­tion oder auf sich selbst.
  • Warten Sie, bis der Sturm sich legt: Wenn Ihr Kind einen Trotz­an­fall erlebt, ist es meist am besten, Sie lassen es in Ruhe, bleiben Sie aber immer bei ihm. Ihr Kind in diesem Moment zu trösten oder ihm die Situa­tion zu erklä­ren, macht es oft schlim­mer.
  • Bleiben Sie sich treu: Geben Sie nicht nach, wenn Ihr Kind während eines Trot­z­aus­bruchs etwas möchte. Sonst lernt es, dass es etwas kriegt, wenn es nur genug tobt oder schreit.
  • Nehmen Sie Ihr Kind nach dem Ausbruch in den Arm: Kinder benö­ti­gen Trost und Nähe nach einem Wutan­fall. Häufig haben sie ein schlech­tes Gewis­sen. Haben Sie Verständ­nis für die frus­trie­rende Situa­tion und die ausge­lös­ten Gefühle. Und zeigen Sie ihm, wie lieb Sie es haben.
  • Bestra­fen Sie nicht: Liebes­ent­zug, Drohun­gen, Abwer­tung oder Gewalt helfen Ihrem Kind nie. Beim nächs­ten Mal unter­drückt es aus Angst vor der Strafe die Wut. Es versteht aber nicht, was es falsch gemacht hat und lernt nicht, mit Frus­tra­tion umzu­ge­hen.
  • Helfen Sie Ihrem Kind, Gefühle zu benen­nen: Es hilft, wenn Sie ausspre­chen, was Sie wahr­neh­men. Zum Beispiel: «Du warst am Spielen und ich habe gesagt: ‹Jetzt müssen wir gehen›. Du woll­test lieber weiter­spie­len. Das hat dich dann so wütend gemacht, dass du das Spiel­zeug gleich rumge­wor­fen hast.»

Wie können Sie Trot­z­aus­brü­che redu­zie­ren?

Trotz­an­fälle können nicht verhin­dert werden. Das Alter und das Tempe­ra­ment eines Kindes bestim­men, wie ausge­prägt es trotzt. Auch gehören Frus­tra­tio­nen zum Leben. Wenn Sie aus Angst vor einem Wutan­fall keine Grenzen setzen, wird Ihr Kind diese wich­tige Erfah­rung nicht machen und den Umgang damit nicht lernen. Die Art und Weise, wie Eltern mit den Wutan­fäl­len umgehen, kann jedoch beein­flus­sen, wie häufig die Anfälle vorkom­men. Diese Empfeh­lun­gen können Ihnen dabei helfen:

  • Versu­chen Sie, so gut wie möglich Situa­tio­nen zu vermei­den, in denen Ihr Kind häufig trotzt. Beob­ach­ten Sie Ihr Kind, um kriti­sche Momente zu erken­nen und vorzu­beu­gen. Durst, Hunger, Lange­weile, Müdig­keit oder Über­for­de­rung können zu einem ­Trotz­anfall führen. Aber auch wenn ein Kind krank ist, kann es trotzen.
  • Es gibt Über­gänge, die zu Trotz­an­fäl­len führen können. Beispiels­weise wenn Ihr Kind am Spielen ist und Sie es unter­bre­chen, um es zur Krippe oder zu den Gross­el­tern zu bringen. Sie helfen Ihrem Kind, wenn Sie für solche Über­gänge genü­gend Zeit einpla­nen.
  • Um Ihr Kind nicht zusätz­lich zu verwir­ren, sollten Verbote und Regeln klar und alters­ge­recht formu­liert werden. Mehr zu Regeln finden Sie unter dem kjz-Ratge­ber «Streit und Geschwis­ter­ri­va­li­tät». Zum Beispiel dafür, wie man über die Strasse geht oder zum Umgang mit Geschwis­tern. Dabei ist weniger oft mehr. Stän­dige Anwei­sun­gen, wie: «Sei still!» oder «Pass auf!» nützen nicht viel. Zudem ist es hilf­reich, die Regeln immer wieder dem Alter Ihres Kindes anzu­pas­sen. Sie können Ihr Kind unter­stüt­zen, indem Sie ein Vorbild sind und sich selbst an die aufge­stell­ten Regeln halten.
  • Schaf­fen Sie Situa­tio­nen, in denen Ihr Kind selbst­stän­dig sein kann. Muten Sie Ihrem Kind etwas zu und greifen Sie nicht zu schnell ein. Es ist hilf­reich, wenn Sie dafür viel Zeit einrech­nen.

Was tun, wenn es einem zu viel wird?

Es kann für Sie sehr belas­tend sein, wenn Ihr Kind immer wieder Wutan­fälle durch­lebt. Nicht nur das Schreien und Toben kann schwie­rig zu ertra­gen sein. Auch die Reak­tio­nen, Meinun­gen oder Vorwürfe anderer Perso­nen. Zudem kann man von sich selbst enttäuscht sein, wenn man nicht so handelt, wie man es von sich erwar­tet. Wenn Sie merken, dass Sie an Ihre Grenzen stossen, wenden Sie sich an das Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­trum (kjz) in Ihrer Nähe. Wir unter­stüt­zen Sie gerne. In Eltern­bil­dungs­kur­sen erhal­ten Sie zudem wert­volle Ratschläge. Nehmen Sie sich auch Zeit für sich selbst. Dabei können Sie zum Beispiel Baby­sit­ter, Kitas oder Spiel­grup­pen unter­stüt­zen.

Eine Auswahl an weiter­füh­ren­den Infor­ma­tio­nen und Veran­stal­tungs­hin­weise

In der Broschüre «Ange­bote für Eltern mit kleinen Kindern» ­finden Sie pro Bezirk wich­tige Anlauf­stel­len zur Baby­sit­ter­ver­mitt­lung, Spiel­grup­pen sowie weitere hilf­rei­che Adres­sen.

Verschie­dene Podcasts von Pro Juven­tute, Kinder­spi­tal Zürich und Eltern­bil­dung Schweiz helfen, um mit der neuen Situa­tion umzugehen.
Der Extra­brief «Trotz­al­ter» von Pro Juven­tute gibt Ihnen weitere Tipps zum Umgang mit Ihrem Kind.