Dos und Don'ts bei Geschwisterstreit

Wenn’s kracht im Kinderzimmer

Welche Eltern kennen ihn nicht: den Geschwis­t­erzoff. Sogar bei bisher fried­li­chen Kindern kann das stän­dige Aufein­an­der­sit­zen zu Reibe­reien führen. Für viele Eltern eine echte Gedulds­probe. Doch im Streit lernen Kinder Kompro­misse zu schlies­sen und sich wieder zu versöh­nen. 

«Meine Kinder sitzen viel mehr aufein­an­der, es gibt keinen Puffer mehr, alle Frus­tra­tio­nen lassen sie anein­an­der aus», erklärt Nadia Bisang, Mutter von drei Kindern. Diese Erfah­run­gen machen aktuell viele Eltern. Ange­staute Energie, Bewe­gungs­drang und fehlen­der Austausch mit Gleich­alt­ri­gen, da braucht es nicht viel, bis es Zuhause knallt. Ein falsches Wort oder das Feuer­wehr­auto der Schwes­ter, mit dem das Jüngste heim­lich spielt, können reichen, um sich in die Haare zu geraten.

Kinder wenn möglich machen lassen

Für Eltern sind Strei­te­reien unter den Kindern oft schwer auszu­hal­ten. Vor allem, wenn es etwas hefti­ger zu und her geht. Muss man neben­her noch im Home­of­fice arbei­ten, können die lauten Ausein­an­der­set­zun­gen zur Tortur werden. Da ist man moti­viert, die Streit­hähne schnell ausein­an­der zu ziehen und wieder Ruhe ins Ganze zu bringen. Aber auch wenn es einem nicht leicht fällt: Es hilft wenig, die Schieds­rich­te­rin oder den Schieds­rich­ter zu spielen. Selten bekom­men die Eltern genau mit, wie es zum Streit kam. Das führt häufig zu falschen Schuld­zu­wei­sun­gen und die Kinder fühlen sich unge­recht behan­delt. Besser ist es meis­tens, den Kindern zu vertrauen und sie den Konflikt bis zu einem gewis­sen Grad unter sich ausma­chen zu lassen. Oft gelingt es Kindern nämlich, den Streit ohne fremde Hilfe zu beenden.

Streit­re­geln fest­hal­ten

Für einen Streit der Kinder vorab einige Regeln aufzu­stel­len, ist aber hilf­reich. Es unter­stützt sie darin, ihre Konflikte fair auszu­tra­gen und hilft, gewisse Grenzen beim Strei­ten einzu­hal­ten. Einfa­che Grund­sätze, wie ‹Beissen ist verbo­ten› oder ‹Keine spitzen Gegen­stände benut­zen› sind wirkungs­voll. Kinder befol­gen diese meist besser, wenn die Regeln gemein­sam bespro­chen und aufge­stellt werden. Mit klei­ne­ren Kindern können diese auch gezeich­net werden.

Jeder darf seinen Bereich haben

Das Aufein­an­der­sit­zen führt dazu, dass sich die Kinder mehr verglei­chen, erklärt Nadia. «Meine älteste Tochter hatte Geburts­tag und stand an diesem Tag im Mittel­punkt, das haben die anderen beiden gar nicht ertra­gen.» Für Kinder ist es nicht einfach, solche Situa­tio­nen auszu­hal­ten. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern im Alltag die Stärken der einzel­nen Kinder betonen und sie nicht unter­ein­an­der verglei­chen. Dass Kinder ihren eigenen Bereich haben dürfen und nicht alles teilen müssen, kann eben­falls helfen. Dies kennt auch Nadia: «Wir haben eine feste Mittags­pause, da gehen alle in ihre Zimmer und machen etwas für sich. Das entlas­tet uns alle.» Dabei ist es auch wichtig, dass die Eltern sich selbst Sorge tragen (Lesen Sie dazu Den Kindern und sich selber Sorge tragen), da die Strei­te­reien unter den Kinder sehr anstren­gend sein können.

Ernst nehmen, zuhören, neutral bleiben

Schaf­fen es die Kinder nicht mehr, einen hefti­gen Streit selber zu lösen, oder werden die Streit­re­geln nicht befolgt, kommen die Eltern zum Zuge. Dann ist wichtig, dass sie

  • wenn es gefähr­lich wird, die Streit­hähne trennen
  • die Gefühle aller Kinder ernst nehmen und Verständ­nis für ihre Probleme zeigen
  • allen am Streit Betei­lig­ten aufmerk­sam zuhören – und bei klei­ne­ren Kindern helfen, die Situa­tion und Gefühle in Worte zu fassen
  • möglichst neutral bleiben, dann wirken sie dees­ka­lie­rend
  • nach­fra­gen, ob die Kinder Ideen für Lösun­gen haben
  • anbie­ten, bei der Lösungs­su­che mitzu­hel­fen

Das Eingrei­fen der Eltern soll nicht das Ziel haben, dass «einfach Ruhe herrscht». Es geht darum, die Kinder einer­seits falls nötig zu schüt­zen und sie ande­rer­seits in ihrer Konflikt­fä­hig­keit zu stärken. Je nach Alter und Charak­ter braucht es immer mal wieder Unter­stüt­zung, oder auch bald weniger. So lernen Kinder nicht nur, sich zu behaup­ten und ihre Meinung zu vertre­ten, sie müssen auch aktiv Kompro­misse schlies­sen und sich wieder versöh­nen. Und sie lernen, die eigenen Grenzen und die Grenzen anderer kennen und sie zu respek­tie­ren. «Meine Kinder verhan­deln in dieser Zeit viel mitein­an­der, so möchte mein Sohn oft Piraten spielen und meine Tochter mit Puppen, jetzt spielen sie ‹Baby-Piraten›, erzählt Nadia lächelnd. «Wie schwie­rig diese Zeit auch ist, es ist schön zu sehen, welche krea­ti­ven Möglich­kei­ten sie finden, um die jewei­li­gen Bedürf­nisse unter einen Hut zu bekom­men.»