kjz-Sprechstunde

«Mein Enkel (5) ist zu seiner Schwester (3) äusserst aggressiv. Was sollen wir tun?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Mein Enkel (5) ist im Umgang mit seiner 3-jähri­gen Schwes­ter sehr unbe­re­chen­bar. Man darf die beiden nicht unbe­auf­sich­tigt lassen, da er immer sehr grob zu ihr ist und sich nicht mehr spürt. Heute nach dem Kinder­gar­ten zum Beispiel hat er sie an den Haaren hoch­ge­zo­gen. Die Eltern haben schon vieles versucht: in Ruhe mit ihm spre­chen, schimp­fen, … aber nichts hilft.
Der Enkel wächst ohne Fern­se­her, Handy und Compu­ter auf. Auch in der Familie wird er nicht mit Gewalt konfron­tiert. Er bekommt viel Liebe. Er geht jetzt die dritte Woche in den Kinder­gar­ten. Andere Kinder hat er bis jetzt in Ruhe gelas­sen. Doch seine Schwes­ter würde er wort­wört­lich umbrin­gen. Es ist für alle sehr belas­tend. Was raten Sie uns? Für eine Antwort bedankt sich die besorgte Oma.

Liebe Oma

Oje! Die Geschwis­ter­dy­na­mik zwischen Ihrem Enkel und seiner jünge­ren Schwes­ter hört sich sehr belas­tend an.

Gewisse Verhal­tens­wei­sen, die Sie schil­dern, können in einem bestimm­ten Rahmen durch­aus zu einer norma­len Geschwis­ter­be­zie­hung/-riva­li­tät gehören. Da Sie jedoch den Eindruck haben, Ihr Enkel möchte seiner Schwes­ter wirk­lich weh tun, ja sie «buch­stäb­lich umbrin­gen», lohnt sich eine genauere Betrach­tung.

Aggres­si­ven Über­grif­fen unter Geschwis­tern beizu­woh­nen, ist sehr schwie­rig und oft sehr belas­tend – insbe­son­dere, wenn sie für die Erwach­se­nen aus dem Nichts auftau­chen. Sie sind in der Aufgabe, den Schutz der Schwes­ter sicher­zu­stel­len und ihr solche Erleb­nisse zu erspa­ren. Sie fragen sich aber wie, da die Aggres­sio­nen so uner­war­tet und ohne erkenn­ba­res Vorspiel auftre­ten und schon vieles erfolg­los probiert wurde.

Sie schrei­ben, Ihr Enkel wächst in einem liebe­vol­len und kinder­ge­rech­ten Umfeld auf. Sie können also nichts erken­nen, was dieses aggres­sive Verhal­ten verur­sa­chen könnte. Damit wird das Verhal­ten in der Tat unbe­re­chen­bar. Umso schwie­ri­ger ist es, damit umzu­ge­hen.

Ihr Enkel hat gerade im Kinder­gar­ten gestar­tet. Das ist für die Kinder oft eine grosse Verän­de­rung und Anpas­sungs­leis­tung. Es ist nicht unge­wöhn­lich, dass sie ange­spannt oder frus­triert nach Hause kommen. Ihr Beispiel lässt mich vermu­ten, dass der Enkel einen grossen Frust und viel­leicht auch eine unter­drückte Aggres­sion aus dem Kinder­gar­ten nach Hause getra­gen hat, die er dann impuls­ar­tig und will­kür­lich an der kleinen Schwes­ter ausge­lebt hat. Viel­leicht eine einge­spielte Dynamik. Es wäre zu schauen, welche anderen Möglich­kei­ten Ihr Enkel entde­cken kann, um seine Aggres­sio­nen und seinen Frust auszu­drü­cken.

Aus der Ferne und ohne zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen lässt sich jedoch nicht beant­wor­ten, was bei Ihrem Enkel genau vor sich geht. Ist seine Entwick­lung ansons­ten unauf­fäl­lig?

Für eine hilf­rei­che Einschät­zung und gege­be­nen­falls weitere Abklä­run­gen wäre eine Bera­tung bei uns sinn­voll. Gerne empfan­gen wir Sie – bzw. die Eltern Ihres Enkels – im kjz in ihrer Nähe. Bei weite­ren Auffäl­lig­kei­ten in der Entwick­lung könnte auch die Kinder­ärz­tin eine Anlauf­stelle sein.

Annina Schmid (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».