kjz-Sprechstunde

«Wie viele Regeln brauchen Zweijährige?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Wir haben das Gefühl, unsere Tochter (2) hört von uns im Moment nur noch «Nein!» oder «Das darfst du nicht.» Dabei wollen wir gar nicht über­mäs­sig streng sein, aber sie ist ein Wild­fang und Schlitz­ohr, will alles auspro­bie­ren, beim Essen, mit Spiel­sa­chen von anderen Kindern oder eben auch draus­sen nahe der Strasse. Wir fragen uns, ob wir ihr mit den vielen Regeln schaden, sie zu fest einschrän­ken? Und wie konse­quent müssen wir mit einem so kleinen Kind sein? Vielen Dank.

Familie G. aus Altstet­ten

Liebe Familie G.
Sie beschrei­ben diese Phase des Auspro­bie­rens und Entde­ckens sehr tref­fend: Das schein­bar unbe­grenzt Mögli­che lockt in allen erdenk­li­chen Winkeln des Alltags. Im Alter Ihrer Tochter ist dieser Entde­ckungs­drang grösser als jedes «Nein!» von Eltern­seite, was dazu führt, dass man sich den lieben langen Tag wieder­holt Nein sagen hört. Das ist ein guter Zeit­punkt, sich als Eltern zu fragen, welche Regeln es wirk­lich braucht und ihnen als Familie wichtig sind.

Regeln sind ein wich­ti­ger Wegbe­glei­ter für kleine Kinder. Sie geben Orien­tie­rung und Sicher­heit. Einige Regeln sind unver­meid­lich. Zum Beispiel im Stras­sen­ver­kehr oder in anderen Situa­tio­nen, in denen sich das Kind in Gefahr begibt. Hier helfen nur ein klares Nein und Einschrei­ten von Eltern­seite. Doch Ihre Tochter braucht auch Raum, um auszu­pro­bie­ren und Erfah­run­gen zu sammeln. Nur so wird sie lernen, dass Hinder­nisse zum Leben gehören und man sie mit oder ohne Hilfe bewäl­ti­gen kann. Darum lohnt sich die Frage auch immer wieder: «Braucht es hier wirk­lich ein Nein oder kann ich auch einmal zuwarten?»

Und nun zur Konse­quenz: Wenn Sie wich­tige Fami­li­en­re­geln für sich fest­ge­legt haben, dürfen Sie konse­quent sein. Das schadet Ihrer Tochter nicht, sondern gibt ihr Orien­tie­rung und Sicher­heit. Dann tauchen aber auch immer wieder diese «Heute schaf­fen wir es nicht, konse­quent zu sein»-Tage auf. Dass diese Tage kommen, ist unver­meid­lich. Konse­quent zu sein ist nämlich sehr anstren­gend. Darum dürfen Sie an solchen Tagen auch einmal zu Ihrer Tochter sagen: «Heute bin ich müde und ich mag nicht immer Nein sagen. Heute ist ein Faul­tier-Regel-Tag (oder ähnlich).»
Das ist eben­falls in Ordnung. Ihre Tochter lernt so, dass Gefühle zum Leben dazu gehören und Menschen nicht perfekt sind. Nicht einmal Mama und Papa …

Nadine Lampar­ter (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».