kjz-Sprechstunde

«Wir sind besorgt, weil sich unsere Tochter (11) immer mehr in ihr Zimmer zurückzieht»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Mein Mann und ich haben eine elfjäh­rige Tochter. Seit ein, zwei Monaten stellen wir fest, dass sie sich in der Frei­zeit kaum mehr mit Freun­din­nen trifft. Auch mit uns tauscht sie sich kaum aus. Nach der Schule oder dem Essen zieht sie sich umge­hend in ihr Zimmer zurück. Wenn wir mit ihr über dieses Thema spre­chen wollen, weicht sie aus. Wir machen uns Sorgen und fragen uns, was wir tun sollen.
Frau S.

Liebe Frau S.

Unsi­cher­heit, Ängste, depres­sive Verstim­mung, Konflikte mit Gleich­alt­ri­gen sowie die Puber­tät können Auslö­ser für verän­der­tes Verhal­ten sein. Die Puber­tät beginnt bei Mädchen oft im 10./11. Alters­jahr. Die neuro­na­len Systeme verän­dern sich und es kommt zu einem Umbruch im körper­li­chen, seeli­schen, geis­ti­gen und sozia­len Bereich.

Der Wachs­tums­schub kann Angst und Scham­ge­fühle auslö­sen und zu einer vorüber-gehen­den Verun­si­che­rung führen. Emotio­nale und körper­li­che Verän­de­run­gen werden häufig von Stim­mungs­schwan­kun­gen beglei­tet und es kann zu impul­si­ven Gefühls-ausbrü­chen sowie zum Rückzug kommen. Iden­ti­täts­fi­gu­ren werden gesucht und neue Peer­grup­pen gebil­det. Probleme werden mit sich selber oder mit Freun­din­nen ausge­macht.

Puber­tie­rende ziehen sich immer mehr in ihr Zimmer zurück und die Türe bleibt geschlos­sen. Wenn Eltern eintre­ten oder Fragen stellen, reagie­ren sie genervt. Sie bezie­hen Eltern immer weniger mit ein. Für den Prozess der Selbst­fin­dung und Ablö­sung sind dies wich­tige Schritte.

Wenn das Reden aktuell nicht möglich ist, versu­chen Sie es mit einem Brief. Schrei­ben Sie Ihrer Tochter wie Sie sich fühlen und dass es Ihnen wichtig ist, zu erfah­ren, wie es ihr geht, sie besser zu verste­hen, ihre Bedürf­nisse und Wünsche kennen­zu­ler­nen und mit ihr gemein­sam über Lösun­gen nach­zu­den­ken. Bücher und Comics zum Thema Puber­tät können Sie und Ihre Tochter in dieser Phase unter­stüt­zen. Hat Ihre Tochter einen guten Bezug zu jeman­dem im sozia­len Umfeld? Viel­leicht zu einer Tante, einem Onkel oder einer Freun­din der Familie? Einer Vertrau­ens­per­son aus der Verwandt­schaft oder aus dem nahen Freun­des­kreis gelingt es manch­mal bei einer gemein­sa­men Akti­vi­tät eher einen Zugang zu finden.

Haben Sie Geduld. Neben Vertrauen und Verständ­nis braucht Ihre puber­tie­rende Tochter Liebe, Gebor­gen­heit und Rück­halt. Haben Sie jedoch das Gefühl, dass es sich bei Ihrer Tochter mehr um psychi­sche Symptome handelt, die zuneh­men und inten­si­ver werden, braucht es die Unter­stüt­zung einer psycho­lo­gisch-psych­ia­tri­schen Fach­stelle. Gerne dürfen Sie sich beim kjz-Team in Ihrer Nähe beraten und unter­stüt­zen lassen. Auch helfen wir Ihnen, eine passende Fach­stelle zu finden.

Simone Gruen-Müller (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».