Fragen zur Erziehung und Entwicklung Ihrer Kinder und zum Familienalltag? Die Fachleute unserer Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) beraten Sie gern.
Zum kjz-Beratungsangebot«Unsere Tochter (18) will gegen unseren Willen mit ihrem Freund zusammenziehen»
Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei grösster Elternliebe froh um ein bisschen Unterstützung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erziehung weiss das Experten-Team unserer kjz-Sprechstunde Rat. Kompetent, anonym und unkompliziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!
Liebes kjz
Unsere 18-jährige Tochter hat gerade ihre Ausbildung begonnen. Sie möchte gegen unseren Willen zu ihrem gleichaltrigen Freund ziehen, den sie erst seit ein paar Monaten kennt. Wir konnten ihr den Entschluss nicht ausreden. Miete müsste sie nicht zahlen.
Für mich ist das ein grosses Problem, da ich unter Verlustängsten leide. Unsere Tochter würde am neuen Ort über eine Stunde entfernt wohnen und ich könnte aus gesundheitlichen Gründen nicht so weit fahren.
Ich bin sehr traurig und verzweifelt darüber und weiss nicht, was ich machen soll. Ich habe Angst, dass sie ihr Leben wegen ihres Freundes aufgibt, keine Freunde mehr hat, nur noch zuhause sitzt und für ihn die Mutter spielt, da er noch ziemlich unreif scheint.
Familie A.
Liebe Familie A.
Die Zeit rund um die Volljährigkeit der Kinder ist eine grosse Herausforderung für die ganze Familie. Eltern und Kinder sind oft nicht einer Meinung. Dies gehört zum Ablösungsprozess, ist ganz normal und auch wichtig. Die jungen Erwachsenen streben nach Freiheit und Selbstständigkeit und die Eltern müssen sich darin üben, loszulassen und Vertrauen zu haben. Die Familienkonstellation verändert sich. Die Eltern müssen sich damit auseinandersetzen und damit zurechtkommen, irgendwann wieder zu zweit zu wohnen.
Ihre Tochter ist 18 und somit volljährig. Sie kann grundsätzlich wohnen, wo sie möchte. Sie braucht dafür nicht mehr Ihr Einverständnis. Offenbar ist sie für Ihre Argumente, weiterhin bei Ihnen zu wohnen, nicht zugänglich. Sie scheint Ihren eigenen Kopf zu haben und genau zu wissen, was sie will. Diese Eigenschaften deuten darauf hin, dass sie weder ihr eigenes Leben noch ihren Freundeskreis aufgeben wird, wenn sie mit ihrem Freund zusammenwohnt, und sie auch bei ihrer Ausbildung am Ball bleiben wird. Versuchen Sie Ihrer Tochter zu vermitteln, dass Sie weiterhin für sie da sind, wenn sie Sie braucht, und dass sie wieder zu Ihnen zurückkehren darf, sollte sie ihre Meinung ändern.
Sie werden sich seltener sehen, wenn Sie nicht mehr zusammenwohnen. Vielleicht aber werden die Treffen an Qualität gewinnen. Sie könnten sich zum Beispiel in der Mitte Ihrer beiden Wohnorte treffen, zusammen etwas unternehmen und so neue Erlebnisse schaffen.
Ich empfehle Ihnen auch, für sich Hilfe zu holen, damit Sie einen guten Umgang mit Ihren Verlustängsten finden und die neue Situation besser bewältigen können. Vielen Eltern geht es genau wie Ihnen. Man nennt das «Empty-Nest-Syndrom» oder «Leeres-Nest-Syndrom».
Achten Sie auch auf sich selbst und pflegen Sie Ihre Interessen und Hobbys. Gerade mit der Loslösung Ihrer Tochter ist es wichtig, den eigenen Freundes- und Bekanntenkreis zu pflegen.
Anita Minihoffer (Sozialarbeiterin) und das kjz-Team
Haben Sie eine Frage?
Haben Sie eine Frage zur Erziehung, zum Zusammenleben in der aktuellen Situation oder ganz allgemein zum Familienleben? Das kjz-Team beantwortet regelmässig Fragen in der «kjz-Sprechstunde».