kjz-Sprechstunde

«Meine Tochter (14) macht, was sie will. Ich weiss nicht mehr weiter»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Der Vater meiner Tochter und ich leben seit zehn Jahren getrennt. Meine Tochter ist jedes zweite Wochen­ende bei ihm. Sie besucht die 8. Klasse am Gymna­sium. Ihre Noten sind in diesem Schul­jahr sehr schlecht. Nach­hilfe oder meine Unter­stüt­zung beim Lernen lehnt sie ab. Im Moment zählen für sie nur ihre Freunde und das Handy.
Seit einem halben Jahr habe ich einen neuen Partner. Anfangs war alles gut. Als sie jedoch respekt­los mit mir gespro­chen hat, ist er aus der Haut gefah­ren. Das wirft sie ihm nun vor – und mir, dass ich nicht hinter ihr stehe. Sie sieht ihre Fehler nicht ein; von ihrer Seite kommen nur Vorwürfe. Mein Partner wird sie ab jetzt igno­rie­ren, weil man an sie nicht mehr heran­kommt. Neuer­dings möchte sie zwei Wochen im Monat bei ihrem Vater leben. Er ist narziss­tisch veran­lagt und mani­pu­liert sie. Sie spielt uns so gekonnt gegen­ein­an­der aus, sucht sich die Rosinen heraus und geht zu ihrem Vater, wenn ihr etwas bei mir nicht passt.
Verliere ich mein Kind?

Liebe Mutter

Schule, Freunde, Handy, Respekt, Nähe und Distanz: Während Ihre Tochter mitten in der Puber­tät steckt, ihre Unab­hän­gig­keit testet und Auto­ri­tä­ten hinter­fragt, tauchen bei Ihnen als Mutter viele Fragen auf. Kein Wunder: Das Verhal­ten Ihrer Tochter ist zwar nicht unge­wöhn­lich – aber auf jeden Fall heraus­for­dernd.

In der Puber­tät gewin­nen Freunde und digi­tale Kommu­ni­ka­tion immer mehr an Bedeu­tung. Sie können sogar wich­ti­ger erschei­nen als die Familie. Einen Platz unter Gleich­alt­ri­gen zu finden – und schliess­lich auch in der Gesell­schaft – ist die Grund­lage dafür, als erwach­se­ner Mensch unab­hän­gig zu werden und für die eigene Exis­tenz zu sorgen. Für viele Eltern ist dieser Ablö­sungs­pro­zess aber äusserst schmerz­haft und führt zu Unsi­cher­hei­ten.

Mögli­cher­weise löst Ihr neuer Partner bei Ihrer Tochter eben­falls Unsi­cher­hei­ten aus. Viel­leicht fürch­tet Ihre Tochter, an Bedeu­tung zu verlie­ren – so, wie Sie sich selbst auch fragen, warum Ihr Kind plötz­lich die Nähe zum Vater sucht. Der Konflikt mit Ihrem Partner könnte die Unsi­cher­heit bei Ihrer Tochter verstärkt haben. Verein­ba­ren Sie mit ihm, dass im Konflikt­fall Sie als Mutter eingrei­fen und er sich künftig zurück­zu­hal­ten versucht.

Und dann ist da noch der Vater. Trotz seiner schwie­ri­gen Art hat Ihre Tochter das Recht, Zeit mit ihm zu verbrin­gen, ohne Ihre Zunei­gung zu riskie­ren. Zeigen Sie ihr, dass Sie sich für sie inter­es­sie­ren: «Welche Unter­stüt­zung wünschst du dir von mir?» oder «Was belas­tet dich gerade?» So können Sie ihre Beweg­gründe besser verste­hen.

Viel­leicht könnten Sie versu­chen, mit Ihrer Tochter eine flexi­ble Besuchs­re­ge­lung zu bespre­chen? Statt pauschal «zwei Wochen beim Vater» zu erlau­ben oder abzu­leh­nen, könnte ein indi­vi­du­el­ler Plan helfen (z. B. zusätz­li­che Tage, aber mit klaren Verein­ba­run­gen).

Klare Ansagen bieten auch Orien­tie­rung, wenn es um Schul­no­ten oder den Umgangs­ton geht. Gleich­zei­tig ist es wichtig, Ihrer Tochter immer mehr Mitbe­stim­mung zuzu­ge­ste­hen: «Ich vertraue dir, aber ich erwarte, dass du Verant­wor­tung für deine Noten über­nimmst und einen respekt­vol­len Umgang pflegst – egal bei welchem Eltern­teil du bist.»

Sie berich­ten von einer Fülle von Themen. Es braucht als Mutter viel Kraft und – wenn immer möglich – eine Prise Gelas­sen­heit, um diese anzu­ge­hen. Falls Sie dabei Hilfe brau­chen, melden Sie sich am besten im kjz in Ihrer Nähe. Wir unter­stüt­zen Sie gerne.

Ursina Ehren­sper­ger (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».