kjz-Sprechstunde

«Wie sehr darf ich mich als Oma einbringen, wenn der Enkel seinen jüngeren Bruder schlägt?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Ich bin Oma von vier Enkeln. Der Kleinste (3 Mt.) und sein älterer Bruder machen mich traurig. Leider haut der ältere Enkel seinen Bruder fast jedes Mal auf den Kopf, nachdem er ihn lieb­kost hat. So schnell können die Eltern oft nicht reagie­ren. Es ist schwer als Oma, sich dazu zu äussern. Allein die Angst, der Kleine könnte einen seeli­schen Schaden davon­tra­gen, bringt mich fast zum Weinen. Ich sehe die Heraus­for­de­rung der Eltern, dem Schutz­be­dürf­nis des Babys nach­zu­kom­men und gleich­zei­tig die Bedürf­nisse des älteren Kindes nicht zu vernach­läs­si­gen. Was kann ich als Oma tun? Zusehen? Besser­wis­sen?

Liebe Oma

Sie spre­chen einen wunden Punkt vieler Gross­el­tern an, die sich gut und gerne um ihre Enkel kümmern respek­tive ihr Aufwach­sen miter­le­ben: Wie viel Einmi­schung verträgt es, ohne dass es zu gröbe­ren Reibe­reien mit den Eltern der Kinder kommt – von denen ein Teil zudem das eigene Kind ist.

Es wäre gut zu wissen, wie alt der ältere Bruder ist. Bei einem 13-Jähri­gen wäre etwas faul. Im Alter von 2 bis 4 hinge­gen ist es bei vielen Kindern jedoch Teil der Entwick­lung. Nicht ange­nehm zuzu­se­hen, aber irgend­wie normal. Mir stellt sich die Frage, wie die Eltern darauf reagie­ren. Hektisch, aufge­regt, stra­fend? Oder mehr oder weniger gelas­sen, den Jüngs­ten schüt­zend – auch wenn das nicht immer gelingt? Für die Eltern ist das Verhal­ten ihres Sohnes auch nicht amüsant. Fragen Sie die Eltern, welche Unter­stüt­zung ihnen hilft und wann es erwünscht ist, dass Sie Mitver­ant­wor­tung über­neh­men.

Sie dürfen sich einmi­schen. Oder besser: mitmi­schen. Oder noch besser: mitre­den. Sie dürfen Ihre Sorgen ausdrü­cken. Erzie­hung von Kindern besteht darin, sie darauf hinzu­wei­sen, was geht und was nicht, was Respekt bedeu­tet und was Anstand. Kinder lernen durch uns. Konkret: Sie dürfen Ihren Enkel zur Seite oder in die Arme nehmen und sagen: So machen wir das aber nicht bei uns, wir sind doch ein Team. Du magst es auch nicht, wenn jemand dich einfach so schlägt. Sie dürfen auch die Wieso-Frage stellen – aber nicht erwar­ten, dass Sie eine schlaue Antwort bekom­men. Auch oder erst recht jüngere Kinder brau­chen für die Inte­gra­tion eines neuen Fami­li­en­mit­glieds viel Zeit, Empa­thie und Beglei­tung durch die Erwach­se­nen.

Wir können leider auch nega­tive Aufmerk­sam­keit erzeu­gen, wenn wir zu oft tadelnd und stra­fend einschrei­ten. Wenn der ältere Bruder immer gemass­re­gelt wird, wird er sich daran gewöh­nen – zumal er dann ja auch Aufmerk­sam­keit bekommt. Es ist selten klar, wieso Kinder schla­gen. Aber wenn sich alles nur noch um den herzi­gen Kleinen dreht, dann möchte er halt mittei­len: Hallo, ich bin auch noch da!

Falls alles zu viel wird, möchte ich Ihnen ans Herz legen, sich (viel­leicht sogar mit den Eltern) im kjz in Ihrer Nähe zu melden, um mit jeman­dem von uns zu spre­chen und das Thema zu vertie­fen.

Claude Ramme (Erzie­hungs­be­ra­ter) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».