kjz-Sprechstunde

«Wie können wir der Familie unserer Enkel in schwierigen Situationen helfen?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Wir freuten uns darauf, die Familie unserer Enkel zu besu­chen. Im Vorfeld hörten wir, dass der ältere Enkel den ganzen Morgen aufge­dreht gewesen sei. Dann kam der Besuch und es schien, dass ihm der Besuch guttat. Während des Spazier­gangs zeigte sich aber, dass er Dinge auspro­bierte, von denen er wusste, dass er sie nicht hätte tun dürfen – zum Beispiel auf die Strasse laufen.
Zum Hinter­grund: Der ältere Enkel ist vor vier Monaten Bruder gewor­den. Seither ist das Wech­seln der Windeln zum Problem gewor­den. Alle Versu­che der Eltern, ihn zu beru­hi­gen und auf ihn einzu­ge­hen, blieben erfolg­los. Alle waren völlig fertig, aufge­wühlt und verzwei­felt. Die Eltern haben sich abge­löst im Versuch, ihm einen Weg aufzu­zei­gen … vergeb­lich.
In so einer Lage ist es meines Erach­tens schwie­rig, als Oma etwas ändern bzw. helfen zu können. Für die Eltern ist es schwie­rig, diese Situa­tion vor anderen Menschen auszu­hal­ten. Es fällt uns schwer, die Verzweif­lung des Kindes und letzt­lich der Eltern auszu­hal­ten.
Wie können wir als Gross­el­tern in dieser Situa­tion dem Kleinen und seinen Eltern helfend zur Seite stehen?

Liebe Oma

Für Fami­lien ist es eine grosse Berei­che­rung, empa­thi­sche und fein­füh­lige Gross­el­tern in der Umge­bung zu haben. Ihre Befürch­tung, dass es für die Eltern schwie­rig sein muss, diese Situa­tio­nen vor anderen Menschen auszu­tra­gen, zeigt, dass Ihnen die Eltern wichtig sind und Sie sie in ihrer Rolle wert­schät­zen.

Die Geburt eines neuen Fami­li­en­mit­glie­des führt dazu, dass alle Zeit brau­chen, ihr Gleich­ge­wicht wieder zu finden. Die älteren Geschwis­ter müssen ihre Eltern teilen, was je nach Alter schwie­rig sein kann, da sie die Perspek­tive des Babys und der Eltern nicht einneh­men können und grund­sätz­lich von ihren eigenen Bedürf­nis­sen ausge­hen. Auch gehört das Austes­ten der Reak­tio­nen bei Kindern im Alter von 1½ bis 4 Jahren zur Tages­ord­nung, was für die Eltern sehr anstren­gend sein kann.

Klein­kin­der sind von der Geburt eines Geschwis­ter­chens – auch wenn man als Eltern alles richtig macht – häufig über­for­dert. Sie werden von Gefüh­len über­schwemmt, sind jedoch noch nicht fähig, diese in Worte auszu­drü­cken und haben auch noch keine Stra­te­gien gefun­den, mit diesen umzu­ge­hen.

Selbst freu­dige Situa­tio­nen wie der Besuch der Gross­el­tern können über­for­dern, sodass das Kind mit seinem Verhal­ten zeigt, dass es an der Grenze seiner Anpas­sungs­fä­hig­keit und seiner Bereit­schaft zur Koope­ra­tion ange­kom­men ist – zum Beispiel indem es das Wickeln verwei­gert oder sich aufge­dreht verhält.

Um das Kind zu unter­stüt­zen, versu­chen Sie jede Situa­tion früh anzu­kün­di­gen. Schwie­rige Situa­tio­nen können Sie beglei­ten, indem Sie die Gefühle des Kindes ausspre­chen und so Orien­tie­rung geben – zum Beispiel «Du bist grad ganz aufge­regt».

Wichtig erscheint mir, dass Sie mit den Eltern ins Gespräch kommen und nach­fra­gen, was konkret für sie unter­stüt­zend wäre. Viel­leicht hilft es, wenn Sie sich als Gross­el­tern um das Baby kümmern, damit die Eltern alleine Zeit mit dem älteren Kind verbrin­gen können, was für Ihren Enkel schön und für die Eltern entlas­tend sein kann.

Dass Sie Ihre Gedan­ken mittei­len und Ihr Mitge­fühl ausdrü­cken, kann bereits viel bewir­ken, indem es die Eltern davon entlas­tet, in diesen schwie­ri­gen Situa­tio­nen eine schnelle Lösung des Problems griff­be­reit haben zu müssen, die es oftmals schlicht­weg nicht gibt.

Ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit mit Ihren Enkeln.

Nadine Lampar­ter (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».