kjz-Sprechstunde

«Was soll ich tun, wenn unser Sohn (2½) sein Schwesterchen (11 Mt.) kratzt?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Seit der Geburt unserer Tochter (11 Mt.) geschieht es immer wieder, dass unser Sohn (2½) sein Schwes­ter­chen kratzt – trotz aller elter­li­cher Versu­che, sie davor zu schüt­zen. Wir wissen, dass der Kleine sein Handeln noch nicht steuern kann und hoch­sen­si­bel ist. Aber wir sind auch besorgt um die Seele unserer Tochter. Wie viele Tränen hat sie schon vergos­sen und ich als Mutter stand hilflos da. Beide Kinder sind mir gleich nah.
Mein Mann reagiert oft anders als ich. Jedoch sind wir uns einig darüber, unsere Kinder achtsam zu erzie­hen.
Ich bin so in Sorge um unsere Kinder und die Familie insge­samt. Auch ertrage ich die besser­wis­se­ri­schen Kommen­tare der Verwand­ten nicht mehr. Was raten Sie mir im Umgang mit unseren Kindern?

Liebe Mutter

Das klingt nach einer heraus­for­dern­den Zeit – für die Geschwis­ter, für Sie als Eltern­paar und in Bezug auf den Umgang mit Ihrem Umfeld.

Sie schei­nen bereits viel über die Gefühls­welt junger Kinder und deren Ausdruck zu wissen. Das ist wunder­bar, denn dieses Wissen hilft, das Verhal­ten Ihres Sohnes besser einzu­ord­nen und ihm keine Schuld zuzu­wei­sen.

Ihr Sohn hat für seine verzwei­fel­ten Momente noch kein anderes Ausdrucks­mit­tel gefun­den. Mit 2½ Jahren ist er noch zu jung dazu. Zusätz­lich schrei­ben Sie, dass er sehr sensi­bel ist. Das macht es ihm nicht leicht, als grosser Bruder seine Gefühls­welt zu sortie­ren. Ich gehe davon aus, dass ihm das häufig gelingt; und dann passiert es eben doch, dass er sich über­for­dert fühlt und sein Schwes­ter­chen kratzt. Weiter kann er sich auch sprach­lich noch nicht ange­mes­sen ausdrü­cken.

Reagie­ren Sie auf das Kratzen mit einem klaren «Stopp». Versu­chen Sie, soweit das im Alltag möglich ist, Ihre Kinder gemein­sam nicht allein zu lassen. So können Sie Ihre Tochter schüt­zen und spüren besser, wann es Ihrem Sohn zu viel wird. Manch­mal hilft ein Lauf­git­ter, das als defi­nier­ter Schutz­raum gilt. Das Kind wird im Lauf­git­ter in Ruhe gelas­sen. Spre­chen Sie mit Ihrem Sohn über die Situa­tion, wenn er entspannt ist. Zeigen Sie Verständ­nis für seine Gefühle – viel­leicht während eines Tages­rück­blicks vor dem Schla­fen. Was ist heute gelun­gen, was war heraus­for­dernd? Ihre Tochter braucht in diesen Momen­ten Ihre Empa­thie: «Oh je, das hat weh getan. Komm, ich tröste dich.»

Spre­chen Sie mit Ihrem Mann über die schwie­ri­gen Situa­tio­nen, damit Sie sich gegen­sei­tig unter­stüt­zen können. Suchen Sie sich in ihrem Umfeld ein oder zwei Menschen, von denen Sie wert­schät­zend unter­stützt werden. Es gibt keinen Grund, sich gegen­über anderen recht­fer­ti­gen zu müssen. Es ist weder Ihre Schuld noch Ihr Versa­gen, dass sich Ihr Sohn so verhält. Er braucht Zeit, um einen anderen Ausdruck zu finden, inner­lich stabi­ler zu werden und zu reifen.

Möchten Sie das Thema mit einer Väter- und Mütter­be­ra­te­rin ausführ­li­cher bespre­chen? Kontak­tie­ren Sie dazu das kjz in Ihrer Nähe.

Ich wünsche Ihnen entspannte gemein­same Zeiten.

Wibke Enderli (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».