Lehrstellensuche

Auf dem Weg in die Berufswelt

Nach den Sommer­fe­rien beginnt für viele 14- und 15-Jährige die heisse Phase der Lehr­stel­len­su­che. Corina Bacso weiss, was junge Frauen und Männer in dieser wich­ti­gen Lebens­phase bewegt. Als Berufs-, Studien- und Lauf­bahn­be­ra­te­rin im biz Urdorf beglei­tet sie Jugend­li­che, die sich fragen, was sie mit ihrer Zukunft anstel­len sollen.

Frau Bacso, was raten Sie Jugend­li­chen, wenn sie nicht wissen, was sie nach der Schule machen wollen?
Corina Bacso: Gemein­sam mit den Jugend­li­chen versu­che ich in meinen Bera­tungs­ge­sprä­chen heraus­zu­fin­den, welche Berufe sie inter­es­sie­ren und zu ihnen passen könnten. Dazu invol­viere ich immer auch die Eltern, denn sie sind wich­tige, wenn nicht die wich­tigs­ten, Berufs­wahl­hel­fer. Auch rate ich, bei Freun­den und Verwand­ten nach­zu­fra­gen, die bereits im Berufs­le­ben stehen. Das eröff­net häufig neue Perspek­ti­ven. Als beson­ders wichtig erachte ich jedoch das Schnup­pern. Eine Schnup­per­lehre ist so etwas wie der ulti­ma­tive Reali­täts­check. Lehr­stel­len­su­chende erhal­ten dadurch einen realen Einblick in den Beruf und können erste prak­ti­sche Erfah­run­gen sammeln. So merkt man rasch, ob Vorstel­lung und Reali­tät über­ein­stim­men.

Wie können junge Menschen fest­stel­len, ob sie für einen Job bzw. eine Lehr­stelle geeig­net sind?
Die Berufs­wahl ist ein Prozess, in dem sich die Jugend­li­chen inten­siv mit sich selber ausein­an­der­set­zen müssen. Was kann ich gut, was berei­tet mir Freude? Was erwarte ich von meinem zukünf­ti­gen Beruf? Anhand der gewon­ne­nen Erkennt­nisse kris­tal­li­sie­ren sich mögli­che Berufe heraus. In der Schnup­per­lehre sieht man dann, wie gut der ausge­wählte Beruf wirk­lich passt, respek­tive ob die jewei­li­gen Fähig­kei­ten und Inter­es­sen den Anfor­de­run­gen der Lehr­stelle entspre­chen.

Die Arbeits­welt befin­det sich im Wandel. Die voran­schrei­tende Digi­ta­li­sie­rung ist nur eines der Stich­worte. Welche Berufe haben Zukunft?
Die Arbeits­welt verän­dert sich stetig. Das ist eine Tatsa­che. Zuletzt wurde sie durch die Pande­mie regel­recht umge­krem­pelt. Corona hat quasi den Turbo bei der Digi­ta­li­sie­rung gezün­det. Viele Bran­chen und Unter­neh­men reagie­ren darauf. So tritt beispiels­weise im Detail­han­del noch in diesem Jahr eine Reform in Kraft, die der Digi­ta­li­sie­rung Rech­nung trägt: Neu kann im dritten Lehr­jahr der Schwer­punkt «Betreuen von Online-Shops» gewählt werden. Die Frage ist demnach weniger, welche Berufe eine Zukunft haben, sondern viel­mehr, wie Berufe sich verän­dern müssen, um zukunfts­fä­hig zu bleiben oder zu werden.

Tech­ni­sche und hand­werk­li­che Berufe stehen ganz oben auf der Liste der am schwers­ten zu beset­zen­den Stellen. Was können Ausbil­dungs­be­triebe tun, um dem entge­gen­zu­wir­ken?
Eine Möglich­keit ist es, Berufe mit Perso­nal­eng­päs­sen mit beson­ders attrak­ti­ven Rahmen­be­din­gun­gen auszu­ge­stal­ten. So bieten einige Ausbil­dungs­be­triebe lukra­tive Zusatz­leis­tun­gen an, bezah­len den Lernen­den das ÖV-Abo oder bieten Vergüns­ti­gun­gen für die Mittags­ver­pfle­gung an. Dennoch bleibt die Beset­zung von Stellen im MINT-Bereich (Mathe­ma­tik, Infor­ma­tik, Natur­wis­sen­schaft, Tech­no­lo­gie) eine Heraus­for­de­rung. Hier nach­hal­tige Lösun­gen zu finden, wird betrof­fene Bran­chen und Arbeit­ge­ber in den kommen­den Jahren noch stark beschäf­ti­gen. 

Wird das Poten­zial der Frauen zu wenig ausge­schöpft? Gerade in hand­werk­lich-tech­ni­schen Berufen sind sie deut­lich unter­ver­tre­ten.
Das stimmt. Frauen sind in hand­werk­lich-tech­ni­schen Berufen stark unter­ver­tre­ten. Das gleiche gilt übri­gens für Männer im Sozial- und Gesund­heits­we­sen. Als Berufs­be­ra­te­rin spreche ich solche Geschlech­ter­ste­reo­ty­pen bei der Berufs­wahl an. Es ist wichtig, möglichst früh dafür zu sensi­bi­li­sie­ren. Gerade im Jugend­al­ter ist die soziale Zuge­hö­rig­keit zu den Gleich­alt­ri­gen sehr wichtig. Wenn also alle meine Freun­din­nen Fach­frau Betreu­ung lernen möchten, tue ich mich allen­falls schwer damit, mich als einzige auf eine Infor­ma­tik­lehr­stelle zu bewer­ben – obwohl es mich viel­leicht sehr inter­es­sie­ren würde. Mit Meitli-Technik-Tagen oder auch Mento­ring-Program­men wie den Swiss TecLa­dies versucht man, das vorhan­dene MINT-Inter­esse von Mädchen und jungen Frauen gezielt zu fördern und sie zu ermu­ti­gen, einen entspre­chen­den Karrie­re­weg einzu­schla­gen.

Haben Sie einen abschlies­sen­den Tipp für alle Jugend­li­chen, die in diesen Tagen in den Start­lö­chern für die Berufs­wahl und Lehr­stel­len­su­che stehen?
Die Berufs­fin­dung ist ein Prozess. Je inten­si­ver sich die Jugend­li­chen mit sich selber ausein­an­der­set­zen und die eigenen Stärken und Inter­es­sen kennen, desto eher finden sie den Beruf, der zu ihnen passt. Den Jugend­li­chen, die zu mir in die Bera­tung kommen, rate ich deshalb, sich unbe­dingt auf dem Berufs­wahl-Portal des Kantons Zürich durch die Berufs­be­schrei­bun­gen und Berufs­filme zu klicken. Und dann enorm wichtig: So oft Schnup­pern, wie nur möglich! Nur so findet man heraus, ob ein Beruf den eigenen Vorstel­lun­gen entspricht. Sobald man sich für einen Beruf entschie­den hat, ist es ganz wichtig, beim Vorstel­lungs­ge­spräch die persön­li­che Moti­va­tion für den Beruf zu zeigen. Stol­per­steine und Absagen gehören zum Prozess der Berufs­fin­dung. Sich davon nicht entmu­ti­gen zu lassen und dran zu bleiben ist manch­mal einfa­cher gesagt, als getan, aber zentral. Wer Hilfe benö­tigt ist herz­lich will­kom­men im biz. Ich und meine Kolle­gin­nen und Kolle­gen unter­stüt­zen die Jugend­li­chen gerne auf ihrem Weg in die Berufs­welt.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Kunden­ma­ga­zin Blue von EKZ sowie im dazu­ge­hö­ri­gen Online-Magazin.

Corina Bacso ist Psychologin und im biz Urdorf als Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin tätig.

Corina Bacso

Corina Bacso ist Psychologin und hat als Seminarleiterin sowie als Personal- und Organisationsentwicklerin gearbeitet. Nun ist sie im biz Urdorf als Berufs-, Studien- und Laufbahnberaterin tätig und berät Jugendliche und Erwachsene rund um die Berufswahl und Laufbahnplanung.