kjz-Sprechstunde

«Unsere Tochter (11) kauft und isst heimlich Süssigkeiten, Chips und Süssgetränke. Was tun?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unsere Tochter (11) kauft mit ihrem Sack­geld Süssig­kei­ten, Chips und Süss­ge­tränke. Sie versteckt diese dann in ihrem Zimmer und isst sie dort heim­lich. Auch holt sie gele­gent­lich uner­laub­ter­weise ein Süss­ge­tränk aus dem Keller. Uns Eltern stört primär, dass sie dies alles heim­lich macht und Resten und Abfall liegen­blei­ben. Auch stört uns, dass sie ausschliess­lich Unge­sun­des heim­lich konsu­miert. Wir haben schon diverse Male mit ihr darüber gespro­chen. Dann verspricht sie jeweils, dass sie es nicht mehr machen wird. Dann entde­cken wir doch immer wieder neue Süssig­kei­ten und Abfall in ihrem Zimmer. Also das Lügen ist auch ein Punkt, der uns sehr belas­tet. Jedes Kind hat in der Küche eine Süssig­kei­ten­box, zu der es immer Zugang hat. Aber auch das nützt anschei­nend nichts. Wir sind mit unserem Latein langsam am Ende.

Liebe Familie

Im ersten Moment musste ich ein wenig schmun­zeln. Tatsäch­lich war ich als Kind um kein Haar besser. Ich klaute sogar einmal meiner Gross­mutter einen statt­li­chen Geld­be­trag, um beim Kiosk meinen Süss­be­darf zu decken – es reichte für Monate. Darauf­hin sorgten meine Eltern dafür, dass die Porte­mon­naies gut gesi­chert waren und die ausser­or­dent­li­chen Geld­quel­len so versieg­ten. Mein Sack­geld zwang mich fortan zu süsser Beschei­den­heit.

Ihre Situa­tion erin­nert mich auch an meine eigenen Kinder – vor allem das Kapitel mit der Sauerei. Da fragen wir Eltern uns bis heute, ob es tatsäch­lich unser Job war, die Resten und den Abfall in den Kinder­zim­mern zu entsor­gen.

Bei Ihrer Frage gilt es zwei Aspekte zu beach­ten: zum einen das Sack­geld, zum anderen die Erreich­bar­keit inner­häus­li­cher Süssig­kei­ten (Süssig­kei­ten­box, Süss­ge­tränke im Keller).

Das Sack­geld würde ich auf keinen Fall kürzen. Aber Sie könnten mit Ihrer Tochter verein­ba­ren, einen Teil­be­trag zu sparen – zumal sie ja verspricht, sich zu bessern. Quasi: «Wir wollen dir gerne dabei helfen, keine (oder weniger) Süssig­kei­ten zu kaufen. Wir nehmen einen Teil deines Sack­gelds und legen es zur Seite. Dann kannst du dir irgend­wann etwas ganz Tolles kaufen.» So redu­zie­ren Sie den schäd­li­chen Konsum ein wenig – verhin­dern können Sie ihn ohnehin nicht. Übri­gens: Vermut­lich weiss Ihre Tochter, dass ihr Tun nicht auf Gegen­liebe stösst. Wieso sonst sollte sie es verheim­li­chen?

Bei der Süssig­kei­ten­box kann ich mir sehr gut vorstel­len, diese abzu­schaf­fen. Ihre Tochter hat ja ohnehin genug Süssig­kei­ten. Hier stellt sich bloss die Frage, ob das in eine Kollek­tiv­strafe mündet. Denn gerech­ter­weise (oder unge­rech­ter­weise) müssten für alle Kinder die glei­chen Regeln gelten. Ausser­dem bestünde die Gefahr, dass Ihre Tochter dann bei den andern stibitzt.

Der Zugang zum Keller könnten Sie zumin­dest zeit­weise mit einem Schloss kontrol­lie­ren.

Mir ist bewusst, das sind alles Mass­nah­men, die uns grund­sätz­lich zuwi­der­lau­fen. Aber wir möchten und müssen auch unsere Kinder (und ihre Zähne) so gut wie möglich vor unnö­ti­gen Konse­quen­zen schüt­zen. Diese Grat­wan­de­rung ist anspruchs­voll und jeder Entscheid grund­sätz­lich wacklig. Denn es ist, wie’s ist: Süssig­kei­ten schme­cken –auch ich bin noch nicht davon losge­kom­men. Falls Sie Ihre Fragen – insbe­son­dere die zum Lügen – vertie­fen möchten, legen wir Ihnen einen Besuch im kjz in Ihrer Nähe ans Herz.

Claude Ramme (Erzie­hungs­be­ra­ter) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».