kjz-Sprechstunde

«Wie sollen wir auf die Wutanfälle von Julian (5) reagieren?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Wir lieben unseren fünf­jäh­ri­gen Sohn sehr, doch stellen uns seine Wutan­fälle regel­mäs­sig auf die Probe. Wir gehen davon aus, dass die Trotz­phase in seinem Alter eigent­lich vorbei sein sollte. Er kann jedoch bis heute über­haupt nicht damit umgehen, wenn er etwas nicht bekommt, was er habe möchte. Was können wir gegen seine Gefühls­explo­sio­nen tun?
Familie L.

Liebe Familie L.

Trotz- und Wutan­fälle gehören zur Auto­no­mie­ent­wick­lung. Kinder haben wie wir einen eigenen Willen und eigene Wünsche. Das elter­li­che Nein kann im Kind heftige Gefühle auslö­sen, die durch Schreien, Schimp­fen, Schla­gen, Toben, Wüten oder Beissen zum Ausdruck kommen. Wut ist wie Ärger, Trauer, Eifer­sucht, Ekel oder Freude eine Basis­emo­tion, von der das Kind über­schwemmt wird. Den Gefühls­aus­bruch einfühl­sam zu beglei­ten, kann für Eltern eine emotio­nale Kraft­an­stren­gung sein.

Wünsche sind erlaubt, auch wenn sie nicht erfüllt werden können. Das Nicht­er­fül­len jedoch löst, wie auch von Ihnen beschrie­ben, heftige Gefühle aus. Es gilt, den Ärger, den Protest, die Wut als berech­tigt wahr­zu­neh­men. Mit fünf Jahren verfügt Ihr Sohn noch nicht über Vernunft und Einsicht in Lebens­zu­sam­men­hänge. Er kann auch seine Gefühle noch nicht ange­mes­sen regu­lie­ren, steuern und kontrol­lie­ren. Sie können Ihren Sohn in seiner Wut nur beglei­ten, indem Sie seine Gefühle aushal­ten, ihn nicht alleine lassen und darauf achten, dass er sich und anderen nicht wehtut. Bleiben Sie ruhig – atmen Sie tief durch, zählen Sie von 10 rück­wärts – und machen Sie Frieden, wenn die «Explo­sion» vorbei ist. Reden Sie in einem ruhigen Moment darüber und denken Sie gemein­sam nach. Suchen Sie nach Möglich­kei­ten, wie er seine Wut anders ausle­ben kann – zum Beispiel indem er in ein Wutkis­sen schlägt, auf einer Matratze tritt und stampft, Kissen an die Wand wirft, schreit und brüllt. Machen Sie mit Ihrem Sohn ab, welche Alter­na­ti­ven er auspro­bie­ren soll und schen­ken Sie ihm Beach­tung, wenn sie ihm gelin­gen.

Kinder­bü­cher und Geschich­ten über Gefühle können beim Benen­nen der Gefühle helfen und Anre­gung im Umgang mit Frus­tra­tion geben. Werfen Sie auch einen Blick auf die Empfeh­lun­gen im kjz-Ratge­ber «Trotzen und selbst­stän­dig werden». Und nicht zuletzt unter­stützt und beglei­tet Sie auch das kjz in Ihrer Region.

Die Wut anneh­men und aushal­ten stärkt die Bezie­hung und schafft Vertrauen. In dem Sinne wünsche ich Ihnen viel Kraft und Zuver­sicht.

Simone Gruen-Müller (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team


Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».