«Wer Ambitionen hat im Beruf, braucht heute in fast allen Branchen Englisch»
Im bilingualen Unterricht entwickeln Lernende berufsrelevante Kompetenzen auf Deutsch und Englisch. Damit verbessern sie nicht nur ihre Sprachkenntnisse, sondern auch ihre beruflichen Perspektiven im In- und Ausland. Ausserdem erleichtert der bilinguale Unterricht den Zugang zu einer Weiterbildung via Berufsmaturität, Höhere Berufsbildung oder Hochschule. «fürs Leben gut» hat mit zwei Personen gesprochen, die auf unterschiedliche Weise mit dem bilingualen Unterricht verbunden sind und die die Bedeutung von Englisch in der Berufswelt aus eigener Erfahrung kennen.
Nach der Logistiker-Lehre und mit der Berufsmaturität in der Tasche liess sich Stephan Hauck (38) an der Fachhochschule Nordwestschweiz zum diplomierten Wirtschaftsingenieur FH mit Vertiefungsrichtung Supply Chain Management ausbilden. Danach arbeitete er bei Alstom in den Bereichen Einkauf und Disposition. Nach einem Abstecher in die Unternehmensberatung folgten Stationen in mehreren internationalen Medtech-Unternehmen, wo er Grossprojekte oder Merger-Aktivitäten leitete. Bei Smith & Nephew war er Mitglied des Supply-Chain-Führungsteams der Region EMEA (Europe, Middle East, Africa). Er leitete Umstrukturierungen des Logistiknetzwerks und Anpassungen der Organisation. Zurzeit verantwortet Stephan Hauck als Head Global Supply Chain Management bei Bucherer die internationale Ausrichtung des Unternehmens.
Herr Hauck, Sie sprechen hervorragend Englisch. Wo und wie haben Sie die Sprache gelernt?
Mit Englisch kam ich das erste Mal in der Sekundarschule in Kontakt. In der Berufsfachschule hatte ich dann Englisch als Freifach gewählt; die Option des bilingualen Unterrichts gab es damals noch nicht. Während der BMS konnte ich meine Sprachkenntnisse weiter ausbauen; im anschliessenden Studium zum diplomierten Wirtschaftsingenieur FH wurde es dann zum festen Bestandteil.
Gewisse Studien sehen ein Praktikum vor, das die Studentinnen und Studenten auch im Ausland machen können. Wie war das bei Ihnen?
Auch zu meinem Studium gehörte ein Auslandpraktikum von mindestens sieben Wochen. Ich habe meines in England, in einem Unternehmen nahe Birmingham, absolviert. Dies war mit Sicherheit die intensivste Lernzeit – und zugleich eine grossartige Erfahrung. Im Anschluss erlangte ich das «Cambridge Business English Certificate Higher», gewissermassen ein «Advanced»-Abschluss in Geschäftsenglisch. Das Zertifikat war wichtig für die Zukunft, denn so konnte ich meine Englischkenntnisse ausweisen.
Sie haben schon früh erkannt, dass Englisch wichtig sein wird für Ihren Berufsweg. Wie zeigte sich die Bedeutung konkret?
Die meisten Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe, hatten Englisch als Unternehmenssprache etabliert. In meiner letzten Funktion beispielsweise, in der ich Teams aus England, Belgien, Holland, Polen und der Schweiz gleichzeitig führte, war Englisch eine Selbstverständlichkeit und der gemeinsame sprachliche Nenner. In der Logistik, im Supply Chain Management, ist die Globalisierung ein Fakt. Da gehören Englischkenntnisse einfach dazu. Ich brauchte die Sprache nicht nur, wenn ich mit meinen internationalen Teams kommunizierte, sondern auch mit den Lieferanten, Kunden oder Logistikdienstleistern.
Der bilinguale Unterricht ist wie das Benzin im Motor: Er verleiht der Karriere Schub.
Hat Ihnen Englisch bereits während der Lehre genützt?
In meinem Fall nicht. Ich machte die Lehre in einem KMU, das auf die Schweiz fokussiert war, und hatte daher wenig Berührungspunkte mit dieser Sprache. Das ist zwanzig Jahre her. Die Branche hat sich seither stark gewandelt. Im Zuge der Globalisierung ist Englisch in der Logistik immer wichtiger geworden. Korrespondenz wird vermehrt in Englisch geführt oder Geschäftskontakte auf Englisch gepflegt. Englisch wird für angehende Logistikerinnen und Logistiker mittlerweile fast zur Voraussetzung.
Inwiefern haben Ihre Englischkenntnisse die Karriere beeinflusst?
Englisch ist eine Grundvoraussetzung für viele Berufe, oder anders gesagt: Fehlende Englischkenntnisse sind ein Ausschlusskriterium bei gewissen Stellen. Natürlich kommt es immer darauf an, welche Ziele wir uns stecken. Wer jedoch Ambitionen hat im Beruf, braucht heute fast in allen Branchen Englisch – nicht nur in der Logistik. Mir persönlich hat diese Sprache wichtige Türen geöffnet. Ohne Englischkenntnisse hätte ich schlicht keine Möglichkeiten gehabt, mich in internationalen Unternehmen zu entwickeln und Karriere zu machen.
Sie engagieren sich in «bili-Talks» für den bilingualen Unterricht und das Berufsfeld Logistik. Wie sind Sie dazu gekommen?
Ich wurde von Ramon Leemann, dem Beauftragten für den bilingualen Unterricht im Kanton Zürich, angefragt, ob ich mit meinem Werdegang nicht Lust hätte, bei angehenden Logistikerinnen und Logistikern «bili-Talks» auf Englisch durchzuführen. Vielleicht kennen Sie die TED Talks. Die «bili-Talks» sind daran angelehnt. Vernetzt hat uns Claudia Hug, die Rektorin des Bildungszentrums Limmattal. Ich sagte zu. Seither fahre ich einmal im Jahr nach Dietikon. Als Teil des bilingualen Unterrichts haben die Lernenden die Möglichkeit, an einem Zukunftstag teilzunehmen. Ich gehe dann in die Klasse des ersten Logistik-Lehrjahrs und nehme mir eine oder zwei Lektionen Zeit für sie.
Mit dem bilingualen Unterricht schaffen sich die Lernenden in der Berufswelt einen Wettbewerbsvorteil.
Um was geht es in Ihren «bili-Talks» inhaltlich?
Grundsätzlich möchte ich meine Freude und Überzeugung im beruflichen Kontext weitergeben und einen Beitrag leisten für den Nachwuchs. Konkret: Ich präsentiere jeweils, wer ich bin, wo ich beruflich herkomme und was ich beruflich gemacht habe. Das Ziel ist, den Lernenden zu zeigen, was sie als Logistikerinnen und Logistiker alles erreichen können. Und natürlich erkläre ich ihnen, weshalb Englisch in der Logistik heute so wichtig ist und welchen Mehrwert sie sich mit der Teilnahme am bilingualen Unterricht schaffen. Der bilinguale Unterricht ist wie das Benzin im Motor: Er verleiht der Karriere Schub.
Weshalb ist Ihr Engagement gerade bei angehenden Logistikerinnen und Logistikern wichtig?
Letztlich möchte ich ihnen Motivation und Selbstvertrauen weitergeben. Logistikerinnen und Logistiker werden immer noch belächelt. Ich setze mich mit meinem persönlichen Werdegang dafür ein, dass die Lernenden Chancen packen, etwas aus ihrer tollen Ausbildung machen – und selbstbewusster werden. Das dürfen sie auch. Denn die globalen Lieferengpässe im Zuge von Corona haben gezeigt, wie wichtig die Logistik für die Weltwirtschaft und die Menschen ist und dass reibungslose Abläufe nicht selbstverständlich sind.
Warum ist bilingualer Unterricht aus Ihrer Sicht so wichtig?
In den «bili-Talks» sage ich zu den Lernenden, dass sie den ersten Schritt für ihre Karriere gerade gemacht haben. Mit dem bilingualen Unterricht schaffen sie sich in der Berufswelt einen Wettbewerbsvorteil. Ihre Wahl zeigt, dass sie sich die Ausbildung freiwillig nicht zu einfach machen. Dass sie den Unterricht teilweise in einer Fremdsprache haben, beweist Engagement und Wille. Diese Qualitäten werden ihnen berufliche Vorteile verschaffen.
Auf den Punkt gebracht: Welche Hauptbotschaft vermitteln Sie den Lernenden in den «bili-Talks»?
Nichts ist unmöglich; glaubt an euch und verfolgt eure Ziele.
«bili» – bilingualer Unterricht im Kanton Zürich
Sie möchten mehr erfahren zum zweisprachigen Unterricht in der Berufsbildung? Auf der Webseite zu «bili» finden Sie alle Informationen zum Angebot, zu Veranstaltungen, zum Qualifikationsverfahren sowie Merkblätter, Downloads und weiterführende Links.