Das sagt die kjz-Expertin

Wir trennen uns – was Eltern von Jugendlichen beachten können

Bei Jugend­li­chen fällt eine Tren­nung der Eltern in eine beson­ders sensi­ble Zeit: Die Erschüt­te­rung kann sie in ihrer Ablö­sung bremsen. Die Ablö­sung ist aber ein wich­ti­ger Prozess für Jugend­li­che. Was können Eltern in Tren­nung beach­ten? kjz-Exper­tin und Kinder- und Jugend­psy­cho­the­ra­peu­tin Simone Gruen-Müller gibt Orien­tie­rung.

In Kürze

  • Die Ablö­sung ist ein wich­ti­ger Prozess; sie soll auch bei einer Tren­nung der Eltern möglich sein.
  • Bei Themen, die sie mitbe­tref­fen, sollen Jugend­li­che mitre­den und selbst entschei­den dürfen.
  • Jugend­li­che brau­chen genauso Unter­stüt­zung wie klei­nere Kinder. Manch­mal sind Jugend­be­ra­tun­gen dafür gute Anlauf­stel­len.

Die Jugend ist eine beson­ders sensi­ble Phase

Vergli­chen mit jünge­ren Kindern haben Jugend­li­che bei der Bewäl­ti­gung von Verän­de­run­gen Vorteile: Sie können Gefühle besser beschrei­ben, Zusam­men­hänge erfas­sen und sich mit ihren Gefüh­len einfa­cher von anderen abgren­zen. Auch können sie ihre Sorgen mit Gleich­alt­ri­gen bespre­chen und Erfah­run­gen austau­schen.

Dennoch kann eine Tren­nung der Eltern Jugend­li­che enorm erschüt­tern. Während sie sich gerade im wich­ti­gen Ablö­sungs­pro­zess befin­den, dreht sich plötz­lich alles um die Eltern. Ihre eigenen Bedürf­nisse drohen, zu kurz zu kommen. Die Gefahr ist gross, dass sie dadurch in der Ablö­sung gebremst werden. Dabei können sich Auswir­kun­gen der Tren­nung auch mit regu­lä­ren Puber­täts­sym­pto­men vermi­schen, was Jugend­li­che schwie­ri­ger lesbar macht.

Jugend­li­che sollen ihr Leben weiter­le­ben dürfen

Viele Jugend­li­che meinen bei Tren­nun­gen, sie müssten nun für die Eltern da sein, für sie Verant­wor­tung über­neh­men oder sie schonen. Jugend­li­che nehmen zudem diffe­ren­zier­ter wahr und denken oft, sie müssten sich für eine Seite entschei­den und loyal sein. Trotz neuer Situa­tion zuhause sollen sie aber ihr jugend­li­ches Leben weiter­le­ben dürfen, inklu­sive allem – Übermut, Freund­schaf­ten, Auspro­bie­ren, Abgren­zung, Aufleh­nung etc. Eltern entlas­ten ihre Kinder, wenn sie ihnen zu spüren geben: Das ist so in Ordnung. Die Verant­wor­tung liegt bei uns Erwach­se­nen und ihr müsst keine Rück­sicht auf uns nehmen.

Jugend­li­che sollen ernst genom­men werden und mitre­den dürfen

Die zuneh­mende Selbst­stän­dig­keit der Jugend­li­chen gilt es zu achten. Wo möchte ich wohnen, welche Hobbys weiter­hin pflegen, welche Tradi­tio­nen mit den Eltern fort­füh­ren? Jugend­li­che sollen mit ihren Bedürf­nis­sen ernst genom­men werden und überall da mitre­den dürfen, wo sie direkt betrof­fen sind.

Eine Tren­nung kann für Jugend­li­che auch zu einer posi­ti­ven Erfah­rung werden. Dann nämlich, wenn Eltern auf eine posi­tive Art vorle­ben, wie sie mit schwie­ri­gen Lebens­si­tua­tio­nen umgehen und an Heraus­for­de­run­gen arbei­ten.

Eltern müssen nicht immer die Ansprech­per­so­nen sein, aber sie sollten vermit­teln

Wenn Jugend­li­che immer selbst­stän­di­ger werden und vermehrt ihre Unab­hän­gig­keit einfor­dern, heisst das nicht, dass sie schon alles alleine können. Selbst die besten Freunde wissen nicht immer Rat. Fehlt ein solches Umfeld, sind Jugend­li­che genauso alleine mit ihren Fragen wie jüngere Kinder.

Jugend­li­che brau­chen daher genauso jeman­den, an den sie sich bei Bedarf wenden können. Das können, müssen aber nicht, die Eltern sein. Wehren sie diese ab oder sind die Eltern bereits selbst stark belas­tet, können andere Vertrau­ens- oder Ansprech­per­so­nen aushel­fen. Gerade Anlauf­stel­len wie die Jugend­be­ra­tung können Jugend­li­che oft gut da abholen, wo sie gerade stehen und ihnen einen Raum bieten, in dem es nur um sie und nieman­den sonst geht. Vermit­teln können Eltern etwa mit Worten wie: «Ich stelle mir vor, dass dir viele Dinge durch den Kopf gehen. Viel­leicht möch­test du im Moment nicht mit mir darüber reden, aber es ist mir wichtig, dass du jeman­den hast, an den du dich wenden kannst.» Eltern können ihren Jugend­li­chen auch anbie­ten, die Orga­ni­sa­tion des ersten Gesprächs­ter­mins zu über­neh­men.


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Unter­stüt­zung für Eltern in Tren­nung

Eine Tren­nung müssen Sie nicht alleine durch­ste­hen. Im Kanton Zürich unter­stüt­zen Sie die Kinder- und Jugend­hil­fe­zen­tren (kjz) an drei­zehn Stand­or­ten.

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Simone Gruen-Müller ist Erziehungsberaterin im kjz Affoltern. Sie ist Fachpsychologin SBAP in Kinder- und Jugendpsychologie, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin SBAP und Spezialistin bei OHG-Befragungen.

Simone Gruen-Müller

Simone Gruen-Müller ist Erziehungsberaterin im kjz Affoltern. Sie ist Fachpsychologin SBAP in Kinder- und Jugendpsychologie, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin SBAP und Spezialistin bei OHG-Befragungen. Während vieler Jahre war sie im schulpsychologischen Dienst, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie in der eigenen Praxis tätig.