Weltfrauentag

Junge Frauen dieser Schweiz, glaubt an euch

Machen junge Frauen nach ihrem Lehr- oder Studi­en­ab­schluss den ersten Schritt in die Arbeits­welt, haben sie gegen­über gleich­alt­ri­gen männ­li­chen Kolle­gen bereits einen Nach­teil: Sie treten tenden­zi­ell vorsich­ti­ger, weniger selbst­be­wusst auf – weil die gesell­schaft­li­chen Konven­tio­nen sie seit je her lehren, sich zurück­zu­neh­men, nett zu sein, nicht aufzu­fal­len. Hier setzt das «Rudel der Löwin­nen» an. Mento­rin­nen stellen sich mit ihrer Erfah­rung an die Seite junger Frauen, um sie bei einem selbst­be­wuss­ten Berufs­ein­stieg zu unter­stüt­zen.

Malala Yousa­faza hat ihn, Greta Thun­berg auch: Mut. Mut, für ihre Sache einzu­ste­hen. Sie sind Vorbil­der für eine ganze Gene­ra­tion. Weil sie kämpfen und weil sie in sich selbst und in ihr Wirken vertrauen. Leider verlie­ren viele Mädchen dieses Selbst­ver­trauen in der Puber­tät. Dabei ist das Selbst­ver­trauen ein wich­ti­ger Schlüs­sel – nicht nur für den eigenen Erfolg, sondern auch im Kampf für Gleich­be­rech­ti­gung.

1911 fand in diesem Kampf am 8. März zum ersten Mal der inter­na­tio­nale Frau­en­tag statt. Seither konnten wir in der Schweiz vieles in puncto Gleich­be­rech­ti­gung errei­chen. Es gibt gute Gründe zu feiern: Vor genau fünfzig Jahren wurde das Frau­en­stimm­recht einge­führt, vor vierzig Jahren die Gleich­stel­lung der Geschlech­ter in der Bundes­ver­fas­sung veran­kert. Frauen können studie­ren, arbei­ten und sich poli­tisch betei­li­gen. Und doch gibt es noch immer Gebiete, in denen wir noch nicht von einer echten Gleich­be­rech­ti­gung von Mann und Frau spre­chen können. Die kürz­lich erschie­nen Zahlen zur Lohn­si­tua­tion von Frauen und Männern in der Schweiz zeigen eine ernüch­ternde Reali­tät. Noch immer verdie­nen Frauen in der Gesamt­wirt­schaft 19 Prozent weniger als Männer in glei­chen Posi­tio­nen. Was dabei vor allem über­rascht: Die Lohn­dif­fe­renz ist seit 2014 wieder grösser gewor­den. Auch in den Führungs­po­si­tio­nen von grossen Unter­neh­men sind Frauen immer noch deut­lich unter­ver­tre­ten. In der Politik gingen Frauen bei den letzten Wahlen klar als Gewin­ne­rin­nen hervor, doch noch immer beset­zen sie im Natio­nal- und Stän­de­rat weniger als die Hälfte der Sitze. Weshalb ist das so, wenn doch aktu­elle Zahlen zeigen, dass inzwi­schen mehr Frauen als Männer eine Terti­är­aus­bil­dung abschlies­sen? Ein Grund sind die gesell­schaft­li­chen Normen und struk­tu­rel­len Bedin­gun­gen, die eine voll­kom­mene Gleich­stel­lung erschwe­ren.

Dabei gibt es auch eine persön­li­che Ebene, die nicht zu unter­schät­zen ist. Die Best­sel­ler­au­torin­nen Katty Cay und Claire Shipman machen in ihrem Buch «The Confi­dence Code» darauf aufmerk­sam, dass neben der Kompe­tenz und den Fähig­kei­ten vor allem das Selbst­ver­trauen ein Schlüs­sel zum Erfolg ist. Ja, dass Selbst­ver­trauen gar noch wich­ti­ger ist, als die Fähig­keit selbst. Gerade Frauen tun sich schwer, in die eigenen Fähig­kei­ten zu vertrauen und Selbst­ver­trauen zu entwi­ckeln und zu zeigen. Natür­lich trifft dies nicht auf alle zu. Es gibt Mädchen und Frauen, die sich von nieman­dem etwas vorma­chen lassen und Männer, die nicht an sich glauben, aber die Tenden­zen sind eindeu­tig. So hat die Fach­hoch­schule Ostschweiz bei einer Vorstu­die für das Kinder­hilfs­werk «Plan Inter­na­tio­nal» Mädchen im Alter von 8 und 14 Jahren gefragt, was sie an sich selbst schät­zen. Konnten die 8-Jähri­gen noch über­zeugt sagen, dass sie schlau und hilfs­be­reit seien, haben sich die älteren Mädchen schon viel zögern­der geäus­sert. Eine ameri­ka­ni­sche Studie spricht sogar davon, dass Mädchen zu Beginn der Puber­tät 27 Prozent weniger Selbst­ver­trauen haben als gleich­al­te­rige Jungs.

Die Fakto­ren, die einen Einfluss auf diese Unter­schiede haben, sind zahl­reich und divers. Reshma Saujani, die Grün­de­rin der Orga­ni­sa­tion «Girls who Code» stellt etwa fest, dass Jungen viel mehr ermu­ti­gen werden, Risiken auf sich zu nehmen als Mädchen – beim Sport, in der Schule, von den Eltern. Auf der anderen Seite werden Mädchen darin geför­dert, alles perfekt zu machen. In ihrem Buch «Brave, not perfect» schil­dert sie dieses Phäno­men eindrück­lich. Mädchen wagen sich in der Folge weniger an Aufga­ben heran, bei denen sie nicht sicher sind, ob sie sie perfekt lösen können und gehen weniger Risiken ein.

Wie können wir also dazu beitra­gen, dass junge Frauen genau gleich wie junge Männer über­zeugt sind, eines Tages CEO oder Bundes­rä­tin werden zu können? Dass sie für einen fairen Lohn einste­hen und sich nicht klein machen lassen? Sie brau­chen Vorbil­der: Frauen, die ihnen den Mut geben, Risiken einzu­ge­hen, die sie sich viel­leicht nicht zutrauen. Die ihnen vorle­ben, dass frau ruhig einmal etwas wagen kann, auch wenn frau nicht perfekt darin ist. Und die ihnen zeigen, wie wichtig es ist, an sich selbst und die eigenen Fähig­kei­ten zu glauben und das auch zu zeigen. Genau dies ist das Ziel des Projekts «Rudel der Löwin­nen». Junge Frauen werden durch eine Mento­rin des Amts für Jugend und Berufs­be­ra­tung beglei­tet, um selbst­be­wusst in den Beruf einzu­stei­gen und an sich zu glauben. Mit dem Projekt werden junge Frauen ermu­tigt, auf sich selbst und ihre Fähig­kei­ten zu vertrauen und sich nicht wegen gesell­schaft­li­cher Vorur­teile aufhal­ten zu lassen. Damit wir in nicht allzu ferner Zukunft am 8. März eine tatsäch­li­che Gleich­be­rech­ti­gung feiern können.

«Rudel der Löwin­nen»: Netz­werk für junge Frauen

Im Rahmen eines Inno­va­ti­ons­pro­gramms beim Amt für Jugend und Berufs­be­ra­tung (AJB) ist das Projekt «Rudel der Löwin­nen» entstan­den mit dem Ziel, das Selbst­be­wusst­sein junger Frauen beim Berufs­ein­stieg zu fördern. Teil des Projekts ist ein Mento­ring-Programm, bei dem Mento­rin­nen aus dem AJB junge Frauen zwischen 18 und 26 Jahren über ein Jahr auf ihrem Weg beglei­ten. An vier Work­shops werden die Mentees zudem weitere Werk­zeuge erhal­ten, um ihr Selbst­be­wusst­sein zu stärken.