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Trennung und Scheidung – so unterstützen Sie Ihre Kinder

kjz-Ratgeber, Erziehung, 0-18 Jahre

Wenn Eltern sich trennen, ist das eine belas­tende Erfah­rung für alle Fami­li­en­mit­glie­der. Die folgen­den Infor­ma­tio­nen sollen Ihnen Unter­stüt­zung bieten. Denn auch wenn Sie sich trennen oder schei­den lassen, Eltern bleiben Sie Ihr Leben lang.

Wie ist die Situa­tion für Kinder?

Die meisten Kinder erleben die Tren­nung der Eltern als Erschüt­te­rung. Fast alle Kinder wünschen, dass sich die Eltern versöh­nen und wieder zusam­men­le­ben. Sie haben beide Eltern­teile gern und sind hin- und herge­ris­sen. Die Kinder können bedrü­ckende Gefühle wie Schmerz, Angst, Wut oder Schuld­ge­fühle entwi­ckeln. Stellen Sie sich auf solche Reak­tio­nen ein und versu­chen Sie, diese Gefühle auszu­hal­ten, ihnen Raum zu geben und sie zu verste­hen. Die Tren­nung oder Schei­dung muss nicht nega­tive Auswir­kungen auf die Entwick­lung der Kinder haben. Dafür ist es wichtig, dass Sie Ihre Kinder gut im Blick behal­ten.

Was Sie als Eltern tun können

  • Geben Sie sich und Ihren Kindern Zeit und Raum, um zu ­lernen, mit diesen grossen Verän­de­run­gen umzu­ge­hen.
  • Erklä­ren Sie Ihren Kindern, dass sie in keiner Weise schuld ­daran sind, dass Sie sich trennen. Reden Sie alters­an­ge­mes­sen offen über die Gründe der Tren­nung.
  • Sagen Sie Ihren Kindern, dass Sie als Vater und Mutter versu­chen wollen, weiter­hin mitein­an­der wich­tige Fragen gemein­sam zu bespre­chen.
  • Lassen Sie Ihre Kinder wenn immer möglich mitre­den, wenn es um Themen geht, die sie auch betref­fen (beispiels­weise die Wohn­form). Dazu hilft es, wenn Sie sich zuvor mit dem anderen Eltern­teil abspre­chen.
  • Gerade in dieser Zeit benö­ti­gen Ihre Kinder beson­dere Zuwen­dung von Ihnen beiden. Es ist wichtig, dass Sie als Mutter oder Vater Zeit mit den Kindern verbrin­gen und offen für ihre Anlie­gen sind.
  • Erlau­ben Sie Ihren Kindern regel­mäs­sige Kontakte mit dem anderen Eltern­teil und enga­gie­ren Sie sich, dass diese zustande kommen. Zum Beispiel indem Sie Ihre Kinder zum anderen Eltern­teil bringen.
  • Geben Sie wesent­li­che Infor­ma­tio­nen an den anderen Eltern­teil weiter, beispiels­weise über beson­dere Bege­ben­hei­ten aus der Schule.
  • Lassen Sie den anderen Eltern­teil selber entschei­den, wie er Vater bzw. wie sie Mutter sein will; suchen Sie nur bei grös­se­ren Unei­nig­kei­ten das Gespräch.
  • Akzep­tie­ren Sie, dass gewisse Turbu­len­zen und Unstim­mig­kei­ten entste­hen, wenn Ihre Kinder an zwei Wohn­or­ten leben. Für Kinder ist das nicht immer einfach, da kann es auch zu tempo­rä­ren Verhal­tens­än­de­run­gen kommen. Dies ist kein Zeichen, dass es ihnen am anderen Ort schlecht geht.
  • Erlau­ben Sie Ihren Kindern, den anderen Eltern­teil gern zu haben und das offen zeigen zu dürfen. Achten Sie auch darauf, dass sich Ihre Kinder frei äussern dürfen, ohne dass Sie dies gegen den anderen Eltern­teil verwen­den.
  • Ziehen Sie Ihre ­Kinder nicht in einen elter­li­chen Streit hinein.
  • Infor­mie­ren Sie Bezugs­per­so­nen Ihrer Kinder, wie Lehr­per­so­nen, über die bevor­ste­hen­den Verän­de­run­gen. Es hilft, wenn Sie sich zuvor mit dem anderen Eltern­teil abspre­chen.

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In unserem Ratgeber finden Sie viele weitere Themen rund um die Entwicklung von Babys und Kindern mit Tipps zur Erziehung und zum Familienalltag.

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Wie reagie­ren Kinder nach Alter?

Folgende Tipps von Entwick­lungs­psy­cho­loge Wassi­lios Fthe­na­kis und Kinder­arzt Remo Largo können Ihnen helfen, auf die Gefühle Ihrer Kinder einzu­ge­hen und ihr Selbst­wert­ge­fühl zu stärken. Es sind aber nur Orien­tie­rungs­hil­fen. Jedes Kind ist anders.

Kinder im Alter von 0 bis 2.5 Jahren

Zu beob­ach­ten ist ein irri­tier­tes, weiner­li­ches Verhal­ten, Rückzug, ängst­li­ches Verhal­ten gegen­über Fremden und ein Sich-Klam­mern an bekannte Perso­nen. In diesem Alter erschüt­tert eine Tren­nung oder Schei­dung die erst im Ansatz entwi­ckelte Bezie­hung zu den Eltern.

Empfeh­lung: Regel­mäs­sige Kontakte zu beiden Eltern­tei­len sollten beibe­hal­ten werden, wenn auch nur für wenige Stunden. So können Verlust­ängste der Kinder abge­baut werden.

Kinder im Alter von 2.5 bis 3 Jahren

Die Kinder zeigen meist deut­li­che Verhal­tens­än­de­run­gen wie z. B. Tren­nungs­ängste, Aggres­si­vi­tät und Trotz­ver­hal­ten. Die Kinder haben ganz konkrete Ängste und Fragen zu ihrer Situa­tion. Sie reali­sie­ren, dass sie von den Eltern abhän­gig sind.

Empfeh­lung: Den Kindern ausrei­chende, kind­ge­rechte Erklä­run­gen zum Weggang eines Eltern­teils geben. Regel­mäs­sige Kontakte zu beiden Eltern­tei­len sollten beibe­hal­ten werden.

Kinder im Alter von 3 bis 5 Jahren

Die Symptome sind ähnlich wie jene in der vorhe­ri­gen Alters­stufe, aber inten­si­ver. Es kann auch zu Sympto­men wie Einnäs­sen, Bauch- oder Kopf­schmer­zen kommen. Die Kinder denken oft, dass sie die Ursache des Weggangs sind. Daraus können Schuld­ge­fühle entste­hen. Einige Kinder verhal­ten sich deshalb über­an­ge­passt. Wenn sie reali­sie­ren, dass sie dennoch nicht wieder zusam­men­kom­men, kann sich die Wut gegen einen oder beide Eltern­teile oder auch gegen aussen­ste­hende Betreu­ungs­per­so­nen richten.

Empfeh­lung: Den Kindern ausrei­chende, kinder­ge­rechte Erklä­run­gen zum Weggang eines Eltern­teils geben. Regel­mäs­sige Kontakte zum anderen Eltern­teil ermög­li­chen. Dies hilft dem Kind, sich an die neue Situa­tion zu gewöh­nen.

Kinder im Alter von 5 bis 6 Jahren

Zu beob­ach­ten sind insbe­son­dere erhöhte Ängst­lich­keit und Aggres­sion, verstärk­tes Weinen und Tren­nungs­ängste. Die Reak­ti­ons­mus­ter sind aber sehr unter­schied­lich. Es gibt auch Kinder, die ihre Gefühle nicht offen zeigen.

Empfeh­lung: Die Eltern sollten ihr ausdrück­li­ches Einver­ständ­nis geben, dass das Kind eine gute Bezie­hung zum andern Eltern­teil haben darf.

Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren

In diesem Alter sind tiefe Trauer und Hilf­lo­sig­keit der Kinder die heraus­ra­gen­den Merk­male. Die Kinder sind zu alt, um ihre Ängste oder Schuld­ge­fühle durch impul­si­ves Verhal­ten abzu­bauen. Die wider­sprüch­li­chen Gefühle wie Wut und Liebe gegen­über dersel­ben Person können sie belas­ten. Es kann zu Leis­tungs­ein­brü­chen in der Schule, Verhal­tens­auf­fäl­lig­kei­ten und Schwie­rig­kei­ten im Umgang mit Gleich­alt­ri­gen kommen. Das Kind reali­siert, dass seine Gefühle nicht unbe­dingt mit jenen der Erwach­se­nen über­ein­stim­men. Zum Beispiel wird die Freude über die Begeg­nung mit dem Vater von der Mutter nicht unbe­dingt geteilt.

Empfeh­lung: Es sollte vermie­den werden, von Kindern eine Entschei­dung zu fordern, die den anderen Eltern­teil benach­tei­ligt oder sogar ausgrenzt, z. B. durch Fragen wie: «Gell, du möch­test nicht noch länger in die Ferien mit deiner Mutter?»

Kinder im Alter von 9 bis 12 Jahren

Andau­e­r­ende, inten­sive Strei­te­reien der Eltern können Depres­sio­nen, ein nied­ri­ges Selbst­wert­ge­fühl sowie schu­li­sche Schwie­rig­kei­ten für Kinder zur Folge haben. Sie versu­chen zu verste­hen, wer von den Eltern der Hilf­lo­sere und wer der Schul­di­gere ist, und ergrei­fen oft Partei. Kinder verglei­chen in diesem Alter ihre Fami­li­en­si­tua­tion oft mit anderen Fami­lien. Daraus kann sich ein Gefühl von Scham entwi­ckeln, wenn niemand im Umfeld eine Trennung/Scheidung miter­lebt hat.

Empfeh­lung: Die Kinder sind in diesem Alter beson­ders auf emotio­nale Unter­stüt­zung ange­wie­sen. Auch ist es wichtig, die Schutz­fak­to­ren der Kinder aufzu­bauen, zum Beispiel durch ein Hobby, bei dem die Kinder ihr Selbst­wert­ge­fühl stärken können.

Kinder im Alter von 12 bis 15 Jahren

Jugend­li­che reagie­ren in diesem Alter oft sehr heftig auf die Tren­nung ihrer Eltern. Dazu gehören Gefühle wie Zorn, Trauer, Schmerz, Scham und das Gefühl, verlas­sen worden zu sein. Einige Jugend­li­che über­neh­men zu viel Verant­wor­tung, indem sie einfühl­sam auf die Belas­tun­gen ihrer Eltern einge­hen (Paren­ti­fi­zie­rung). Als Folge davon können die norma­len Schritte zur Ablö­sung unter­blei­ben. Andere Jugend­li­che lösen sich über­stürzt ab und fühlen sich in Gruppen von Gleich­alt­ri­gen gebor­gen.

Empfeh­lung: Auch in dieser Situa­tion brau­chen die Kinder beide ­Eltern­teile als Ansprech­part­ner und Orien­tie­rung. Versu­chen Sie beide für Ihr Kind da zu sein.

Kinder im Alter von 15 bis 18 Jahren

Die Puber­tät ist auch ohne Tren­nung der Eltern eine schwie­rige Lebens­pe­ri­ode. Gleich­alt­rige werden immer wich­ti­ger für das Wohl­be­fin­den der Jugend­li­chen, es kommt zu Distanz zu den Eltern. Bei einer Tren­nung kann es zu Loya­li­täts­kon­flik­ten gegen­über den Eltern kommen.

Empfeh­lung: Es ist wichtig, sich selbst zu bleiben und auch Gefühle wie Trauer zu zeigen. Wenn Jugend­li­che erleben, wie Eltern mit unan­ge­neh­men Gefüh­len und der Tren­nung gut umgehen, kann dies für sie eine posi­tive Erfah­rung sein. Da die Eltern vorle­ben, wie man schwie­rige Lebens­si­tua­tio­nen meis­tern kann.

Hinweis: Auch wenn Sie sich als Paar trennen, Eltern bleiben Sie ein Leben lang.

Wenn es Ihnen zu viel wird

Getrennte oder sich tren­nende Eltern, die sich möglichst gut über die Bedürf­nisse der Kinder verstän­di­gen möchten, erhal­ten in den Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­tren (kjz) Unter­stüt­zung durch eine Fach­per­son. Eltern können sich bei Fragen zu Erzie­hung, Entwick­lung und fami­liä­ren Bezie­hun­gen sowie bezüg­lich der Umset­zung von Betreu­ungs- und Umgangs­re­ge­lun­gen beraten und beglei­ten lassen.

Eine Auswahl an weiter­füh­ren­den Infor­ma­tio­nen

Eltern­kurse für Eltern in Schei­dung oder Trennung:
«Eltern bleiben» und «Einmal Vater, immer Vater»

Für verhei­ra­tete Paare: Muster­for­mu­lare für Schei­dungs­ver­fah­ren beim Gericht

Eltern­bil­dung Schweiz: Strei­ten ja – aber fair

Dieses Info­blatt entstand in Anleh­nung an die Mate­ria­lien der Bildungs- und Kultur­di­rek­tion, Erzie­hungs­be­ra­tung Bern.