kjz-Sprechstunde

«Ich bin seit Kurzem Mutter und leide stark unter Isolation und Einsamkeit»

Mütter und Väter wissen am besten, was gut ist für ihr Kind. Doch ab und zu sind sie auch bei gröss­ter Eltern­liebe froh um ein biss­chen Unter­stüt­zung. Bei allen Fragen rund um Familie und Erzie­hung weiss das Exper­ten-Team unserer kjz-Sprech­stunde Rat. Kompe­tent, anonym und unkom­pli­ziert. Was immer Sie bewegt – wir sind für Sie da!


Liebes kjz-Team
Ich bin vor Kurzem Mutter gewor­den und leide stark unter Einsam­keit und Isola­tion. Ich liebe mein Kind und habe einen unter­stüt­zen­den Partner. Zuerst dachte ich deshalb, es liege an der Pande­mie. Doch auch jetzt, wo sich die Lage immer mehr beru­higt, geht es mit meiner Stim­mung nicht bergauf. Ist es normal, dass ich mich so fühle?
Frau A. aus Winter­thur

Liebe Frau A.

Sie sind nicht allein: Viele junge Mütter leiden unter Einsam­keit. Plötz­lich finden sie sich zu zweit mit dem Baby zu Hause wieder, unter­bre­chen ihre beruf­li­che Tätig­keit und können oft nicht mehr wie bisher am sozia­len Leben teil­neh­men. Es ist deshalb verständ­lich, dass Sie sich manch­mal isoliert fühlen. Die beson­de­ren Umstände der Pande­mie können solche Gefühle der Einsam­keit noch verstärkt haben.

Das Beson­dere unserer gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft ist aber auch, dass in den Jahren der Pande­mie nicht mehr «nur» junge Mütter einen Gross­teil des Tages daheim verbracht haben. Vielen Menschen erging es so. Soziale Nähe wurde zu Zeiten von «Social Distancing» neu inter­pre­tiert. Mitt­ler­weile haben die meisten von uns Erfah­run­gen mit virtu­el­len Treffen, etwa über «Zoom» oder «Teams». Nutzen Sie deshalb die Chance, nicht mehr für jedes Wieder­se­hen weite Wege gehen zu müssen, und verab­re­den Sie sich für eine Online-Plau­de­rei mit Ihren Freun­den, während Ihr Baby schläft oder Sie es ins Trage­tuch packen. Nehmen Sie das Gross­mami über Ihr Smart­phone mit auf einen Spazier­gang oder lassen Sie den Götti von seinem Büro aus dabei zusehen, wie das Baby zum ersten Mal nach Dingen greift.

Weiter kann es erleich­ternd sein, sich mit Gleich­ge­sinn­ten auszu­tau­schen und zu erken­nen, dass andere Mütter und Väter mit ähnli­chen Gefüh­len kämpfen. Möglich­kei­ten, andere Eltern kennen­zu­ler­nen, bieten beispiels­weise soziale Netz­werke, die Mütter- und Väter­be­ra­tungs­stel­len Ihrer Region oder die kanto­na­len Ange­bote für Fami­lien mit kleinen Kindern in Ihrem Bezirk.

Und last but not least: Teilen Sie Ihre Gefühle mit dem Vater Ihres Babys! Viel­leicht hat er die Möglich­keit, auch zukünf­tig den einen oder anderen Tag im Home­of­fice zu arbei­ten? Dies könnte Ihnen kleine Zeit­in­seln verschaf­fen, die Sie für soziale Akti­vi­tä­ten nutzen, während Ihr Baby zu Hause unter Papas Aufsicht ein Nicker­chen macht.

Sollten Sie trotz­dem zuneh­mend leiden und sich oft nieder­ge­schla­gen fühlen, zögern Sie nicht, sich profes­sio­nelle Hilfe zu holen. Es könnte sich um eine postpar­tale Depres­sion handeln. 15 % der Frauen in der Schweiz stürzen nach der Geburt ihres Kindes in eine tiefe seeli­sche Krise. Die postpar­tale Depres­sion ist eine Krank­heit und behan­del­bar. Vertrauen Sie sich Ihrer Mütter- und Väter­be­ra­te­rin, Ihrer Gynä­ko­lo­gin oder Ihrem Gynä­ko­lo­gen an! Als kompe­tente Anlauf­stelle ist auch der Verein Postpar­tale Depres­sion Schweiz zu empfeh­len. Via E-Mail oder Telefon können Sie mit den Bera­ten­den Kontakt aufneh­men und so rasch die rich­tige Hilfe finden.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie auf dem gemein­sa­men Weg alles Gute!

Stepha­nie Kosta (Mütter- und Väter­be­ra­te­rin), Ursina Ehren­sper­ger (Erzie­hungs­be­ra­te­rin) und das kjz-Team

Haben Sie eine Frage?

Haben Sie eine Frage zur Erzie­hung, zum Zusam­men­le­ben in der aktu­el­len Situa­tion oder ganz allge­mein zum Fami­li­en­le­ben? Das kjz-Team beant­wor­tet regel­mäs­sig Fragen in der «kjz-Sprech­stunde».