kjz-Sprechstunde

«Was soll ich tun, wenn meine hochsensible Enkelin (3½) Gefühlsausbrüche hat?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unsere Tochter bat mich um Unter­stüt­zung, weil ihr Mann drei Tage im Ausland unter­wegs war. Sie sind Eltern eines Mädchens (3½) und eines Jungen (11 Mt.). Unsere Enkelin ist ein hoch­sen­si­bles Kind. Sie hat grosse Gefühls­aus­brü­che ihrem Bruder gegen­über, was sich in Hauen, Kratzen, Bewer­fen mit einem Gegen­stand, manch­mal auch in einer Umar­mung zeigt.
Als ich die Enkelin von der Tages­mut­ter abholte, schien alles okay zu sein. Doch zu Hause ange­kom­men, war sie voll­kom­men ausser sich. Sie schrie, wenn sie etwas wollte. Sie bewarf mich mit Gegen­stän­den, wenn ich mich um den Enkel kümmern wollte. Sie drückte mich und kurz danach schrie sie wieder verzwei­felt und fordernd. Ich kam kaum an sie heran. Am Abend dann wollte meine Enkelin auf keinen Fall, dass ich beide ins Bett begleite. So sass ich hilflos vor der Zimmer­tür und weinte, bis es schliess­lich ruhig wurde.
Was soll ich nur tun? Da sind drei Menschen, die Hilfe brau­chen, und leider steht meine Tochter mit den tägli­chen Heraus­for­de­run­gen oft alleine da. Den Hinweis, sich eine Bera­tung zu holen, über­schrei­tet meine Aufgabe. Das wirkt bei vielen als Einge­ständ­nis von Versa­gen.

Liebe Betreu­ungs­per­son

Vielen Dank für Ihre ausführ­li­che Schil­de­rung der Situa­tion und Ihren damit verbun­de­nen Sorgen. Der Alltag einer Familie birgt viele Heraus­for­de­run­gen, die alle Fami­li­en­mit­glie­der betref­fen, jedoch nicht von allen Betei­lig­ten gleich «umschifft» oder bewäl­tigt werden können.

Da sind einer­seits die Eltern der Kinder, die sich darauf verstän­digt haben, wie sie Familie leben wollen, bezüg­lich Aufga­ben­ver­tei­lung im Alltag, Selbst­für­sorge, «Work-Life-Balance». Für sie stellen sich Fragen wie:

  • Wer über­nimmt wie viel «Care- Arbeit» – das Versor­gen und Betreuen der kleinen Kinder?
  • Wer unter­stützt, wenn ein Eltern­teil oder das Paar mal auftan­ken möchte?
  • Wer unter­stützt, wenn ein Eltern­teil tempo­rär nicht zur Verfü­gung steht?
  • Decken sich die getrof­fe­nen Abspra­chen zum Fami­li­en­all­tag noch mit den aktu­el­len Bedürf­nis­sen der Fami­li­en­mit­glie­der?

Ande­rer­seits sind da die Kinder, die ihrem Alter entspre­chend unter­schied­li­che Entwick­lungs­auf­ga­ben meis­tern, unter­schied­li­che Tempe­ra­mente haben und indi­vi­du­elle Beglei­tung benö­ti­gen.

Dem allen gerecht zu werden ist nahezu unmög­lich. Das zeigt sich gerade auch in Ihren geschil­der­ten eigenen Emotio­nen.

Es gibt keine Patent­lö­sung, aber die Möglich­keit, mit einer Fach­per­son einen Blick von aussen auf die Familie zu erhal­ten und gemein­sam Schritte zu planen, die die Familie weiter­brin­gen.

Dazu gehören zum Beispiel,

  • die Kinder indi­vi­du­ell in ihrer Entwick­lung zu beglei­ten (Was darf dem Kind unter Berück­sich­ti­gung seines Alters bereits zuge­traut werden?)
  • mit der 3½-Jähri­gen die Über­gänge bewusst zu gestal­ten, was für alle Betei­lig­ten Stress verrin­gert
  • Emotio­nen zuzu­las­sen und Eigen­re­gu­la­tion zu ermög­li­chen
  • Entlas­tungs­mög­lich­kei­ten zu kennen
  • Auszei­ten zu planen

Sie leisten bereits einen wert­vol­len Beitrag, indem Sie für die Familie zur Verfü­gung stehen.

Unter­stüt­zung von Fach­per­so­nen anzu­neh­men, damit die Familie gesund bleiben kann, ist ein Zeichen von Stärke und Weit­blick. Unsere Fach­per­so­nen unter­stüt­zen Fami­lien gerne dabei. Viel­leicht können Sie die Familie moti­vie­ren sich im kjz in ihrer Nähe bei der Mütter- und Väter­be­ra­tung oder der Erzie­hungs­be­ra­tung zu melden.

Wir hatten kürz­lich eine andere kjz-Sprech­stunde zu einem hoch­sen­si­blen Kind, die Ihnen even­tu­ell eben­falls helfen könnte. Auch zum Thema Geschwis­ter­streit haben wir verschie­dene Fragen beant­wor­tet. Diese kjz-Sprech­stun­den finden Sie weiter unten unter «Auch lesens­wert».

Monika van Berkum-Ehni (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».