Trotzreaktionen von Kindern (4/4)

«Ich will jetzt nicht ins Bett!»

Wenn Kinder Nein sagen und dieses Verhal­ten sich nicht mit den Vorstel­lun­gen ihrer Eltern deckt, beginnt oft ein emotio­na­ler Kraft­akt für alle Betei­lig­ten. In unserer vier­tei­li­gen Serie beleuch­ten wir typi­sche Szenen der Auto­no­mie­phase. Wir erklä­ren die Situa­tion des Kindes und zeigen, wie Sie als Eltern sinn­voll reagie­ren.


Was passiert gerade?

Halb acht am Abend. Für die Eltern ist klar, dass für ihren zwei­ein­halb­jäh­ri­gen Sohn wie jeden Abend die Zeit gekom­men ist, um ins Bett zu gehen. Doch dieser macht keine Anstal­ten, zu vertieft spielt er mit seinen Bauklöt­zen. Erst als die Mutter ihn hoch­hebt, erkennt er, dass die Bett­zeit gekom­men ist. Er wirft den Bauklotz in seiner Hand in hohem Bogen durch die Stube und tobt unauf­halt­sam.

Illustration einer Mutter und eines Vaters mit Gedankenblase. In der Gedankenblase steht: Unsere Energie ist knapp. Wann geht er endlich mal ohne Theater ins Bett?

Die Perspek­tive des Kindes

Für ein rund zwei­jäh­ri­ges Kind ist der Abend kein klarer Über­gang zwischen aktivem Spielen und erhol­sa­mem Schlaf. Viel­mehr fühlt es sich für ein Kind an wie ein plötz­li­cher Bruch. Es ist müde, aber sein Bedürf­nis nach Nähe, Selbst­be­stim­mung und Kontrolle über seine kleine Welt ist noch sehr präsent. In dieser Entwick­lungs­phase begreift sich das Kind zuneh­mend als eigen­stän­dige Person mit eigenem Willen – und dieser Wille prallt nun auf die Grenzen, die das Zubett­ge­hen setzt. Seine heftige Reak­tion ist also kein Trotz aus Bosheit, sondern ein Ausdruck tiefer Gefühle, die es noch nicht anders ausdrü­cken kann.

Weshalb reagiert das Kind so?

  • Bedürf­nis nach Autonomie
    Kinder in der Auto­no­mie­phase wollen vermehrt selbst entschei­den. Wenn Erwach­sene bestim­men, wann und wie sie ins Bett gehen sollen, wehren sie sich oft aus dem Gefühl heraus, keine Kontrolle zu haben.
  • Trennungsschmerz
    Das Zubett­ge­hen bedeu­tet für das Kind ein Abschied­neh­men vom Tag, vom Spiel und vor allem von den Eltern. Dieser Tren­nungs­schmerz äussert sich in lautem Protest.
  • Über­rei­zung am Ende des Tages
    Abends ist das Kind oft reiz­über­flu­tet und erschöpft. Diese Erschöp­fung äussert sich para­do­xer­weise nicht in Ruhe, sondern in emotio­na­len Ausbrü­chen – das Nerven­sys­tem ist über­for­dert.
  • Fokus auf das Hier und Jetzt
    Kinder in diesem Alter leben stark im Moment. Die Vorstel­lung eines Über­gangs – vom Spielen zum Schla­fen­ge­hen – ist für sie schwer nach­zu­voll­zie­hen, da sie noch kein ausge­präg­tes Zeit­ver­ständ­nis haben.

Wie Sie als Eltern reagie­ren könnten

  • Bleiben Sie ruhig und einfühlsam.
    Auch wenn das Verhal­ten des Kindes anstren­gend ist – mit Ruhe und einer klaren, liebe­vol­len Haltung geben Sie Ihrem Kind Sicher­heit. Vermei­den Sie es, unge­dul­dig zu werden.
  • Etablie­ren Sie ein verläss­li­ches Abendritual.
    Ein vorher­seh­ba­rer Ablauf mit immer glei­chen Elemen­ten (z. B. Baden, Vorle­sen, Kuscheln) gibt Struk­tur und hilft Ihrem Kind, sich auf den Schlaf einzu­las­sen. Denn Wieder­ho­lung schafft Vertrauen.
  • Geben Sie kleine Wahlmöglichkeiten.
    Lassen Sie das Kind seinem Alter entspre­chend wählen – zum Beispiel welches Buch vorge­le­sen wird oder welches Pyjama es anzieht. Das stärkt beim Kind das Gefühl von Kontrolle und mindert sein Bedürf­nis nach Wider­stand.