kjz-Sprechstunde

«Unser Sohn (2½) tobt und schlägt seinen jüngeren Bruder. Ist das normal?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unser Sohn (2½) weint und tobt, wenn man ihm etwas sagt. Zudem schlägt er seinen Bruder (8 Mt.). Wir wenden uns beiden gleich zu. Einmal in der Woche unter­nehme ich mit dem älteren etwas allein. Wie geht man bei diesem Verhal­ten am besten vor? Ist es normal, jeden Tag zu weinen und einen Tobsuchts­an­fall zu haben?
Besten Dank für eine Rück­mel­dung.

Liebe Familie

Vielen Dank für die Schil­de­rung Ihrer Fami­li­en­si­tua­tion

Ja, das beschrie­bene Verhal­ten Ihres Sohnes ist weder selten noch ausser­ge­wöhn­lich. Es gehört in diese Entwick­lungs­phase.

Die Auto­no­mie­phase – umgangs­sprach­lich auch Trotz­phase genannt – ist geprägt von stür­mi­schen Gefüh­len, die das Kind durch Weinen oder Tobsuchts­an­fälle ausdrückt. Sie beginnt mit etwa 18 Monaten und dauert bis unge­fähr 4½ Jahre. Sie kann sowohl für die Kinder wie auch für die Eltern anspruchs­voll sein.

Ausge­löst werden die Gefühls­aus­brü­che oft durch Situa­tio­nen, in denen die Kinder an Grenzen stossen. Sei es, weil sie etwas noch nicht können, was sie gerne können möchten, oder weil die Eltern ihnen diese Grenze – oft aus gutem Grund – setzen. Auch Über­gangs­si­tua­tio­nen wie das Zubett­ge­hen oder das Unter­bre­chen des Spie­lens kann Kinder in diesem Alter Mühe machen. Sie leben im Moment; Zeit­be­griffe wie «morgen» oder «letzte Woche» verste­hen Kinder in diesem Alter noch nicht.

Es ist schön, dass Sie sich Zeit nehmen, einmal in der Woche ganz allein etwas mit Ihrem Erst­ge­bo­re­nen zu unter­neh­men. Er wird das in vollen Zügen genies­sen.

Trotz­dem bleibt die Geburt eines Geschwis­ters in diesem Alter bei aller Sorg­falt der Eltern anspruchs­voll. Das Hauen ist Ausdruck dieser Hilf­lo­sig­keit und Über­for­de­rung. Machen können Sie:

  • Reagie­ren Sie auf das Hauen kurz und klar, damit Ihr Sohn sich orien­tie­ren kann (z. B. Stopp sagen und seine Hand sanft halten). Bringen Sie ihn aber nicht ins Zimmer und schimp­fen Sie nicht mit ihm; Bestra­fun­gen nützen nichts. Im Gegen­teil: Oftmals werden die hefti­gen Gefühle dadurch eher verstärkt. Kinder können sich im Alter Ihres Sohns noch nicht in die Lage anderer hinein­ver­set­zen und schaf­fen den Perspek­ti­ven­wech­sel frühes­tens mit 3½ Jahren.
  • Versu­chen Sie ruhig zu bleiben. Hektik und Aufre­gung gene­rie­ren Aufmerk­sam­keit, was die Kinder span­nend finden und das Verhal­ten verstär­ken kann.
  • Zeigen Sie Ihrem Sohn, dass Sie Verständ­nis für seine Wut haben, indem Sie mit ihm darüber reden. Spre­chen Sie dabei die Worte für ihn aus. Ihr Sohn merkt so, dass er sich Trost bei Ihnen holen kann und die Wut Platz haben darf, auch wenn Sie sein Verhal­ten nicht akzep­tie­ren.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Ausdauer in dieser heraus­for­dern­den Entwick­lungs­phase.

Nadine Lampar­ter (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».