Fragen zur Erziehung und Entwicklung Ihrer Kinder und zum Familienalltag? Die Fachleute unserer Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) beraten Sie gern.
Zum kjz-BeratungsangebotAngst im Dunkeln, vor dem Einbrecher, dem Wolf oder dem Monster unter dem Bett – fast alle Kinder kennen solche Ängste. Wie können sich Eltern gemeinsam mit ihrem Kind gegen Monster und Co. wappnen? Als Grundhaltung hilft: Ernst nehmen, Sicherheit vermitteln, Kinder begleiten und Zeit geben.
Mato (4) hat Angst vor dem bösen Wolf
Mato kann nicht einschlafen. Zu furchteinflössend lauert der böse Wolf in der dunklen Zimmerecke. Was tun?
Die Angst vor dem bösen Wolf gehöre zu den typischen Kinderängsten, sagt Elternbildnerin Yvonne Gahler Mehta. Solche Ängste würden zur natürlichen Entwicklung von Kindern dazugehören. Bevor die Elternbildnerin aufzeigt, wie Eltern Kinder wie Mato bei ihren Alltagsängsten begleiten können, vorerst ein paar Hintergrundinformationen zur Angst.
Angst als schützendes Warnsignal
Angst ist eines unserer Grundgefühle. Sie ist ein Warnsignal und treibt Kinder dazu an, Gefahren aus dem Weg zu gehen und bei vertrauten Menschen Schutz zu suchen. Angst im gesunden Rahmen schützt also.
Angst als Welle aushalten lernen
Gedanken leisten einen grossen Beitrag dazu, wie es mit dem Gefühl von Angst weitergeht. Die Frage ist: Was mache ich mit der Angst in meinem Kopf? Lassen sich Kinder in einen negativen Gedankenstrudel ziehen (Oh Gott, gleich wird‘s richtig schlimm!), kann die Angst masslos anwachsen. Ordnen sie ihre Gefühle hingegen positiv ein, gewinnen sie viel eher die Kontrolle darüber. Dabei ist Angst wie eine Welle. Sie breitet sich im ganzen Körper aus. Als Gedanke hilft: Schaffe ich es, die Angst einen Moment lang auszuhalten, werde ich merken, dass jede Welle wieder abebbt.
Entwicklungsbedingte Ängste
Bei Kindern zeigen sich je nach Alter und Entwicklungsstufe typische Ängste:
- Säuglinge fürchten sich vor lauten Geräuschen oder wenn sie alleine gelassen werden.
- Ab 6 bis 8 Monaten löst es bei Babys Angst aus, wenn sie von ihren Bezugspersonen getrennt werden.
- Kinder im Vorschulalter fürchten sich typischerweise vor der Dunkelheit, vor Tieren, Einbrechern und Monstern unter dem Bett.
- Ab dem Grundschulalter beschäftigen die Themen Krankheit und Tod die Kinder vermehrt. Hinzu kommen der Vergleich mit anderen und die Angst, nicht dazuzugehören oder nicht zu genügen.
Ernst nehmen, Sicherheit vermitteln, Zeit geben
Als Grundhaltung bei allen Kinderängsten gilt: Ernst nehmen. Sicherheit vermitteln. Rüstzeug mitgeben. Das Kind dabei begleiten, der Angst zu begegnen. Zeit geben.
Das kann helfen
- Erklären Sie, dass wir Angst haben dürfen.
- Benennen Sie die Angst und reden Sie darüber.
- Teilen Sie die Anforderungen in kleine Schritte ein.
- Besprechen Sie Wenn-dann-Pläne und üben Sie diese Szenarien mit dem Kind.
- Suchen Sie gemeinsam nach kreativen Lösungen.
- Seien Sie als sichere Basis spürbar. Geben Sie dem Kind Zeit.
- Finden Sie einen Weg, Humor in die Situation zu bringen. Gemeinsam zu lachen hilft.
Das ist weniger hilfreich
- Aussagen wie: Du musst keine Angst haben, du schaffst das, dein kleiner Bruder hat auch keine Angst.
- vermeiden der angstmachenden Situation
- ins kalte Wasser werfen oder in die Situation drängen
So fühlen sich Kinder mit ihrer Angst nicht ernstgenommen. Es verunsichert sie eher noch mehr oder hindert sie daran, sich der Angst zu stellen.
Wann werden Ängste zum Problem?
Ein gesundes Mass an Ängsten schützt und hilft. Nehmen diese aber überhand, kann ein Kind sich nicht mehr gesund entwickeln. Belasten die Ängste das Kind oder das ganze Familiensystem stark, sollten Sie professionelle Hilfe aufsuchen. Beispielsweise bei der Kinderärztin oder einem Psychologen. Denn: Ängste lassen sich gut behandeln. Auch im kjz in Ihrer Nähe finden Sie Hilfe.
Zurück zu Mato
Was Mato helfen könnte: Sie als Eltern wissen, dass da kein böser Wolf sitzt und dass Dunkelheit zwar auch für uns Erwachsene unangenehm sein kann, uns aber nichts tut. Mato muss das erst lernen. Das braucht Zeit.
- Zeigen Sie Verständnis. In der Nacht kommen solche Gedanken.
- Lassen Sie Mato erzählen. Wo sitzt der Wolf genau, wie sieht er aus? Was passiert mit Mato, wenn er Angst hat? Warum fühlt sich Mato in der Nacht allgemein weniger wohl als am Tag?
- Nehmen Sie Mato ernst. Aber helfen Sie ihm dabei, Sicherheit und Kontrolle zu gewinnen. Leuchten Sie beispielsweise gemeinsam das Zimmer im Dunkeln mit einer Taschenlampe aus, um unheimliche Schatten zu besprechen und zuzuordnen.
- Reden Sie mit Mato über Dunkelheit, Wölfe und Ängste. So kann er allmählich lernen: Ich habe zwar Angst, aber da sitzt kein Wolf. Wir sind in unserer Wohnung auch im Dunkeln sicher. Bis Mato soweit ist, braucht er aber Strategien.
- Schmieden Sie Wenn-dann-Pläne. Zum Beispiel: Sitzt der Wolf da, atme ich tief ein und aus und schaue, ob er immer noch da ist. – Fürchte ich mich im Dunkeln, zünde ich meine Taschenlampe an. – Halte ich es nicht mehr aus, hole ich Mama oder Papa.
- Bei kleineren Kindern helfen kreative Ideen zur Beruhigung. Beziehen Sie Ihr Kind bei der Ideensuche mit ein. Zum Beispiel: ein Plüschtier, das in der Nacht Wache hält, ein Mutstein im Pyjamahosensack, ein Raubtierabwehrduft (Raumduft) oder Wolfspray (Wasserspray), eine Wolfsklingel, ein spezielles Wolfslicht oder ein Zauberspruch, um Wölfe mit sofortiger Wirkung zu vertreiben.
- Lachen hilft gegen Angst. Vielleicht hilft Mato ein lustiger Name, den er dem Wolf gibt und der ihn zum Lachen bringt, wenn er ihn dem Unhold nachts laut zuflüstert?
- Beruhigung vor dem Einschlafen kann helfen. Auch Sorgenpuppen oder ein Sorgenfresser (selbstgemacht oder handelsüblich) können Ängsten vor dem Schlafengehen vorbeugen.
Wichtig ist: Für jedes Kind sind individuelle Lösungen gefragt. Dabei muss auch beachtet werden, was für die Familie als Ganzes machbar ist. Für die einen stimmt vielleicht eine Zusatzmatratze für Notfälle im Elternzimmer, für die anderen ist es in Ordnung, wenn Mato in der Not eine Weile im Elternbett schläft. Bedenken Sie aber, dass in diesem Fall auch die Rückführung ins eigene Bett in kleinen Schritten angegangen werden muss. Ausserdem: Je älter das Kind, desto mehr kann mit dem Kopf und «Notfallgedanken» gearbeitet werden.
Buchempfehlung
Viele der Informationen und Tipps im Beitrag stützen sich auf das Buch Huch, die Angst ist da! von Ulrike Légé und Fabian Grolimund. Ein empfehlenswertes Sach- und Mitmachbuch für Kinder von rund 6 bis 11 Jahren