Pubertät – Angemessen reagieren

Wenn Eltern von Teenagern an ihre Grenzen stossen

Plötz­lich sitzt uns am Tisch ein Teen­ager gegen­über, der nur noch wenig an das Kind von gestern erin­nert. Die Tochter findet Mutter und Vater pein­lich, der Sohn bleibt am liebs­ten in seinem Zimmer. Was läuft da ab? Eine kleine Gebrauchs­an­wei­sung, wie Sie und Ihre Kinder die Puber­tät unbe­scha­det über­ste­hen.


Manch­mal wissen Teen­ager-Eltern einfach nicht mehr weiter. Gerade wenn es so richtig schwie­rig wird, ist es wichtig, dass Eltern ange­mes­sen reagie­ren. Bei massi­ven Proble­men kann zudem Hilfe von aussen Sinn ergeben.

«Ich kenne mein Kind gar nicht mehr». Dieser Satz einer Mutter spricht manchen Teen­ager-Eltern aus dem Herzen. Plötz­lich werden Regeln gebro­chen und Gesprä­che verwei­gert, von einem respekt­vol­len Umgang ist nichts mehr zu spüren.

So richtig schwie­rig wird es, wenn der Sohn oder die Tochter zum Beispiel über Nacht nicht nach Hause kommt, extrem risi­ko­be­reit ist, die Schule verwei­gert, regel­mäs­sig Alkohol oder andere Drogen konsu­miert, stiehlt oder ausreisst. Dann sind Eltern begreif­li­cher­weise der Verzweif­lung nahe.

Weshalb Eltern auf Grenz­über­schrei­tun­gen reagie­ren müssen

Eltern sollten jedoch auf keinen Fall resi­gnie­ren und gleich­gül­tig werden oder sogar aufge­ben. Setzen sie keine Grenzen, suchen die Jugend­li­chen oft selbst danach und über­schrei­ten dabei massiv das gesunde Mass des Auspro­bie­rens.

Eltern müssen deshalb bei Grenz­über­schrei­tun­gen geeig­net reagie­ren. Sie müssen ihrem Kind sagen, was sie davon halten, welche Sorgen sie sich machen, welche Gefah­ren sie sehen.

Auch wenn es so wirkt, als wollten Jugend­li­che von den Eltern nichts mehr wissen, hat deren Meinung dennoch Bedeu­tung.

Vier Tipps und Tricks

  1. Versu­chen Sie, nicht aus der Wut heraus loszu­schreien
    Ihr Kind soll merken, wie Sie sich fühlen. Dabei ist zentral, dass Sie die eigenen Gefühle beschrei­ben. Vermei­den Sie Vorwürfe, Beschul­di­gun­gen und lange Schimpf­ti­ra­den. Sagen Sie Ihrem Kind kurz und klar, wie es Ihnen gerade geht. Beschrei­ben Sie Ihre Wut, Ihre Enttäu­schung, Ihre Sorgen (mehr dazu im Beitrag «Wie spreche ich mit meinem Teen­ager?»).
  2. Ziehen Sie sich recht­zei­tig zurück
    Es kann vorkom­men, dass man sich im Streit nur noch schwer kontrol­lie­ren kann. Ziehen Sie sich dann unbe­dingt zurück und verlas­sen Sie das «Schlacht­feld». Nehmen Sie das Thema später wieder auf, wenn Sie sich etwas beru­higt haben. Der Psycho­loge Haim Omer nennt dies «Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist». Konflikte können so besser geklärt werden.
  3. Lassen Sie sinn­volle Konse­quen­zen folgen
    Diese sollen in Zusam­men­hang mit der Grenz­über­schrei­tung stehen und darauf abzie­len, dass Ihr Kind Verant­wor­tung für sein Handeln über­nimmt und posi­ti­ve­res Verhal­ten lernt. Drohun­gen, Bestra­fun­gen oder körper­li­che Gewalt sind dagegen keine «klare Grenz­set­zung». Sie wirken sich auf die Bezie­hung zwischen Eltern und Kind negativ aus. Es ist aber wichtig, dass Eltern auch bei Konflik­ten in Kontakt und im Gespräch bleiben.
  4. Versu­chen Sie die Ursa­chen hinter den Regel­ver­let­zun­gen zu verste­hen
    Vielleicht finden Sie so heraus, was helfen könnte, um weitere Regel­ver­let­zun­gen zu vermei­den. Über­prü­fen Sie ausser­dem, ob Ihre Regeln noch ange­mes­sen sind.

Hilfe zu holen ist kein Akt der Schwä­che

Sich bei grosser Unsi­cher­heit und Über­for­de­rung Hilfe zu holen, ist keine Schwä­che. Im Gegen­teil: Es zeigt, dass Sie alles daran setzen, Ihre Verant­wor­tung als Eltern wahr­zu­neh­men. Denken Sie an Ihr Auto: Viel­leicht können Sie die Pneus selber wech­seln, bei grös­se­ren Proble­men gehen Sie aber in die Werk­statt. In folgen­den Fällen kann Hilfe von aussen Sinn ergeben:

  • Wenn Sie selbst im Umgang mit Ihrem Teen­ager länger­fris­tig an Ihre Grenzen kommen und nicht wissen, was Sie tun können, um die Situa­tion zu verbessern.
  • Wenn gar kein gegen­sei­ti­ges Vertrauen mehr möglich und die Bezie­hung zu Ihrem Kind in Gefahr ist. Es ist nun zentral, dass der Kontakt zum Kind nicht voll­ends abbricht.
  • Wenn es um Krimi­na­li­tät geht. Das Kind stiehlt (mehr­mals) oder ist ander­wei­tig krimi­nell, es verhält sich massiv unso­zial gegen­über anderen, wird gewalt­tä­tig. Hier muss die Sicher­heit aller Betei­lig­ten immer im Vorder­grund stehen.
  • Wenn Sie beim Teen­ager psychi­sche Probleme vermu­ten oder Anzei­chen für Essstö­run­gen, Depres­sio­nen, Selbst­ver­let­zun­gen (z. B. Ritzen), Suizid­ge­dan­ken oder Sucht wahr­neh­men.
Gabriela Leuthard ist Mutter von drei Kindern und leitet die Geschäftsstelle Elternbildung im AJB.

Gabriela Leuthard

Gabriela Leuthard ist Mutter von drei Kindern und leitet die Geschäftsstelle Elternbildung im AJB. Diese sorgt für einen vielfältigen Elternbildungsmarkt und arbeitet mit zahlreichen Anbietern sowie auch mit Eltern zusammen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf feel-ok.ch, der Gesund­heits­platt­form für Jugend­li­che.