Veränderung im Job

Vom Chemielaboranten zum Bibliothekar und Informationsspezialisten

Ergibt meine Arbeit eigent­lich noch Sinn? Diese Frage kann aufkom­men, wenn alles im Wandel ist - Wirt­schaft, Arbeits­an­for­de­run­gen, wir selbst. In dieser Serie erzäh­len Berufs­tä­tige von Verän­de­run­gen, durch die sie im Job zu mehr Sinn­emp­fin­den gefun­den haben. Von punk­tu­ell bis radikal.


Mirko Bach arbei­tete während fünf Jahren im Labor. Die Chemi­ka­lien zisch­ten und brodel­ten, die natur­wis­sen­schaft­li­che Welt war faszi­nie­rend. Und doch glichen sich die Tage zuneh­mend. Das Unplan­bare fehlte. Heute ist er Biblio­the­kar und Infor­ma­ti­ons­spe­zia­list.

Was zum Wechsel geführt hat

Die Welt der Natur­wis­sen­schaf­ten finde ich nach wie vor sehr span­nend. Ich habe nicht ungerne in meinem Beruf gear­bei­tet. Doch ein Labor ist wie eine kleine Seifen­blase, eine in sich geschlos­sene Welt, entrückt von allem anderen. Zumin­dest die Art von Labors, in denen ich gear­bei­tet habe. Meine Stellen waren zwar alle inter­es­sant: Nach meiner Lehre und einer Fest­an­stel­lung bei Roche, arbei­tete ich für die ETH im Bereich Mate­ri­al­wis­sen­schaf­ten und bei einem Start-up für medi­zi­ni­sche Implan­tate. Doch etwas war immer ähnlich: Ich machte meine Arbeit, ging am Abend nach Hause und am nächs­ten Morgen lag noch die genau gleiche Arbeit da, mit der ich zuvor aufge­hört hatte.

Die Tage glichen einan­der, stets diesel­ben Leute, diesel­ben Gesprä­che. Ich hatte Lust auf einen Alltag, der weniger plan- und steu­er­bar war. Eines Tages erfuhr ich beiläu­fig, dass es einen Studi­en­gang zum Infor­ma­ti­ons­spe­zia­lis­ten an der Fach­hoch­schule Grau­bün­den gibt – und fast noch wich­ti­ger: Dafür brauchte es kein Fran­zö­sisch! Da war mir klar, das mache ich.

Was ich verän­dert habe

Für das Studium musste ich erst ein Jahr einschlä­gige Berufs­er­fah­rung vorwei­sen. Also kündigte ich meine Stelle und begann ein einjäh­ri­ges Prak­ti­kum in einer öffent­li­chen Biblio­thek. Anschlies­send hatte ich das Glück, dass in dersel­ben Biblio­thek gerade eine Stelle zu fünfzig Prozent frei wurde. So konnte ich auf dem zukünf­ti­gen Beruf weiter­ar­bei­ten und daneben studie­ren.

Ein Labor ist wie eine kleine Seifen­blase. Eine in sich geschlos­sene Welt, entrückt von allem.

Mirko Bach, Chemielaborant EFZ mit Berufsmaturität

Nach Studi­en­ab­schluss konnte ich erneut mit Glück am glei­chen Ort direkt ein Voll­zeit­pen­sum antre­ten. Intern führte mein Weg so immer weiter. Ich über­nahm klas­si­sche Arbei­ten eines Biblio­the­kars, entwi­ckelte aber auch neue Projekte und arbei­tete zu einem grossen Teil in der Bera­tung rund um die neuen Medien. Nach einigen Jahren wech­selte ich die Stelle. Bis heute bin ich aber meinem neuen Bereich treu geblie­ben. 

Warum sich der Wechsel gelohnt hat

Heute verspüre ich zwar manch­mal etwas Sehn­sucht nach dem Labor. Wäre das möglich, hätte ich nichts dagegen, ein bis zwei Tage die Woche auf meinem alten Beruf zu arbei­ten. Doch der Wechsel gab mir genau das, was mir im Arbeits­all­tag gefehlt hatte: das Unvor­her­ge­se­hene.

Dabei haben vermut­lich viele ein falsches Bild von einem Biblio­the­kar oder Infor­ma­ti­ons­spe­zia­lis­ten. Je nach Stelle ist man in regem Austausch mit dem Umfeld, gerade auch in der Bera­tung ist jeder Tag anders. Und obwohl ich das damals eigent­lich gar nicht gesucht hatte, musste ich merken: Menschen helfen zu können, gibt mir eine unglaub­li­che Zufrie­den­heit.

Was es für den Wechsel gebraucht hat

Ich entschied mich nicht aus einer Not heraus für diesen Neustart. Eher war ich auf der Suche nach mehr Inputs und Verschie­den­heit in der Art von Reizen, denen man bei der Arbeit ausge­setzt ist. Ich war offen für Neues und da fügte sich plötz­lich alles ideal. Auch waren meine Bedin­gun­gen für so einen Schritt sicher geeig­net, ich lebte in einer grossen WG, hatte tiefe Lebens­kos­ten. So musste ich weder mein Leben komplett neu orga­ni­sie­ren noch gross mit den finan­zi­el­len Einbus­sen kämpfen.

Ich merkte: Menschen zu helfen, gibt mir eine unglaub­li­che Zufrie­den­heit.

Mirko Bach, heute Informationsspezialist

Ich glaube nicht, dass mein neuer Beruf grund­sätz­lich mit mehr Sinn­haf­tig­keit verbun­den ist als mein alter. Für mich und mein Leben war dieser Wechsel aber sinn­voll. Biblio­the­kar und Infor­ma­ti­ons­spe­zia­list entspricht mehr meinen Bedürf­nis­sen und Fähig­kei­ten. Es fühlt sich jetzt genau richtig an.

Das sagt die biz-Exper­tin

  • Wer nach Sinn fragt, möchte das Rich­tige und Wert­volle für sich selbst finden. So unter­schei­det sich der Sinn vom Glück.
  • Die Frage nach dem Sinn bei der Arbeit ist ein länge­rer Prozess – eine vertiefte Ausein­an­der­set­zung mit sich selbst.
  • Vier Merk­male sind gemäss Forschung für das Sinn­emp­fin­den wichtig: Meine Arbeit hat für andere, für die Gesell­schaft eine Bedeu­tung. Was ich tue, passt zu mir. Hinter den Zielen meiner Tätig­keit und meines Unter­neh­mens kann ich stehen. Ich fühle mich durch meine Arbeit zuge­hö­rig und wert­ge­schätzt.

Mehr zum Thema im Gespräch mit biz-Exper­tin Mirella Vella

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