kjz-Sprechstunde

«Mein Sohn (4) wirft Spielsachen, meine Tochter explodiert vor Wut (8) – wie soll ich reagieren?»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Fach­team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz
Unsere Tochter (8) explo­diert oft vor Wut, obwohl ihr 4-jähri­ger Bruder sie kaum bzw. spie­le­risch berührt. Sie kann ihn fürch­ter­lich anschreien und ihm drohen. Wenn er wegläuft, verfolgt sie ihn. Er hat dann Angst. Anders­rum wirft er Spiel­sa­chen nach seiner Schwes­ter. Sie schreit dann wie verrückt, weil sie Angst hat, getrof­fen zu werden.
Wie verhalte ich mich am besten, wenn sie so strei­ten? Ich will weder den Sohn noch die Tochter beschul­di­gen – vor allem nicht, wenn ich nicht weiss, wer den Streit begon­nen hat.

Liebe Mutter / Lieber Vater

Vielen Dank für die Beschrei­bung Ihrer Fami­li­en­si­tua­tion. Das klingt nach einer heraus­for­dern­den Zeit für alle Betei­lig­ten.

Ich freue mich, dass Sie sich fragen, was in den Momen­ten, in denen Ihre Kinder heftig mitein­an­der strei­ten, den Kindern und letzt­lich auch Ihnen am besten hilft. Der Wunsch, keinen beschul­di­gen zu wollen und damit eine unpar­tei­ische und vermit­telnde Posi­tion einzu­neh­men, ist richtig und wichtig. Statt­des­sen können Sie im Falle eines Streits eine Über­set­zer­rolle über­neh­men.

Das kann zum Beispiel so ausse­hen: Ihre Kinder strei­ten sich und Sie kommen dazu. Sollten die Gemüter zu erhitzt sein, um mitein­an­der zu spre­chen, kann es sinn­voll sein, die Kinder erst einmal zu trennen, so dass sie einen Moment zur Ruhe kommen können. Versu­chen Sie dann im Gespräch heraus­zu­fin­den, wer welches Bedürf­nis hatte, indem Sie Ihre Tochter und Ihren Sohn nach dem Grund der Wut fragen. Wenn Ihnen das eine Kind geant­wor­tet hat, wieder­ho­len Sie die Aussage: «Ich habe verstan­den, dass dich … wütend gemacht hat. Ist das richtig?» So erhält Ihr Kind die Möglich­keit, die Aussage zu korri­gie­ren oder ja zu sagen. Ihr Kind fühlt sich verstan­den und wahr­ge­nom­men, während gleich­zei­tig eine Ja-Stim­mung entsteht. Das andere Geschwis­ter­kind ist bei dem Gespräch dabei und hört zu. Ihm wird nun nach demsel­ben Vorge­hen die gleiche Frage gestellt. So können Sie den tiefer­lie­gen­den Gründen des Streits auf die Spur kommen, ohne partei­isch zu sein. Wenn Sie an dem Punkt ange­langt sind, an dem die Gründe klarer sind, suchen Sie gemein­sam nach Lösun­gen für die Zukunft. Dabei haben Sie wieder die Rolle der Fragen­den: «Was könnte dir helfen, wenn so eine Situa­tion wieder auftaucht?»

Auf diese Art und Weise lernen Ihre Kinder,

  • dass Gefühle und Bedürf­nisse ernst genom­men werden.
  • die Situa­tion aus dem Blick­win­kel des jeweils anderen zu betrach­ten.
  • gemein­sam nach anderen Lösun­gen zu suchen.
  • Konflikte anders zu lösen.

Es ist mir bewusst, dass diese Form der Konflikt­be­glei­tung Zeit braucht. Nicht immer steht diese zur Verfü­gung und doch könnte ich mir vorstel­len, dass sie Ihnen einen neuen Umgang mit Ihren Kindern in diesen emoti­ons­ge­la­de­nen Momen­ten im Alltag ermög­licht.

Für weitere Ideen oder um die Thema­tik noch mehr zu vertie­fen, können Sie sich gerne an das kjz in Ihrer Nähe wenden.

Ich wünsche Ihnen viel Gelas­sen­heit und Krea­ti­vi­tät beim Auspro­bie­ren.

Wibke Enderli (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».