kjz-Sprechstunde

«Meine Tochter (bald 3) verhält sich zu ihrem Bruder (1) sehr aggressiv»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz

Meine Tochter (bald 3) ist zu ihrem kleinen Bruder (1) immer öfter sehr grob und aggres­siv.

Ich versu­che immer wieder, dass die beiden die Dinge alleine regeln. Oft beginnt die Tochter aber zu schub­sen und hauen, so dass der Kleine schon mehr­mals umfiel und mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Ich nehme sie dann aus der Situa­tion heraus und sage ihr, dass das nicht geht, dass ihr Verhal­ten weh tut und sie zu mir kommen kann, wenn sie nicht weiter weiss und ich ihr helfen soll.

Heute im Bälle­bad war es beson­ders schlimm: Da hat sie seinen Kopf immer wieder gegen den Schrank geknallt, der dane­ben­stand. Das war kurz vor dem Mittags­schlaf. Die Konse­quenz daraus war, dass sie sofort und vor ihrem Bruder ins Bett ging. Norma­ler­weise ist die Reihen­folge umge­kehrt. Sie hat auch sehr geweint. Ich habe dann im Anschluss den Kleinen ins Bett gebracht und bin nochmal zu ihr, habe mit ihr geredet und ihr gesagt, dass ich ihr Verhal­ten gegen­über dem Bruder nicht hinneh­men kann. Langsam weiss ich aber nicht mehr weiter.

Frau W.

Liebe Frau W.

Situa­tio­nen, wie die von Ihnen beschrie­bene, jagen Eltern oft einen gehö­ri­gen Schreck ein. Es ist anspruchs­voll, in solchen Situa­tio­nen ruhig zu bleiben; es hilft jedoch enorm, wenn es gelingt.

Ihr Sohn, der sich seinem Alter entspre­chend nicht wehren kann, braucht in solchen Situa­tio­nen Ihren Schutz. Greifen Sie sofort ein und nehmen Sie die Kinder ausein­an­der. Trösten Sie Ihren Sohn, wenn er weint, und versu­chen Sie gleich­zei­tig mit Ihrer Tochter in Kontakt zu bleiben. Schimp­fen und Strafen hilft in solchen Situa­tio­nen wenig; es führt sogar eher dazu, dass das ältere Kind sich nicht verstan­den fühlt und (noch mehr) nega­tive Gefühle gegen­über dem Geschwis­ter­kind aufbaut. Zeigen Sie Ihrer Tochter, was sie bei Frust und Streit tun kann. Hierfür kann es auch hilf­reich sein, mit Ihrer Tochter Kinder­bü­cher zum Thema Eifer­sucht, Wut, Streit etc. anzu­schauen.

Ihre Kinder sind beide noch sehr klein, auch ihre ältere Tochter, die im Vergleich schon recht gross erschei­nen mag. Sie sind in Konflik­ten noch stark auf Ihre Unter­stüt­zung ange­wie­sen. Durch elter­li­che Inter­ven­tio­nen lernen die Kinder mit der Zeit ange­mes­sene Stra­te­gien und können diese selber anwen­den. Helfen Sie Ihrer Tochter zum Beispiel, Worte für ihre Gefühle zu finden.

Nachdem Sie für Sicher­heit gesorgt und Ihren Sohn getrös­tet haben, wenden Sie sich Ihrer Tochter zu und versu­chen Sie, den Grund für ihren Frust heraus­zu­fin­den. Das Verhal­ten Ihrer zwei­jäh­ri­gen Tochter ist nichts Ausser­ge­wöhn­li­ches. Kinder in diesem Alter verfü­gen oft noch nicht über die notwen­di­gen Stra­te­gien, ihre nega­ti­ven Gefühle und ihren Frust ange­mes­sen auszu­drü­cken. So schreien, schub­sen, schla­gen oder beissen sie, wenn sie sich nicht anders zu helfen wissen. Zeigen Sie Verständ­nis für die Gefühle Ihrer Tochter, auch für die nega­ti­ven. Wenn Ihre Tochter erlebt, dass sie sich bei Ihnen auch für die schwie­ri­gen Gefühle wie Eifer­sucht Hilfe holen kann und Verständ­nis erfährt, wird sie mit der Zeit andere Ausdrucks­for­men finden und ihr Verhal­ten ändern. Der fort­schrei­tende Sprach­er­werb unter­stützt diese Entwick­lung eben­falls.

Bis Ihre Tochter soweit ist, ist es empfeh­lens­wert, beson­ders achtsam zu sein. Lassen Sie Ihre Tochter derzeit nicht alleine oder unbe­auf­sich­tigt mit ihrem Bruder.

Zusätz­lich können Sie auch versu­chen, solchen Momen­ten voraus zu sein: Behal­ten Sie Ihre Tochter gut im Auge und reagie­ren Sie früh­zei­tig, wenn sich ihre Stim­mung verän­dert, sie müde oder gereizt wird.

Annina Schmid (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».